Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Das kindliche Aroma entschlüsseln

Eine Wissenschaftlerin "erschnüffelt" Aromen am Gaschromatographen. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Eine Wissenschaftlerin "erschnüffelt" Aromen am Gaschromatographen. Quelle: Universität Erlangen-Nürnberg

08.06.2009  - 

Wer hat nicht insgeheim die Ekeltoleranz kleiner Kinder bewundert, die versuchsweise Gras und Regenwürmer in den Mund stecken? „Wir vermuten, dass viele Geschmackspräferenzen und Akzeptanzmuster erst im Lauf der Kindheit ausgebildet werden“, sagt Andrea Büttner von der Universität Erlangen-Nürnberg. Ihr Team erforscht die physiologische und psychologische Wirkung von Geruchsstoffen anhand der frühkindlichen Ernährung und Aromawahrnehmung. Das kann unter anderem verstehen helfen, wie ernährungsbedingte Krankheiten entstehen. Finanziert wird die Arbeit vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Nachwuchswettbewerbs „Molekulare Grundlagen der humanen Ernährung“.

Die menschliche Aromawahrnehmung ist sehr komplex. Sie hängt nicht nur von rein physiologischen Faktoren wie der Zusammensetzung der Aromamoleküle und der Konfiguration von Geruchsrezeptoren ab, sondern auch von Interpretationen und Assoziationen im Gehirn, beim Essen, außerdem von der Textur und dem Aussehen des Lebensmittels. „Bisher gibt es nur wenige Daten, wie Aromen von Säuglingen und Kindern wahrgenommen werden“, sagt Büttner. Ihre Forschungsgruppe will nun mit Hilfe von Kleinkindern das Grundlagenwissen dazu erarbeiten. „Kinder lernen das Gefühl und das Aroma von Lebensmitteln gleichzeitig und assoziieren beides“, sagt Büttner. „Uns interessiert: Was ist daran angeboren, und was entsteht später durch Prägung?“ 

Säuglinge nehmen Geschmacksstoffe anders wahr als Erwachsene.Lightbox-Link
Säuglinge nehmen Geschmacksstoffe anders wahr als Erwachsene.Quelle: Wikipedia

Schnüffeln für die Wissenschaft

Aromen kommen in oft sehr geringer Konzentration in einer Vielzahl verschiedener flüchtiger Verbindungen vor. Büttner und ihr Team isolieren die verschiedenen Aromastoffe, indem sie die Substanzen durch Gaschromatographie auftrennen. Statt eines Detektors befindet sich am Ende des Geräts eine menschliche Nase – die Wissenschaftler schnüffeln selbst, welche Aromastoffe in einer komplexen Mischung flüchtiger Lebensmittel-Verbindungen vorhanden sind. „Am Gaschromatographen sitzen verschiedene Probanden und riechen die Substanzen ab“, beschreibt Büttner. Deren Zusammensetzung wird dann auf molekularer Ebene weiter untersucht.

Im Umkehrschluss von der chemischen Struktur einer erstmalig identifizierten Substanz auf einen Geruch zu schließen, ist jedoch nur eingeschränkt möglich, sagt Büttner. Geruchsstoffe gehören zu verschiedenen Verbindungen – Alkohole, Ester, Thiole und Aldehyde -, wobei die einzelnen Gruppen oft sehr unterschiedliche Gerüche haben und oft auch sehr unterschiedlich intensiv riechen. So komme es etwa vor, dass zwei Stoffe aus völlig verschiedenen Gruppen einen ähnlichen Geruch haben: Benzaldehyd und Blausäure riechen beide nach Bittermandel. Außerdem spielen auch Mischeffekte oder das Zusammenspiel mit anderen Sinneseindrücken eine große Rolle.

Hintergrund
Sie wollen mehr über die Arbeit von Andrea Büttner erfahren? Dann schauen Sie auf der Webseite der Universität Erlangen-Nürnberg vorbei.

mehr Infos: Henriette-Schmidt-Burckhardt-Lehrstuhl für Lebensmittelchemie

Welche Aromen werden wie empfunden 

Die Strukturaufklärung der geruchsaktiven Komponenten geschieht deshalb in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren. „Wir sehen nach: Was ist da, und wie wird es empfunden“, erklärt Büttner weiter. Als Beispiel nennt die Forscherin ein Fruchtaroma. Zahlreiche Testpersonen bestätigten, dass das Aroma intensiver wahrgenommen wird, wenn eine süße Komponente beigemischt wird. Vermutlich die Folge eines lebenslangen Prägungs- und Lerneffekts. Um solchen Phänomenen auf den Grund zu gehen, wird bei Säuglingen die Akzeptanz von Aromen und Lebensmitteln zum Beispiel anhand der Mimik mit einem Computerprogramm analysiert, aber auch physische Reaktionen wie Kopfwegdrehen oder Leckbewegungen. Um Beeinflussung durch erwachsene Bezugspersonen auszuschließen, werden einige dieser Versuche auch bei schlafenden Kindern gemacht, bei denen dann beispielsweise auch Atem und Herzfrequenz ausgewertet werden. 

Nachwuchswettbewerb Molekulare Grundlagen der humanen Ernährung

Die Ernährung spielt der Entstehung und dem Verlauf vieler Krankheiten eine zentrale Rolle. Unter dem Dach der BMBF-Intiative wollen Nachwuchsforscher die molekularen Grundlagen der Ernährung besser kennenlernen.

Mehr Infos: hier klicken

Das Projekt ist zunächst auf fünf Jahre angelegt. Zu seinem Abschluss hofft Büttner, einen Datensatz der wichtigsten Reaktionsmuster von Säuglingen auf bestimmte Aromastoffe und ihrer Wahrnehmung erstellt zu haben, der als Basis für die Entwicklung von Lebensmitteln dienen kann. Bei tausenden bekannten Geruchsstoffen sei in fünf Jahren „keine erschöpfende Behandlung möglich“, dämpft sie zugleich zu große Erwartungen. Doch ein erster Datensatz zur kindlichen Aromaprägung könne helfen, die Ursachen von Fehlernährung und ernährungsbedingten Krankheiten zu verstehen.

Geschmacksvorlieben im Kleinkindalter geprägt

Denn die Ausbildung von Geschmacksvorlieben passiert im Kleinkindalter. „Wir wissen, dass Kleinkindernährung oft nicht in optimaler Form naturnahe Aromen wiederspiegelt“, sagt Büttner. „Das heißt jedoch, dass viele Kinder schon in einer frühen Phase ihres Lebens auf diese Aromen geprägt werden. Wir wollen in unserem Projektansatz verstehen, wie durch Prägungseffekte die Akzeptanz bestimmter Aromen moduliert wird.“ 
 

Autorin: Cornelia Kästner

 

Förderbeispiele

glowing cells in a test tube

Sie möchten erfahren, in welche Forschungsprojekte öffentliche Gelder fließen? Unter der Rubrik Förderbeispiele stellen wir regelmäßig öffentlich geförderte Forschungsvorhaben inhaltlich vor.


Zur Rubrik Erfindergeist

Fördermöglichkeiten

Abbildung von Geldscheinen

Sie suchen nach Finanzierungsmöglichkeiten für ein Forschungsvorhaben? Unter der Rubrik Förderung/ Fördermöglichkeiten geben wir Ihnen einen Überblick über nationale, europäische und internationale Geldgeber, die biotechnologische Projekte unterstützen.


Menschen

Forscherprofile

Sie wollen wissen, wie ein Wissenschaftler tickt und was ihn antreibt? Dann schauen Sie in unserer Rubrik Aktuelles/Menschen vorbei. Hier werden regelmäßig neue Persönlichkeiten aus der biotechnologischen Forschung porträtiert.


Zur Rubrik Menschen

Rohstoff Pflanze

Junges Mädchen hält Pflanze in den Händen

Ob Biokraftstoff, Arzneimittel oder Biokunststoff - Pflanzen liefern wichtige Rohstoffe für die biobasierte Wirtschaft. Eine allgemein-verständliche Broschüre gibt einen Überblick über die verschiedensten Anwendungen moderner Pflanzenforschung in Landwirtschaft, Ernährung, Industrie, Medizin und Energie.


Zur Rubrik Publikationen