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Biotechnologie in Belgien

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Die Flagge von Belgien Quelle: wikipedia

Belgien ist durch seine regionale Teilung in das französischsprachige Wallonien im Süden und das flämische Flandern im Norden geprägt. Im Zentrum sitzt die Hauptstadtregion Brüssel. Die Teilung zieht sich auch durch die Biotechnologie-Branche: In vielen Bereichen gibt es in den drei Regionen Parallelstrukturen. Historisch gesehen hat die Biotechnologie in Belgien eine lange Geschichte. Das liegt nicht nur an den 500 gebrauten Biersorten. Große Impfstoff-Hersteller haben ihren Sitz in Belgien. In Flandern hat die Pflanzenbiotechnologie traditionell einen Schwerpunkt. In Wallonien wiederum haben sich Unternehmen auf Diagnostik und die Regenerative Medizin spezialisiert.

Unternehmenslandschaft

Die belgische Außenhandelsgesellschaft zählte 2011 landesweit insgesamt 308 Biotechnologiefirmen. 17 Prozent der Unternehmen befinden sich allein in der Hauptstadtregion Brüssel, und 34 Prozent im französischsprachigen Wallonien im Süden. Sieben belgische Unternehmen sind an der Börse notiert, davon eins in Wallonien und eins in Brüssel. Die übrigen sind Unternehmen sind im nördlichen Landesteil Flandern angesiedelt, wo nach dem Bericht rund 50 Prozent der belgischen Biotech-Unternehmen ihren Sitz haben.

Drei Regionen prägen das Königreich Belgien, in Flandern im Norden wird niederländisch gesprochen, in Wallonien im Süden französisch. Um Brüssel herum formt sich die Hauptstadtregion. Lightbox-Link
Drei Regionen prägen das Königreich Belgien, in Flandern im Norden wird niederländisch gesprochen, in Wallonien im Süden französisch. Um Brüssel herum formt sich die Hauptstadtregion. Quelle: Wikimedia
Belgische Unternehmen waren nach dem Bericht im Jahr 2008 für rund 16 Prozent des europäischen Umsatzes im Bereich Biopharmazeutika verantwortlich. Auch bei den Exporten liegt Belgien in diesem Bereich in der EU an der Spitze: 17 Prozent der exportierten Biologika waren belgische Produkte. Belgien gilt als größter Pharmaexporteur weltweit, ein Viertel der verkauften Impfstoffe kommen aus Belgien. Der Löwenanteil geht auf die Niederlassung des Impfstoffherstellers GlaxoSmithKline (GSK Biologicals) in Rixensart südöstlich von Brüssel zurück. GSK Biologicals ist der zweitgrößte Impfstoffhersteller der Welt. Die Unternehmenslandschaft ist durch kleine und mittelständische Unternehmen geprägt. Ein Großteil des Exports wird hingegen durch die großen Konzerne, insbesondere GSK Biologicals, Johnson & Johnson und Pfizer bestritten. Mehr als 80 Prozent der 30.000 Beschäftigten in der belgischen Biotech-Branche sind im Gesundheitssektor tätig. Die Biotechunternehmen sind nach den drei Regionen in den Industrieverbänden FlandersBio (Flandern), BioWin (Wallonien) und BrusselsLifeTech (Brüssel) organisiert. Auf nationaler Ebene repräsentieren zwei weitere Organisationen die belgische Biotechnologie. Bio.be als Biotechnologie-Sektion des nationalen Industrieverbandes Essenscia, und EuropaBio, der in Brüssel sitzende Europäische Verband der Bioindustrieunternehmen.

Flandern: Biopharmazeutika und Pflanzenbiotech

Der Aufstieg der nordbelgischen Region Flandern begann mit dem Niedergang der Schwerindustrie in Wallonien im 20. Jahrhundert. Heute gilt Flandern als Schwerpunkt für die belgische Hightech-Industrie und als Wirtschaftsmotor des Landes. Die Biotechnologie ist hier fest verwurzelt. Die Firmenlandschaft in Flandern konzentriert sich dabei um die Universitätsstädte Gent, Mechelen und Leuven. Die regionale Biotech-Oganisation zählt in Flandern 124 Unternehmen, die biotechnologisch aktiv sind. Die meisten Biotech-Firmen sind im Gesundheitssektor aktiv (56), 15 Unternehmen arbeiten im Bereich Agrobiotechnologie, 19 sind auf die industrielle Bioproduktion spezialisiert und 34 gelten als Zulieferer. Ein in der Medikamentenentwicklung tätiges Unternehmen ist Galapagos mit Sitz in Mechelen. Galapagos unterhält eines der weltgrößten niedermolekularen Wirkstoff-Programme für Knochen- und Gelenkkrankheiten.

Die Biotech-Unternehmenslandschaft in Belgien. Markiert sind Firmen mit Fokus medizinische Biotechnologie (rote Punkte), Pflanzenbiotechnologie (grün) und industrielle Biotech (weiß).Lightbox-Link
Die Biotech-Unternehmenslandschaft in Belgien. Markiert sind Firmen mit Fokus medizinische Biotechnologie (rote Punkte), Pflanzenbiotechnologie (grün) und industrielle Biotech (weiß).Quelle: Belgian Foreign Trade Agency, 2011

Thrombogenics mit Sitz in Heverlee hat kürzlich für das Medikament Jetrea in den USA eine Zulassung erhalten. Das auf dem Wirkstoff Ocriplasmin basierende Medikament zur Behandlung einer Augenerkrankung ist für die Märkte außerhalb der USA an Novartis auslizenziert. Bei der europäischen Gesundheitsbehörde EMA wird die Zulassung des Medikaments noch geprüft. Weltweit von sich reden machte auch der in Leuven ansässige Zelltherapiespezialist TiGenix mit dem ersten nach neuesten Richtlinien von der EMA zugelassenen Knorpelersatzprodukt. Im südflämischen Gent entwickelt und produziert Ablynx Antikörper, sogenannte Nanobodies, zur Behandlung verschiedener Krankheiten. Das Unternehmen hat mehrere Kooperationsverträge mit Pharmakonzernen wie Merck, Boehringer Ingelheim, Novartis und Wyeth abgeschlossen. In und um Gent konzentriert sich sonst vor allem die belgische Pflanzenbiotechnologie aufbauend auf den Pionierleistungen von Marc van Montagu. Er hatte in den 1980er Jahren einen Weg entdeckt, Pflanzen gentechnisch zu verändern. Zusammen mit seinem Kollegen Jeff Schell entwickelte van Montagu den Einsatz von Agrobacterium für den Transfer fremder Gene in Pflanzenzellen, und entwickelte 1985 die erste insektenresistente Tabakpflanze. Van Montagus 1982 gegründete Firma Plant Genetic Systems gehörte zu den ersten Biotechfirmen des Landes. Seit 2002 gehört das Unternehmen zu BayerCropScience. Für Bayer ist der Genter Standort ein wichtiges Weizenforschungszentrum, weitere Schwerpunkte bilden Raps, Baumwolle und Reis. Die Grüne Biotechnologie um den Standort Gent wird bis heute geprägt von zahlreichen Ausgründungen der Universität und dem Flanders Institute for Biotechnology (VIB), darunter das börsennotierte Unternehmen Devgen, das ebenfalls an der Ertragssteigerung und Stressresistenz von Nutzpflanzen forscht.  Ein Spin-off des Genter VIB, CropDesign, wurde 2006 von BASF übernommen. Nachdem die BASF ihre Forschung und Entwicklung zur Pflanzenbiotechnologie in Deutschland auslagert, sollen einige Aktivitäten künftig am Genter Standort ausgebaut werden.

Wallonien: Diagnostische Tests und Zelltherapien

Die Wallonie, der französischsprachige Südteil Belgiens, ist eine Region im Umbruch. Einst war die Schwerindustrie der Wirtschaftsmotor für das ganze Land. Nach dem Niedergang der Stahlwerke wird in Wallonien nun der Strukturwandel forciert – Zukunftstechnologien wie IT und Gesundheitswirtschaft sollen die Wende bringen. Seit 2005 fördert die wallonische Regionalregierung auch die Biotechnologie mit einem Förderprogramm, dem „Marshall-Plan“, mit einem Gesamtbudget von 4,3 Milliarden Euro bis 2015. Daraus hervorgegangen sind sechs industriegeführte Technologie-Cluster, einer davon ist der Life Sciences-Cluster BioWin. In dem Cluster gefördert werden 25 F&E-Projekte, in denen Partner aus Universitäten und Unternehmen eng zusammenarbeiten.

Im belgischen Astene produziert BayerCropSciene Saatgut in großen Gewächshäusern.Lightbox-Link
Im belgischen Astene produziert BayerCropSciene Saatgut in großen Gewächshäusern.Quelle: BayerCropScience
Nach Angaben von BioWin sind in Wallonien 100 Biotechnologieunternehmen ansässig, mit einem Jahresumsatz von 2,7 Milliarden Euro und rund 10.000 Beschäftigten (Stand 2009). Börsennotiert ist allerdings nur eins von ihnen, MDX Health mit Sitz in Lüttich und Gent. Die Molekulardiagnostikfirma entwickelt epigenetische Tests zur Unterstützung einer personalisierten Behandlung von Tumorpatienten. Zu den größten multinationalen Konzernen zählen die Niederlassung von GSK Biologicals in Rixensart, in der Impfstoffe hergestellt werden, und eine Niederlassung des Pharmakonzerns Baxter. Die meisten wallonischen Biotech-Unternehmen sind jedoch in der Region entstanden und gewachsen. Auf diagnostische Tests, aber auch auf die Lohnherstellung von Biopharmazeutika hat sich die Firma Eurogentec bei Lüttich spezialisiert. Seit 2010 gehört das Unternehmen zum japanischen Konzern Kaneka. Eine ganze Reihe an Unternehmen in der Wallonie  beschäftigt sich mit Verfahren der Regenerativen Medizin und Zelltherapien. Eines davon ist Cardio3Biosciences mit Sitz in Mont-Saint-Guibert. Das auf Herzkrankheiten spezialisierte Unternehmen hat ein Zelltherapieverfahren entwickelt, mit dem Knochenmarkzellen von Herzpatienten zu Herzmuskelzellen umprogrammiert werden, klinische Studien laufen. Das Unternehmen Promethera Biosciences, ein Spin-off der katholischen Universität in Louvain, hat sich auf Zelltherapien und Tests gegen seltene Erkrankungen spezialisiert, vor allem Lebererkrankungen. BoneTherapeutics mit Sitz in Gosselies entwickelt stammzellbasierte Verfahren zur Knochenrekonstrution.

Hauptstadtregion Brüssel                                      

Die Hauptstadtregion Brüssel umgibt ein junger, aber äußerst attraktiver Biotechnologiesektor, was vor allem auf gute Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie zurückzuführen ist: Um Brüssel finden sich viele große biomedizinische Unternehmen, die Ausgründungen nahe gelegener Universitäten sind. Börsennotiert ist die Firma UCB Pharma, die sich auf das Zentralnervensystem und Immunologie spezialisiert hat. Das Portal Bio&Pharma in Brussels listet 17 forschende Biotechnologieunternehmen in der Haupstadtregion. Wie auch im übrigen Belgien, sind die meisten dieser Firmen in der medizinischen Biotechnologie tätig. 12 Firmen arbeiten im medizinischen Bereich, unter anderem Krebsforschung und Autoimmunkrankheiten. Zudem konzentrieren sich die größten belgischen Impfstoffhersteller in der Brüsseler Gegend. Dazu zählen UCB Pharma, sowie die Niederlassungen der internationalen Pharmariesen GSK Biologicals, Baxter und Johnson & Johnson. Fünf Unternehmen sind in der Grünen Gentechnik aktiv. Die Biotechnologie in Brüssel wird maßgeblich durch die Brussels Regional Investment Agency unterstützt.

Gutes Klima für die Branche

Die finanzielle Situation für Biotech-Unternehmen in Belgien ist günstig. In ganz Belgien entstehen Spin-offs im Biotechnologiebereich. Wagniskapitalgeber, verschiedene Funds, der Verband Business Angels Connect und nicht zuletzt ein gründerfreundliches Bankensystem bieten zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten für start-ups. Neben regionalen Förderprogrammen gibt es gesamtstaatliche Programme, die vor allem Start-Ups und kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) unter die Arme greifen. Mit 280 Business Angels (2011) hat Belgien eine vergleichsweise große Zahl privater Wirtschaftsförderer. Nach Angaben von Ernst&Young (2007) und Technopolis (2008) ist Belgien in Europa überdies führend im Bezug auf Wagniskapital und dessen Investition in Biotechnologieunternehmen. Der Anteil von Wagniskapital in Biotechfirmen übersteigt den in Großbritannien, Frankreich  und Deutschland. Auch die durchschnittlich investierten Summen liegen weit über dem europäischen Durchschnitt. Steuervergünstigungen tragen ein Weiteres zur günstigen Atmosphäre für Biotechfirmen bei.

 

Hintergrund

Unternehmen: 308 (BFTA, Stand 2011)

Schwerpunkte: Biopharmazeutika, Impfstoffe, Pflanzenbiotechnologie, Regenerative Medizin

Beschäftigte: ca. 30.000

Regionale Biotech-Organisationen
Flandern: FlandersBio Wallonie: BioWin Brüssel: BrusselsLifeTech

Überregionale Biotech-Organisationen:
Belgische Bioindustrievereinigung bio.be

Forschungs- und Translationszentren:
Flandern:VIB Wallonie:WelBio

Infos zu Forschung & öffentl. Förderung:

www.research.be

www.belspo.be

Gesetzeslage

Embryonen-Erzeugung für Stammzellforschung erlaubt, PID erlaubt, kein kommerzieller Anbau von gv-Pflanzen, Freisetzung mit Mindestabstand und Entschädigungszahlungen erlaubt (Flandern), gentechnikfreie Zonen und Mindestabstände von ca. 600 Metern (Wallonien)

Internationale Kooperationen

www.internationale-kooperationen.de

Sie interessieren sich für Kooperationen mit Hochschulen und Unternehmen im Ausland? Das internationale Büro des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt einen solchen Austausch. Mehr Informationen zu möglichen Förderprogrammen und länderspezifische Hintergründe finden Sie unter:

www.internationale-kooperationen.de


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Belgian Biotechnology (engl.)

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