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Robert Schneider: Fasziniert von der Architektur des Erbguts

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Robert Schneider vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg ist einer der wenigen Deutschen, die sich beim Europäischen Forschungsrat für einen Starting Grant durchsetzen konnten. Quelle: Schneider

06.07.2008  - 

Von Anfang an war Robert Schneider von der vielseitigen Organisation des Erbguts begeistert und zählt zu den  Wissenschaftlern, die sich mit epigenetischen Fragen beschäftigen: Wie hat ein zwei Meter langer DNA-Faden eigentlich Platz im winzigen Zellkern? Welchen Einfluss haben die vielen Arten der Verpackung auf die Genaktivität, die Herstellung von Eiweißen, die Funktionstüchtigkeit und das Entwicklungsschicksal der Zelle? Zwar schreiten die Erkenntnisse in der Epigenetik rasch voran, doch noch immer gibt es eine Menge zu klären, findet Schneider. Viel Arbeit also für sein Labor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg. Dass dort auf hohem internationalem Niveau geforscht wird, hat der 39-Jährige erst jüngst wieder bewiesen. Der Wissenschaftler ist einer der wenigen Deutschen, die sich beim Europäischen Forschungsrat gegen tausende Mitbewerber für einen Starting Grant durchsetzen konnten.

Lange Zeit war sich Robert Schneider nicht sicher, ob er lieber Biologie oder Medizin studieren soll. Nach seinem Zivildienst im Krankenhaus,erschien ihm die Forschung dann aber doch attraktiver als die direkte Arbeit am Krankenbett. Und auch sein Lieblingsthema hat der junge Wissenschaftler schnell gefunden: Schon als Student an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München ist Schneider von der Architektur des Erbguts fasziniert. Sein erstes Untersuchungsobjekt ist zwar von überschaubarer Größe, hat es aber dennoch in sich. „Ich wollte herausfinden, wie es so ein kleines und sich schnell teilendes Bakterium wie Escherichia coli schafft, seine DNA so dynamisch zu organisieren“, erinnert sich Schneider und hat zugleich den Inhalt seiner Doktorarbeit umrissen, die er Ende der 90er Jahre an der LMU schreibt.

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Wie passt ein langer DNA-Faden in eine winziger Zelle?

Seitdem ist der Deutsche mittendrin im Forschungsfeld der Epigenetik. Wissenschaftler wie er versuchen zu verstehen, warum sich die Menschen trotz immer gleicher DNA-Sequenz verändern. Warum aus dem gleichen genetischen Material mal eine Nervenzelle und mal eine Leberzelle entsteht, und wie es eigentlich funktioniert, dass ein zwei Meter langer DNA-Faden in einen winzigen Zellkern passt, zugleich aber so zugänglich ist, dass die darauf gespeicherten genetischen Informationen abgelesen werden können. Epigenetische Faktoren umfassen dabei sowohl räumliche Gefüge, wie zum Beispiel die Anordnung der DNA rund um Histonproteine (Chromatin), als auch biochemische Markierungen dieser Proteine. Schneider beschäftigt sich mit den Histonen – Eiweißen, die Bestandteil des Chromatins sind und um die sich das Erbgut geradezu wickelt. Ende der 90er Jahre bringen ihn erste Veröffentlichungen zum Thema auf den Geschmack. „Von den genauen Vorgängen der Histonmodifikationen war damals noch nichts bekannt“, erinnert sich Schneider.

Das Long-Term Fellowship des HFSP, eines der attraktivesten Stipendien für Auslandsaufenthalte, wie Schneider findet, ebnet dem ehrgeizigen Biologen den Weg nach Cambridge. Im Labor von Tony Kouzarides am Gurdon Institut der Cambridge University verbringt Schneider seinen Postdoc. „Es ist eines der besten Institute der Welt und es war eine wirklich gute Entscheidung, dort hinzugehen“, schwärmt der Forscher noch heute. Die dynamische, interaktive Atmosphäre sei geradezu optimiert für Wissenschaftler, jeder gebe sich Mühe, die Forscher zu unterstützen. Dennoch entscheidet sich Schneider nach vier Jahren für eine Rückkehr nach Deutschland – das Angebot vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg klang einfach verlockend. Im Vergleich zu Großbritannien ist jedoch vieles anders. Doch der Biologe versucht Dinge, die ihm fehlen, einfach selbst zur organisieren. „In Cambridge gab es unheimlich viele Netzwerke, man hat sich ständig ausgetauscht. Das versuche ich hier auch aufzubauen“, sagt Schneider. So hat er etwa gemeinsam mit Forschungsgruppen in Basel und Straßburg den Chromatin-Club zum regelmäßigen Austausch mit Kollegen gegründet. Seit zwei Jahren ist er zudem beim europäischen Epigenetik-Netzwerk Epigenome dabei, dass alle europäischen Arbeitsgruppen zu dem Thema unter einem Dach vereint. 

Schneider beschäftigt sich unter anderem mit Eiweißen (Histone), um die sich der lange DNA-Faden geradezu wickelt.  Lightbox-Link
Schneider beschäftigt sich unter anderem mit Eiweißen (Histone), um die sich der lange DNA-Faden geradezu wickelt. Quelle: Schneider

Schneider versteht sich als Grundlagenforscher

Die Vernetzung ist auch dringend notwendig, denn die Fortschritte in der Molekularbiologie haben Schneiders Forschungsfeld zu immer mehr Schwung verholfen: „Das Feld explodiert geradezu, vor allem weil viele epigenetische Mechanismen von hoher Relevanz für Krankheiten wie Krebs sind.“ Eine Reihe von Forschern beschäftigt sich deshalb mit Therapiestrategien, die sich beispielsweise gegen Enzyme richten, die für Veränderungen im Muster der chemischen DNA-Verpackung sorgen. Schneider sieht sich selbst jedoch zuallererst als Grundlagenforscher: „Ich will die dahinterliegenden, essentiellen Vorgänge verstehen.“

Noch nämlich lässt der tatsächliche Erkenntisgewinn der vielen Veröffentlichungen zu wünschen übrig, wie er findet. Warum die Histone als Teil der DNA-Verpackung auf so unterschiedliche Weise verändert werden, ist auch nach Jahren der Forschung immer noch nicht recht verstanden. „Im Moment sehen wir oftmals nur einen statistischen Zusammenhang: eine Modifikation ist da und ein Gen ist aktiv. Diese Korrelation sagt uns aber nicht, was die Modifikation tatsächlich macht, wie sie das Ablesen der DNA oder die Architektur der Verpackung verändert“, erklärt der Molekularbiologe. Mit seinen Arbeiten versucht Schneider, diese Wissenslücke zu schließen, gleichzeitig immer neuen Modifikationsmustern auf die Spur zu kommen und deren Aufgabe im Gesamtgefüge aufzudecken. Sei es als Regulator des Ablesens der genetischen Information, dem ersten Schritt bei der Herstellung der lebenswichtigen Eiweiße. Sei es als DNA-Reparaturmechanismus oder als eine Möglichkeit, den Zellzyklus zu beeinflussen. „Unser Blick schweift in alle Richtungen“, sagt er.

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Sobald sich ein therapeutischer Anknüpfungspunkt ergibt, versucht Schneider Kooperationen mit anwendungsorientierten Gruppen einzugehen. „Noch ist uns aber der große Durchbruch  nicht gelungen“, warnt er vor zu großer Euphorie. Wie schon in Cambridge, ist auch jetzt das HFSP an seiner Seite. Vor drei Jahren erhielt Schneider den Career Development Award, der ihm zusätzliches Geld für sein Labor beschert. Und gerade hat der 39-Jährige wieder bewiesen, dass er im internationalen Vergleich zu den besten gehört. Als einer von wenigen deutschen Nachwuchswissenschaftlern hat sich Schneider in der ersten Bewerbungsrunde beim Europäischen Forschungsrat durchsetzen können. Für die nächsten fünf Jahre muss er nun nicht mehr mit Geldsorgen rechnen. Sein Starting Grant verschafft ihm bis zu 260.000 Euro im Jahr, die er an einer europäischen Forschungseinrichtung seiner Wahl ausgeben kann. Vorerst bleibt Schneider in Freiburg: „Im Moment habe ich hier soviel aufgebaut, dass ich noch nicht gehen will.“

 

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