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Klontechnik - Wohin geht die Reise heute?

Das Klonen basiert auf dem somatischen Zellkerntransfer: Dabei wird der Zellkern einer Eizelle entfernt und durch den Zellkern einer Körperzelle ersetzt. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Das Klonen basiert auf dem somatischen Zellkerntransfer: Dabei wird der Zellkern einer Eizelle entfernt und durch den Zellkern einer Körperzelle ersetzt.

Vor elf Jahren überraschten schottische Wissenschaftler die Welt mit dem Klonschaf Dolly. Es war das weltweit erste Säugetier, das durch Klonen eines erwachsenen Tieres entstanden war und löste eine heftige ethische Debatte aus. Aufgrund des rasch expandierenden Forschungsgebietes und im Sog von Betrugsskandalen hat sich die öffentliche Diskussion heute verschoben - weg vom Klonen hin zur Stammzellforschung. Mit einer großflächigen Anwendung von Klontechniken zu kommerziellen Zwecken ist auch in naher Zukunft noch nicht zu rechnen. Wie die Autoren einer Studie des Institute for Prospective Technological Studies (IPTS) der Europäischen Kommission 2007 im Fachmagazin Nature Biotechnology (2007, Vol. 25, No. 1) berichteten, rechnen Experten frühestens im Jahr 2010 mit ersten Produkten. Dabei stehen weniger die geklonten Tiere selbst als vielmehr Produkte von ihren Nachkommen im Mittelpunkt des Interesses. Inzwischen wurden auch  erste Gutachten vorgelegt, wie es mit der Sicherheit solcher Produkte bestellt ist. So hat die amerikanische Zulassungsbehörde FDA am 15. Januar Studien vorgestellt, die den der Verzehr tierischer Produkte von Klontieren als gesundheitlich unbedenklich einstufen. Zu einem ähnlichen Schluss ist die europäische Sicherheitsbehörde EFSA gekommen: Sie hat am 11. Januar ein Gutachten zu diesem Thema veröffentlicht, in dem Produkte von gesunden Klontieren und deren Nachkommen als ungefährlich bewertet werden.

Rechtliche Rahmenbedingungen im Überblick

Seit 2004 ist in der Europäischen Union ein überarbeitetes Rechtssystem in Kraft, das in allen 25 EU-Mitgliedsstaaten gilt und das als Grundsätze für die kommerzielle Nutzung der Gentechnik das Einzelfallprinzip, die Sicherheit und die Wahlfreiheit für Konsumenten und Landwirte festlegt. Speziell die Freisetzungs-Richtlinie 2001/18/EG soll die kommerzielle Nutzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) regeln. Allerdings findet dies in erster Linie Anwendung auf gentechnisch veränderte Nutzpflanzen und deren Freisetzung als lebende, vermehrungsfähige Organismen. Diese dürfen in Europa nur dann genehmigt werden, wenn der Antragsteller einen ausgearbeiteten Monitoring-Plan vorlegt, mit dem mögliche Umweltauswirkungen und gesundheitliche Verträglichkeit für Mensch und Tier systematisch beobachtet werden kann. Geprüft wird der Monitoring-Plan von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Lange Zeit gab es nirgendwo spezielle Regeln für gentechnisch veränderte oder geklonte Tiere und von ihnen abgeleitete Produkte gibt weder in Europa noch in den USA, wie die Autoren einer Studie vom Institute for Prospective Technological Studies (IPTS) der Europäischen Kommission 2007 im Fachmagazin Nature Biotechnology (2007, Vol. 25, S. 47-53) feststellten. In den vergangenen Jahren wurden nun allerdings eine Reihe von Sicherheitsstudien durchgeführt, die Produkte geklonter Tiere mit denen vergleichen, die von Tieren aus herkömmlicher Züchtung stammen. Problematisch ist allerdings, dass es keine gesicherte Methode gibt, um überhaupt Produkte von geklonten und nicht-geklonten Tieren zu unterscheiden und nachzuverfolgen. Schließlich handelt es sich bei Klonen anders als bei gentechnisch veränderten Tieren um genetische Zwillinge, die auf Erbgut-Ebene nicht unterschieden werden können. Eine wie auch immer geartete Kennzeichnung ist damit nicht möglich - was wiederum rechtliche Fragen aufwirft. 

Amerikaner auf dem Vormarsch

Anders als in der Europäischen Union ist die Debatte in den USA bereits fortgeschrittener. Da das Klonen von Tieren an sich nicht verboten ist, man aber dennoch den Sicherheitsbedenken nachkommen wollte, verordnete sich die Industrie im Jahr 2001 auf Bitten der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA zunächst selbst ein freiwilliges Moratorium. Seitdem verzichten die Hersteller darauf, geklonte Tiere oder von ihnen abstammende Produkte in die Nahrungskette zu bringen. Gleichzeitig begann damals von Seiten der FDA eine umfangreiche Risikoanalyse und Sicherheitsbewertung zu geklonten Tieren und von ihnen abstammenden Produkten, die in die Nahrungsmittelkette aufgenommen werden könnten. Ende Dezember 2006 hatte die FDA einen Entwurf zur Risikoeinschätzung sowie einen möglichen Risiko Management Plan und weitere damit zusammenhängende Dokumente unter  http://www.fda.gov/cvm/cloning.htm veröffentlicht und bis Ende März 2007 um Kommentare gebeten. In dem mehr als 600 Seiten umfassenden Hauptdokumentkamen die von der FDA beauftragten Experten zu dem Schluss, dass  es keine Sicherheitsbedenken für den Verbraucher gebe und Fleisch sowie Milch von geklonten Rindern, Schweinen und Ziegen ebenso sicher sei wie die Produkte konventionell gezüchteter Tiere (Nature Biotechnology, Vol. 25 2007, S. 39-43) Ausgenommen wurden nur geklonte Schafe, da hier noch zu wenige Untersuchungsergebnisse vorlägen. Da sich die geklonten Tiere nach Ansicht der FDA auch nicht von ihrem Original unterscheiden, wird auch keine besondere Kennzeichnung empfohlen. Viele Fleischverarbeiter, Händler und Verbraucher haben gegenüber der FDA ihre Bedenken geäußert, die vor allem auf ethischen Gründen basieren und sich auf den beim Klonen üblichen relativ hohen Verbrauch lebender Embryonen bezieht. Am 15. Januar hat die FDA nun ihre endgültige Entscheidung mitgeteilt (mehr Informationen): Produkte wie Milch und Fleisch von geklonten Schweinen, Rindern und Ziegen sowie deren Nachkommen sind demnach gesundheitlich unbedenklich und zum menschlichen Verzehr geeignet. Eine spezielle Kennzeichnung dieser Produkte sei deshalb nicht notwendig. Die FDA empfiehlt jedoch der Industrie, Klone selbst nicht zur Herstellung von Nahrungsmitteln für Menschen zu verwenden. Bei den Nachkommen der Klontiere und deren Produkte sieht die Behörde indes keine Bedenken. Das US-Landwirtschaftsministerium hat sich der Meinung der FDA angeschlossen, empfiehlt der Industrie aber, sich noch für eine gewisse Zeit an das freiwillige Moratorium zu halten, um mit den betroffenen Unternehmen gemeinsam weitere Schritte für einen möglichst reibungslosen Übergang zu erarbeiten. Nach Angaben der International Dairy Foods Association gibt es in den USA etwa 150 geklonte Rinder (von  9 Millionen Rindern im ganzen Land), bei denen es sich zumeist um „Schau-Tiere“ handelt, die auf Messen gezeigt werden. Insgesamt gibt das US-Landwirtschaftsministerium die Zahl der geklonten Tiere in den USA auf 600 an.

Auf europäischer Ebene sehen die Dinge gänzlich anders aus. Hier ist rechtlich die Frage noch unbeantwortet, ob Tiere, die mit der Zellkerntransfer-Methode geklont wurden bzw. aus ihnen gewonnene Produkte gemäß 2001/18EG als GVO bezeichnet werden können oder nicht, da prinzipiell ihr genetisches Material nicht verändert wurde.

Hier sehen die IPTS-Experten auf EU-Seite in naher Zukunft noch keine Einigung  und rechnen daher langfristig – ähnlich wie in der grünen Gentechnik – mit einem Handelsstreit, da liberalere US-Regeln auf strengere EU-Regeln treffen könnten. Allerdings ist ebenfalls noch unklar, ob geklonte Tiere überhaupt unter die Gerichtsbarkeit des Cartagena Biosicherheitsprotokolls der Weldhandelsorganisation (WHO) fallen, da es bisher nur für lebende veränderte Organismen gilt. Auf der anderen Seite hat auch die europäische Sicherheitsbehörde - analog zur FDA - am 11. Januar ein Gutachten veröffentlicht. Demnach haben Untersuchungen gezeigt, dass zwischen Produkten geklonter Tiere und herkömmlich gezüchteter Tiere keinerlei bedeutende Unterschiede  bestehen. Zwar würde die Nutzung des somatischen Zellkerntransfers (SCNT) als Reproduktionstechnik häufiger zu toten und kranken Tieren führen, räumte die EFSA ein. Diese kommen für die Nahrungsmittelproduktion aber ohnehin nicht in Frage. Handelt es sich indes um gesunde geklonteTiere und gesunden Nachwuchs, seien die für die Lebenmittelsicherheit wichtigen Werte von Fleich und Milch laut EFSA-Analyse im normalen Bereich. Die Stellungnahme wurde von der EU-Kommission im Februar 2007 in Reaktion auf die FDA-Analysen in Auftrag gegeben. Bis zum 25. Februar können die Ergebnisse der EFSA auf der Internetseite in einer öffentlichen Anhörung diskutiert werden. Darüber hinaus ist für Februar ein Expertentreffen zu diesem Thema geplant. Eine abschließende Stellungnahme soll im Mai veröffentlicht werden. Auf der Basis dieses Gutachtens muss die EU-Kommission auch entscheiden, ob Klon-Produkte künftig aus den USA - sobald es sie im Markt gibt - importiert werden dürfen.


Regelungen der Stammzellforschung in der EU

Was die Stammzellforschung betrifft, so stärkte die EU vergangenes Jahr der Forschung den Rücken mit der Zusage, auch im 7. Forschungsrahmenprogramm Arbeiten mit embryonalen Stammzellen zu fördern, allerdings mit strengen Auflagen. Die Mittel dürfen nicht für Experimente zum Klonen menschlicher Embryos verwendet und Embryos nicht zu reinen Forschungszwecken produziert werden. Darüber hinaus darf das menschliche Erbgut nicht ohne medizinische Notwendigkeit verändert werden. Eine Regelung, die zudem im Jahr 2010 „vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Fortschritte“ überprüft werden soll.

Auf nationaler Ebene ist indes in den einzelnen Ländern ganz unterschiedlich geregelt, was Stammzellforscher dürfen und was nicht. Die Bandbreite reicht von der Erlaubnis des therapeutischen Klonens (Großbritannien) bis hin zu einem weitgehenden Verbot an Arbeiten mit embryonalen Stammzellen (Italien). In neun anderen EU-Staaten ist die sogenannte verbrauchende Embryonenforschung verboten. In der restlichen Europäischen Union ist sie zulässig. Die großzügigsten Regelungen haben Großbritannien, Belgien und Schweden: Dort ist sogar die Herstellung von Embryos eigens zu Forschungszwecken erlaubt.

In Deutschland gilt für die Arbeit mit embryonalen Stammzelllinien eine Stichtagsregelung: Es darf nur mit Zellen gearbeitet werden, die vor dem 1. Januar 2002 oder außerhalb Deutschlands gewonnen worden sind. Dies soll einerseits Grundlagenforschung ermöglichen, aber andererseits weniger Anreize schaffen, dass Embryonen eigens für die Forschung zerstört werden müssen.

Stichtagsregelung erschwert Grundlagenforschung in Deutschland

Der Stichtag bereitet deutschen Wissenschaftlern jedoch immer mehr Kopfschmerzen, wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) erst Ende vergangenen Jahres in einer umfangreichen Stellungnahme ausführte. „Die bis 2002 rund 22 hergestellten embryonalen Stammzelllinien sind mit tierischen Zellprodukten oder Viren verunreinigt und eine therapierorientierte Forschung ist damit unmöglich“, erklärte der damalige DFG-Präsident Ernst-Ludwig-Winnacker im November in Berlin. Internationale Kollegen würden deshalb zunehmend auf neuere Stammzelllinien zurückgreifen – nach Recherchen der DFG sind weltweit 400 solcher Linien erfasst, von denen 150 im International Stem Cell Forum aufgelistet und 80 sehr gut charakterisiert sind. Dies wirft jedoch aus Sicht der Forscher praktische Probleme auf: Wollen etwa deutsche und britische Wissenschaftler in einem Projekt zusammenarbeiten, ist eine strikte Arbeitsteilung vonnöten, wenn es um embryonale Stammzelllinien geht – mitunter ist eine Kooperation aber auch kaum möglich, wenn es sich um neue, nach 2002 hergestellte Stammzelllinien handelt, die für viele Arbeiten inzwischen besser geeignet sind. Aufgrund der Stichtagsregelung sind deutschen Forschern dabei die Hände gebunden – ein Hindernis, das bereits wiederholt problematisiert wurde. Aus diesem Grund plädiert die DFG für eine Novellierung des deutschen Stammzellgesetzes  – etwa im Sinne einer nachlaufenden Stichtagsregelung. Im Februar oder März 2008 will der Bundestag nun über eine mögliche Neuregelung diskutieren. Dazu werden drei Anträge erwartet. Am wahrscheinlichsten scheint eine einmalige Verschiebung des Stichtags.

Keine einheitliche Regelung in den USA

In den USA wird die Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen bislang nicht explizit auf Bundesebene geregelt, sondern obliegt den einzelnen Staaten. Gegenwärtig werden weder die Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen noch ihre Entnahme aus Embryonen in den USA durch Bundesrecht verboten. Jedoch wird mit Bundesmitteln keine Forschung gefördert, die einem Embryo schadet. So hatte Präsident George W. Bush als erster eine Stichtagsregelung verankert, nach deren Vorbild auch das deutsche Gesetz entwickelt wurde. Mit privaten Mitteln ist die Förderung der Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen allerdings erlaubt. Am 18. Juli 2006 stimmte der US-amerikanische Senat für einen neuen Gesetzesentwurf zur Aufhebung der Beschränkungen der Stammzellforschung aus dem Jahre 2001, das daraufhin Präsident George W. Bush zum ersten Mal in seiner Amtszeit mit einem Veto blockierte. Das Gesetz zur Ausweitung der Stammzellforschung könnte nun nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit im Kongress erlassen werden.

 

Hintergrund

Die US-Regulierungsbehörde FDA hat eine Sicherheitsbewertung von Klonprodukten vorgenommen und dazu mehrere Dokumente veröffentlicht: mehr

Die europäische Sicherheitsbehörde EFSA hat im Auftrag der EU-Kommission ebenfalls ein Gutachten zur Sicherheit von Klonprodukten angefertigt. Die Ergebnisse sind inzwischen veröffentlicht und stehen zu öffentlichen Diskussion: mehr

Zum zehnten Jahrestag des Klonschafs Dolly haben die Fachmagazine Nature und  Nature Biotechnology dem Thema Klonen 2007 eine Reihe von Beiträgen gewidmet. mehr

Auf europäischer Ebene haben Experten des Institute for Prospective Technological Studies (IPTS) im Auftrag des Joint Research Centres der EU-Kommission eine Bestandsaufnahme der Klontechnik und ihrer rechtlichen Handhabung in der kommerziellen Anwendung vorgenommen. Erste Ergebnisse wurden 2007 veröffentlicht. mehr

Angesichts der öffentlichen Debatte um Stammzellen haben sich führende Wissenschaftler der International Society for Stem Cell Research zum Kampf gegen schwarze Schafe in den eigenen Reihen zusammengeschlossen und eine Selbstverpflichtung erarbeitet. mehr

Ausführliche Informationen rund um alle Aspekte des Klonens gibt das Deutsche Zentrum für Ethik in den Biowissenaften (DRZE) mehr

Ausführliche Informationen zu gentechnisch veränderten Tieren finden Sie auf der Webseite von transgen.de mehr

Das WDR-Fernsehen hat für die Wissenschaftssendung Quarks & Co einen Film (0:40 min) zur Technik des Klonens im RealVideo-Format produziert mehr

Downloads

Klonen zu Fortpflanzungszwecken und Klonen zu biomedizinischen Forschungszwecken

Stellungnahme des deutschen Nationalen Ethikrates, 2004 Download PDF (431,9 KB)

Animal Cloning: A Draft Risk Assessment (in Englisch)

Center for Veterinary Medicine, FDA, Dezember 2006 Download PDF (4,2 MB)