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Stammzellen ohne Gentransfer hergestellt

Protein-induzierte pluripotente Stammzellen (piPS), die aus jungen Fibroblasten der Maus gewonnen wurde. Die Markierung erfolgte mit dem grün-fluoreszierenden Markergen Oct4. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Protein-induzierte pluripotente Stammzellen (piPS), die aus jungen Fibroblasten der Maus gewonnen wurde. Die Markierung erfolgte mit dem grün-fluoreszierenden Markergen Oct4. Quelle: Jin Young Joo / Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin

30.04.2009  - 

Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam hat Stammzellen erzeugt, ohne dafür Gene einschleusen zu müssen. Wie die Wissenschaftler aus Kalifornien und Münster in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift "Cell Stem Cell" (Online-Veröffentlichung, 23. April 2009) berichtet, gelang die Reprogrammierung junger Hautzellen von Mäusen alleine durch die Zugabe von Proteinen. Der Verzicht auf den Einbau fremder Gene minimiert das Risiko einer eventuellen Entartung, sagte Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster. Noch klappt das Verfahren nur bei Mäusen. Gelingt es auch beim Menschen, könnten die so gewonnen Stammzellen als ethisch unbedenkliches Zellmodell für Krankheiten dienen, hofft Schöler.



Bei dem erfolgreichen Experiment arbeiteten amerikanische und deutsche Forscher eng zusammen. Eine Gruppe um Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster stellte den Kollegen vom kalifornischen Scripps Research Institute zunächst Maus-Hautzellen zur Verfügung. Nachdem die amerikanischen Kollegen die innere Uhr dieser Zellen wieder auf Anfang zurückgedreht hatten, übernahmen wieder die Forscher des Max-Planck-Instituts. Sie überprüften, ob die entstandenen  Zellen auch wirklich Alleskönner-Qualitäten aufwiesen. Erst dann war klar, dass der verabreichte Protein-Cocktail tatsächlich in der Lage ist, aus entwickelten Hautzellen protein-induzierte pluripotente Stammzellen (piPS) zu machen. Die nun gewonnenen piPS-Zellen entwickelten sich in die drei grundlegenden Keimblätter, aus denen in der Embryoentwicklung alle Organe und Gewebe hervorgehen.

Vier reprogrammierende Proteine

"Die Versuche zeigen eindrucksvoll, dass die Integration von Genen mittels viraler Genfähren bei Mauszellen nicht zwingend notwendig ist. Die Gabe der entsprechenden Proteine in Kombination mit einem ‚small molecule’ ist ausreichend um die Reprogrammierung zu initiieren", erläutert Schöler. "Die Stammzellforschung mit iPS scheint derzeit regelrecht zu explodieren. Wir erleben nahezu monatlich bahnbrechende Neuerungen. Das ist großartig. Die internationale Zusammenarbeit beschleunigt diese Prozesse natürlich zusätzlich", so Schöler, der mit Sheng Ding vom Scripps Research Institute seit 2004 kooperiert. Die vorliegende Arbeit ist bereits die vierte gemeinsame Publikation beider Arbeitsgruppen.

Hans Schöler leitet die Abteilung für Zell- und Entwicklungsbiologie am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster.Lightbox-Link
Hans Schöler leitet die Abteilung für Zell- und Entwicklungsbiologie am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster.Quelle: MPI Münster

Zur Herstellung der piPS-Zellen fügte die kalifornische Forschergruppe in embryonale Hautzellenvorläufer von Mäusen die vier reprogrammierenden Proteine c-Myc, Klf4, Oct4 und Sox2 ein. Das sind ebenjene Proteine, von denen bisher noch die entsprechenden Gene notwendig waren. Diese mussten zunächst in das Erbgut der Zielzelle eingeschleust werden, damit sie dann die entsprechenden Proteine erzeugte und so die Reprogrammierung startete. Jetzt genügt alleine die Verabreichung der Proteine, ein Eingriff ins Erbgut ist unnötig geworden, berichtet Schöler. "Die Zugabe von Proteinen stellt nach heutigen Kenntnissen kein Risiko für das Erbgut dar.“

Proteine überleben in der Zelle nur für kurze Zeit

Der jetzige Erfolg ist der vorläufige Endpunkt in der stetigen Weiterentwicklung des Verfahrens zur Herstellung von induzierten Stammzellen. Erstmals gelang japanischen Forschern um Shinya Yamanaka der Universität Kyoto im Jahr 2006 die Herstellung induzierter Stammzellen, indem sie adulte Hautzellen von Mäusen reporgrammierten. Dazu schleusten sie die Gene für die Proteine c-Myc, Klf4, Oct4 und Sox2 mit Hilfe von Retroviren in die Zellen ein (mehr...). International stürzten sich Forscher auf das vielversprechende Verfahren, was dazu führte, dass es in flottem Tempo verbessert wurde. Die Zahl der benötigten Gene verringerte sich kontinuierlich (mehr...), nun sind sie schließlich ganz obsolet geworden. Auch auf die Retroviren kann mittlerweile verzichtet werden.

Die Entdeckung der iPS-Zellen...

...begann im Jahr 2006 in Japan. In weniger als drei Jahren kommt das Verfahren jetzt ganz ohne die Einschleusung von Genen aus. Die Meilensteine:


Juni 2007:
Von der Hautzelle zur Stammzelle: Umprogrammierung mit gentechnischen Tricks

November 2007: Molekulare Verjüngungskur: Von menschlichen Körperzellen zu vielseitigen Stammzellen

Juni 2008: Sanfte Umprogrammierung der Hautzelle zur Stammzelle

Februar 2009: Mit einem Gen zur Stammzelle

Aber auch die Proteine müssen erst einmal in die Zelle hineinkommen. Für den Transfer durch die Zellmembran benutzten die Forscher ein kurzes Verbindungsprotein (Peptid), das an die Proteine gebunden wird. Die vier Faktoren beeinflussen rund 3000 Gene in den Zellen und drehen so deren Lebensuhr bis auf den Anfang zurück. Die Proteine haben im Plasma der Zelle allerdings nur eine kurze Überlebenszeit. Die Zellen nahmen die Proteine auf, verdauten sie aber nach kurzer Zeit. Daher musste der Zyklus viermal wiederholt werden, bis die Zellen vollständig zurückprogrammiert waren. Die Proteine ließen die Forscher von Bakterien produzieren. Bei diesen waren genau jene vier Gene c-Myc, Klf4, Oct4 und Sox2 angeschaltet, die zuvor zur Rückprogrammierung von Zellen dienten. Die Behandlung mit dem Protein-Cocktail musste über mehrere Tage hinweg wiederholt werden.

Krankheiten in die Kulturschale bringen

Der nächsten Schritt sei natürlich die Übertragung der Technik auf menschliche Zellen, sagte Schöler, und warnte vor verfrühten Hoffnungen. Der Einsatz solcher Zellen als alternative Quelle für Zellersatztherapien liege in fernerer Zukunft. Die Stammzellen könnten sich aber auf einem ganz anderen Gebiet als nützlich erwiesen. Mit den piPS-Zellen lassen sich laut Schöler auch Krankheitsentwicklungen analysieren und patientenspezifische Therapien optimieren. "Es ist möglich, eine Reihe von Krankheiten quasi in die Kulturschale zu bringen“, sagte der Stammzellforscher. Da die piPS-Zellen im Gegensatz zu den seit 2006 üblichen iPS-Zellen ohne genetische Eingriffe erzeugt wurden, "sind sie unbelasteter, und die Aussagen, die man aufgrund der Untersuchung solcher Zellen treffen kann, sind genauer."

 

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