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Biotechnologie in Indien

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Indienflagge

Mit einem Jahresumsatz von vier Milliarden US-Dollar ist der Biotech-Sektor neben der IT-Branche ein wichtiges Zugpferd der aufstrebenden indischen Wirtschaft. Indiens Biotechnologiebranche gilt als einer der vielversprechendsten Märkte weltweit. Mit der günstigen Herstellung biopharmazeutischer Arzneimittel für Asien und Entwicklungsländer - unter Umgehung des Patentschutzes - haben indische Unternehmen in den vergangenen Jahren viel Geld verdient. Inzwischen ist Indien mengenmäßig der viertgrößte Medikamentenhersteller der Welt. Gleichzeitig hat sich Indien als kostengünstiger Anbieter für die Erprobung und Durchführung neuer Medikamente und klinischer Studien für internationale Konzerne etabliert. Im Rahmen des neuen Fünfjahresplans investieren die Inder aber auch selbst in eigene Entwicklungen und den Biosimiliar-Markt.  

Fassung November 2013

Unternehmenslandschaft

Die größte Demokratie der Welt und aufstrebende Wirtschaftsmacht setzt auch in der Biotechnologie zu neuen Superlativen an. Aufgrund eines forcierten Reformkurses und einer günstigen Demographie wird Indien nach der Prognose zahlreicher Ökonomen in den kommenden Jahren die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt sein und dabei voraussichtlich sogar China übertrumpfen. Indien verfügt über gut ausgebildetes englischsprachiges Personal im ingenieurtechnischen und kaufmännischen Bereich und über international äußerst wettbewerbsfähige Dienstleistungsunternehmen, eine schnell wachsende und kaufkräftige Mittelschicht und nicht zuletzt einen hohen Investitionsbedarf. Zu den wachstumsstärksten Sparten in Indien wird unter anderem auch die Biotechnologie gezählt. Der jährliche Umsatz der mit mehr als 400 Unternehmen stetig wachsenden, aber noch verhältnismäßig überschaubaren Biotech-Branche in Indien betrug im Jahr 2012 etwa 3,29 Mrd. Euro (235,24 Mrd. indische Rupien (Rs) bzw 23524 Rs Crore, 1 Euro ca. 71 Rs), was einem Wachstum von 15,1 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Zum Vergleich: In Deutschland erwirtschafteten die 565 dezidierten Biotechnologie-Unternehmen in 2012 etwa 2,90 Mrd. Euro (10,9 % Wachstum gegenüber dem Vorjahr). Gerade die hohe Wachstumsdynamik macht Indien in den Augen von Experten zu einem wichtigen Zukunftsmarkt. 2015 könnten dort bereits 7,74 Mrd. Euro Umsatz im Biotechnologiesektor gemacht werden, schätzt die Industriorganisation ABLE. Bis 2025 sei sogar ein Wachstum auf 77 Mrd. Euro möglich. 

Umsatzentwicklung der indischen Biotechnologie nach Sektoren (in Mio. Euro)
Sektor2012-2013Veränderung
zum Vorjahr
2011-2012
BioPharma2.089,217,7%1.775,1
BioServices606,115,5%524,9
BioAgri449,45,2%

427,0

BioIndustrial108,110,9%97,4
BioInformatics40,69,0%37,2
Insgesamt3293,415,1%2861,7

Quelle: Association of Biotechnology Led Enterprises (ABLE)

Indischer Exportmarkt 

Indien ist nach China der zweitgrößte Life-Sciences-Markt in Asien. Trotz der in den vergangenen Jahren abgeschwächten Wachstumsdynamik - das jährliche Wachstum ging von 21% (2010/11) auf 15% (2012/13) zurück - gilt Indien weiter als vielversprechender Zukunftsmarkt. Mit einem Anteil von 52% stammen über die Hälfte aller Einnahmen der Biotechnologie-Unternehmen aus dem Export. Dabei agieren die Unternehmen weiterhin auch globaler und schließen strategische Allianzen mit ausländischen Partnern der Branche oder investieren im Ausland. Nach Angaben des indischen Fachverbandes Association of Biotechnology Led Enterprises (ABLE) ist der gesamte Export der fünf Biotech-Industrie-Sektoren zwischen 2011 und 2012 um 15,1% auf 1,68 Mrd. Euro gewachsen (12012 Rs Crore). Den stärksten Exportzuwachs gegenüber dem Vorjahr verzeichnete der Bioinformatiksektor (+33%), gefolgt vom Biopharmasektor (+25%) , den bioindustriellen Anwendungen (+20%) sowie dem Dienstleistungssektor (+18%). Die Exportumsätze mit landwirtschaftlichen Produkten ist im vergangenen Jahr gesunken (-18%).

Exportumsatz vs. Inlandsumsatz einzelner Biotechnologiesektoren
Sektor2012-2013
Exportumsatz (%)Inlandsumsatz (%)
BioPharma5248
BioServices8812
BioAgri496
BioIndustrial2674
BioInformatics4951

Quelle: Association of Biotechnology Led Enterprises (ABLE)

Biotech-Cluster in Indien
Die forschungsintensive Biotech-Branche konzentriert sich hauptsächlich im Westen und Süden Indiens. In Indien waren Ende 2011 bereits 26 Biotechnologie-Parks aktiv. über eine Reihe regionaler Biotech Cluster und Science Parks. Vor allem in Andra Pradesh, Karnataka, Tamil Nadu, im Bundesterritorium rund um die Hauptstadt Neu Delhi sowie den Staaten Maharashtra, Gujarat und Rajasthan waren entsprechende Einrichtungen zu finden. Im Rahmen der Biotechnologie-Strategie der indischen Regierung (s.u.) wurden fünf Inkubatorzentren als öffentliche/private Partnerschaften aufgesetzt. Der Bundestaat Karnataka im Südosten des Landes beheimatet eines dieser Zentren (Bangalore Helix, in der Nähe der Stadt Bangalore) und ist einer der herausragenden Biotechnologiestandorte auf dem Subkontinent, hier sind allein mehr als 190 Firmen angesiedelt. Ein weiterer sehr bekannter Cluster im Süden des Landes ist das Genome Valley in Hyderabad. Der Cluster beheimatet etliche globale und indische Biotech Firmen sowie das  Alexandria Centre for Science and Innovation und den IKP Knowledge Park. Die Firmen in diesen Parks sind hauptsächlich kleinere Biotech-Unternehmen sowie Vertragsdienstleister.

Vakzine und Diagnostika bilden wichtigste Einnahmequelle der Branche
Der indische Biotechnologiemarkt wird durch den biopharmazeutischen Bereich dominiert. Dieser Biotechnologiesektor hatte in 2012-13 ein Volumen von mehr als 2,08 Mrd. Euro (14923 Rs Crore), was einem Marktanteil innerhalb des gesamten Biotechnologiebereichs von 63,44% entspricht. Der indische Biopharma Sektor umfasst die Schwerpunkte Vakzine, Insulin, tierische Biologicals, Statine und Diagnostika. War bis vor einigen Jahren noch die Generikaherstellung ein deutlicher Schwerpunkt der Industrie, so wurdenspäter die Vakzinproduktion (12% Wachstum im Jahr 2010-11) und Diagnostik (22% Wachstum im Jahr 2010-11) die größten Zweige der Branche. 2011 waren 20 rekombinante Therapeutika für den indischen Markt zugelassen, von denen bereits 15 durch in Indien produzierende Firmen hergestellt werden konnten.

Biotechnologie-Zentren in Indien
StadtBundesstaat
LucknowUttar Pradesh
HyderabadAndhra Pradesh
KochiKerala
BangaloreKarnataka
ShimlaHimachal Pradesh
ThiruvananthapuramKerala
Neu DelhiUnion Territory
FaridabadHaryana

Quelle: Ministry of Science and Technology, Department of Technology, India, 2010, 2013

Die drei mitarbeiter- und umsatzstärksten Biotech-Unternehmen in Indien sind:

  • Serum Institute of India (Pune), gegründet von Cyrus Poonawalla, ist der fünftgrößte Impfstoffhersteller weltweit. Das Unternehmen stellt besonders günstige Vakzine für Entwicklungsländer her.
  • Biocon (Bangalore), das börsennotierte Unternehmen wird von der Biotechnologin und Gründerin Kiran Mazumadar-Shaw gelenkt und ist auf die Herstellung von Biosimilars und insbesondere Insulin spezialisiert. Auf dem Diabetes-Markt strebt Biocon eine Spitzenposition auf dem Weltmarkt an.
  • Nuziveedu Seeds (Hyderabad), das börsennotierte Unternehmen stellt Saatgut her. Rund die Hälfte der in Indien angebauten gentechnisch veränderten Baumwollpflanzen werden von der Firma produziert. In Maharashtra, Uttar PRadesh gibt es ein Public-Private-Partnership zur Herstellung von weiteren gv-Sorten.

Zunehmend gerät der Biotechnologie-Standort Indien auch in den Fokus multinationaler Konzerne. Shanta Biotechnics, Hyderabad, wurde 2009 vom franzöischen Pharmariesen Sanofi für 571 Mio. Euro übernommen. Wichtigstes Präparat ist ein rekombinanter Hepatitis-B-Impfstoff. Wegen Problemen bei der Fertigung wurde ein anderer Kombi-Impfstoff von der WHO 2010 vorerst nicht zugelassen. Sanofi Pasteur kündigte im Herbst 2011 an, 300 Mio. US-Dollar in den Aufbau eines neuen Impfstoffwerks in Indien zu stecken. Die Schweizer Lonza AG hat 2009 angekündigt, in biomedizinische FuE-Projekte in Hyderabad 150 Mio US-Dollar zu investieren. Eine Forschungs- und Produktionseinheit sollte ursprünglich 2012 fertiggestellt werden. Boehringer Ingelheim gab im Juni 2009 bekannt, man wolle gemeinsam mit dem Auftragshersteller Kenwell in Bangalore für 50 Mio. Dollar ein Werk für Biopharmazeutika errichten.

Doch auch indische Unternehmen investieren im Ausland. Im Herbst 2012 übernahm der Pharmakonzern Dr. Reddys das Biotech-Unternehmen Octoplus in den Niederlanden für 36 Mio. Euro. Die indische Sun Phamraceuticals Inc. kaufte nur wenige Monate später das US-amerikanische, auf Hautkrankheiten spezialisierte Unternehmen DUSA Pharmaceuticals.

Anteil einzelner Biotechsektoren am Gesamt-Biotechumsatz
Sektor2012-2013 (%)2011-2012 (%)
BioPharma63,4462,03
BioServices18,4018,34
BioAgri13,6514,92
BioIndustrial3,283,40
BioInformatics1,231,30

Quelle: Association of Biotechnology Led Enterprises (ABLE)

Indiens Nationale Biotech-Strategie
Der indische Wissenschaftsminister Kapil Sibal stellte im November 2007 nach einem zweijährigen Beratungsprozess ein Papier zur National Biotechnology Development Strategy vor, mit der die indische Regierung die zukünftige Bedeutung der Biotechnologie für das Land unterstreicht. Es legt die strategischen Rahmenbedingungen zum Aufbau einer Biotechnologie-Industrie fest, mit der bis zum Jahr 2012 das geplante Umsatzziel von 7 Mrd. US-Dollar erreicht werden soll. Dafür sollen insgesamt umgerechnet über 1,1 Mrd. Euro ausgegeben werden. Mit dieser Initiative sollen Forschung und Ausbildung gestärkt und die Bildung international wettbewerbsfähiger Forschungscluster in Indien gefördert werden. Um die Kooperation zwischen Forschungseinrichtungen und Privatwirtschaft zur Entwicklung marktfähiger Produkte zu unterstützen, sollen 30% des Budgets für Projektfinanzierungen nach Modellen des Public-Private-Partnerships (PPP) bereitgestellt werden. Daneben werden spezielle Biotechnology Industry Partnership Programme (BIPP) für große Unternehmen gestartet und bereits existierende Innovationsprogramme für kleine und mittlere Unternehmen (SBIRI) ausgeweitet. Zudem wurde mit dem Biotechnology Industry Research Assistance Council (BIRAC) ein Fördergremium eingerichtet, das den Technologietransfer aus dem akademischen Bereich durch Finanz- und Mentoring-Programme beschleunigen soll.

12. Fünfjahresplan mit Milliardenbudget
Der 11. Fünfjahresplan in Indien lief im Jahr 2012 aus. Im aktuellen 12. Fünfjahresplan sind für den Biotech-Sektor Ausgaben von 3,7 Milliarden US-Dollar vorgesehen, mehr als dreimal soviel wie beim Vorgänger. Der neue Fünfjahresplan schreibt die Entwicklung der Branche gemäß der in der Nationalen Biotech-Strategie formulierten Ziele fort. Dabei soll die Geschwindigkeit in der Forschung und Entwicklung erhöht werden, um die Biotechnlogie als strategisch wichtigen Industriesektor zu positionieren. Neben einer Vervielfachung der Zahl der Forscher (Faktor 3 bis 5) strebt Indien auch eine bessere Vernetzung der zahlreichen im Land vorhandenen Institutionen an. In Faridabad, Mohali Kalyani und Hyderabad sollen zudem neue Biocluster entstehen.

 

Hintergrund

Unternehmen: mehr als 400

Schwerpunkt: Diagnostik, Impfstoffe, Insulin, Biosimilars, Grüne Gentechnik

Wirtschaftsverband:

Association of Biotechnology Led Enterprises (ABLE) www.ableindia.org  
Forschungsförderung: Department
of Science and Technology (DST) www.dst.gov.in

Information zur Biotechnologieförderung
:

Department für Biotechnologie (DBT) www.dbtindia.nic.in

India Brand Equity Foundation: www.ibef.org

Downloads

Biospectrum 2013

ABLE, 2013 Download PDF (3,4 MB) PDF online ansehen

IBEF-Report Biotechnology Aug. 2013

India Brand Equity Foundation Download PDF (2,5 MB) PDF online ansehen

Biotech in India

Sonderpublikation in Nature Biotechnology, November 2010 Download PDF (3,1 MB) PDF online ansehen

The National Biotechnology Development Strategy

Department of Biotechnology, Ministry of Science and Technology, Govt of India, 2007 Download PDF (6,3 MB)

OECD-Bericht: Biotechnology: Ethical and Social Debates

OECD, 2011 - darin auch zur Situation in Indien Download PDF (664,7 KB) PDF online ansehen

Dynamics of Biotechnology Research and Industry in India

OECD, 2005 Download PDF (1,8 MB)

Länderberichte Band 2 Indien

Lothar Mennicken, Internationales Büro des BMBF Download PDF (1,8 MB)