Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen steigt auf 114 Millionen Hektar
20.02.2008 -
Während die Novelle des Gentechnik-Gesetzes inzwischen auch die letzte Hürde genommen hat, schreitet der weltweite kommerzielle Anbau gentechnisch veränderter (gv) Pflanzen weiter voran. Dies geht aus den neuesten Zahlen des International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Application (ISAAA) hervor, wonach die gesamte Anbaufläche im Jahr 2007 auf nunmehr 114 Millionen Hektar gestiegen ist. Das entspricht einer Steigerung zum Vorjahr um zwölf Prozent. Mit rund 54 Millionen Hektar sind die USA dabei weiterhin der unangefochtene Spitzenreiter. Ganz anders sieht das Bild in Europa aus: Verglichen mit dem Rest der Welt nimmt sich hier die Anbaufläche von insgesamt 110.000 Hektar bescheiden aus, wenngleich auch hier die Zahlen steigen. In Deutschland hat sich die Fläche im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifacht.
Während sich auf politischer Ebene in Deutschland die Diskussionen um die Novelle des Gentechnik-Gesetzes gelegt haben und es am 13. Februar den Bundesrat passiert hat, scheint der weltweite Trend zur Nutzung von gentechnisch veränderten Pflanzen zu kommerziellen Zwecken ungebrochen. Nach einer Mitte Februar veröffentlichten Studie der Organisation „International Services for the Acquisition of Agri-Biotech Applications“ (ISAAA) wuchsen gv-Pflanzen im Jahr 2007 weltweit auf einer Fläche von nunmehr 114,3 Millionen Hektar. Dies entspricht einem Zuwachs von 12 Prozent. In den Vorjahren hatten die hauptsächlich mit Biotech-Soja, -Mais, -Baumwolle und -Raps bepflanzten Agrarflächen um jeweils 11,3% zugelegt. Den ISAAA-Schätzungen zufolge stieg auch die Zahl der Landwirte, die Biotech-Pflanzen anbauen auf jetzt 12 Millionen, verglichen mit 2006 ein Anstieg um 1,7 Millionen. Mit den Neuzugängen Chile (25.000 ha Mais, Soja und Raps) und Polen (320 ha Bt-Mais) wurden gv-Pflanzen im vergangenen Jahr in 23 Ländern angebaut, darunter 11 Industrieländern.
ISAAA-Chef Clive James erläutert in diesem Film die Ergebnisse der aktuellen Studie zum weltweiten kommerziellen Anbau von gv-Pflanzen (in Englisch).Quelle: Youtube.com
Weiterhin dominieren sieben Länder beim gv-Anbau (siehe Tabelle): An oberster Stelle stehen die USA, Argentinien, Brasilien, Kanada, Indien, China und Südafrika. Sie machen rund 96,7% (2006: 96,9%) des weltweiten Anbaus aus. Nach Aussage von ISAAA-Chef Clive James legten besonders Biotechpflanzen zu, die Insektenresistenzen mit einer Herbizidtoleranz vereinen.
Die größte Produktvielfalt gab es laut der Erhebung in den USA, wo Sojabohnen, Mais, Baumwolle, Raps, Kürbis, Papaya und Alfalfa angebaut wurden, und in China, wo es Baumwolle, Tomaten, Pappeln, Petunien, Papaya und Paprika im gv-Anbau gibt. Den größten Anteil am Weltmarkt hatten 2007 unverändert gv-Sojapflanzen (64% oder 58,6 Mio. ha) sowie ein zunehmender Anbau an gv-Baumwolle (43% o. 15 Mio. ha), Biotech-Mais (24% o. 35,2 Mio. ha) und gv-Raps (20% o. 5,5 Mio. ha). Den größten Flächenzuwachs zeigten erneut Schwellenländer wie Indien (+2,4 Mio. ha Baumwolle) und Brasilien (+3,5 Mio. ha Sojabohnen). Der Iran, der 2006 als weltweit erstes Land in den Biotech-Reisanbau eingestiegen war, säte im vergangenen Jahr keine gv-Pflanzen mehr aus. Auch China stieg, entgegen anderslautender Prognosen der ISAAA aus dem Jahr 2005, nicht in den kommerziellen Anbau von gv-Reis ein.
Entwicklung des weltweiten gv-Anbaus
Land | Anbaufläche in Hektar (2005) | Anbaufläche in Hektar (2006) | Anbaufläche in Hektar (2007) | Angebaute Pflanzen |
USA | 49,8 Millionen | 54,6 Millionen | 57,7 Millionen | Mais, Soja, Baumwolle, Raps, Kürbis, Papaya, Alfalfa |
Argentien | 17,1 Millionen | 18,0 Millionen | 19,1 Millionen | Mais, Soja, Baumwolle |
Brasilien | 9,4 Millionen | 11,5 Millionen | 15 Millionen | Soja, Baumwolle |
Kanada | 5,8 Millionen | 6,1 Millionen | 7 Millionen | Mais, Soja, Raps |
China | 3,3 Millionen | 3,5 Millionen | 3,8 Millionen | Baumwolle, Pappeln, Tomaten, Petunien, Paprika, Papaya |
Paraguay | 1,8 Millionen | 2,0 Millionen | 2,6 Millionen | Soja |
Indien | 1,3 Millionen | 3,8 Millionen | 6,2 Millionen | Baumwolle |
Südafrika | 0,5 Millionen | 1,4 Millionen | 1,8 Millionen | Mais, Soja, Baumwolle |
Uruguay | 0,3 Millionen | 0,4 Millionen | 0,5 Millionen | Mais, Soja |
Australien | 0,3 Millionen | 0,2 Millionen | 0,1 Millionen | Baumwolle |
Philippinen | 0,1 Millionen | 0,2 Millionen | 0,3 Millionen | Mais |
Honduras | 0,05 Millionen | 0,05 Millionen | <0,05 Millionen | Mais |
Kolumbien | 0,05 Millionen | 0,05 Millionen | 0,1 Millionen | Baumwolle. Soja |
Rumänien | 100.000 | 125.000 | 350 | Mais (2005, 2006: Soja) |
Spanien | 53.000 | 53.750 | 75.150 | Mais |
Iran | 4.000 | k.A. | k.A. | Reis |
Portugal | 750 | 1.250 | 4.500 | Mais |
Frankreich | 500 | 5.000 | 21.200 | Mais |
Deutschland | 342 | 947 | 2.685 | Mais |
Tschechische Republik | 150 | 1.290 | 5.000 | Mais |
Slowakei | k.A. | 30 | 900 | Mais |
Polen | k.A. | k.A. | 320 | Mais |
Quelle: ISAAA, 2008; Standortregister des BVL
Erstmals liefert die von der Rockefeller-Stiftung, der Spanischen Großbank Ibercaja und durch die italienische Bussolera-Branca-Stiftung gesponserte Studie auch Daten zum Anteil von Biotech-Pflanzen, die zur Produktion der Treibstoffe Biodiesel und Bioethanol eingesetzt wurden. Rund 9% oder 11,2 Mio. ha Biotech-Mais, -Soja und -Raps waren es 2007 nach den Schätzungen der ISAAA. Der Großteil des gv-Mais (7 Mio. ha), Soja- (3,4 Mio. ha) und von gv-Raps (10.000 ha) wurde danach in den USA angebaut. In Brasilien, wo rund 90% aller Fahrzeuge mit aus konventionell gepflanztem Zuckerrohr gewonnenem Bioethanol fahren, wurden rund 750.000 ha herbizidresistente Sojabohnen und in Kanada 45.000 ha Biotech-Raps angebaut.
Steigender Anbau auf niedrigem Niveau in Europa
Auch in Europa nahm die Anbaufläche von Bt-Mais, der einzigen in Europa zum Anbau zugelassenen gentechnisch veränderten Kulturpflanze, auf aktuell 110.000 ha zu (2006: 62.200 ha). Erstmals nutzten polnische Landwirte den Bt-Mais (320 ha). In Frankreich hat sich der gv-Anbau sogar vervierfacht, aber auch in fünf anderen EU-Ländern zeigte sich eine zum Teil deutliche Ausweitung des Biotech-Anbaus: In Spanien um rund 40% auf 75.150 ha, in Tschechien von 1.200 auf 5.000 ha, in Portugal von 1.250 auf 4.500 ha und in der Slowakei von 30 auf 900 ha.
Eine knappe Verdreifachung hat es auch in Deutschland gegeben, wo die Anbaufläche von 950 ha auf 2.685 ha gestiegen ist. Die größte Fläche weist im Bundesländervergleich dabei Brandenburg auf. Hier wurden im Standortregister des BVL an 61 Standorten rund 1340 Hektar mit gentechnisch veränderten Maispflanzen registriert. An zweiter Stelle folgt Mecklenburg-Vorpommern, dann Sachsen und Sachsen-Anhalt.
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Gemessen an der Zahl der für den Biotech-Anbau 2008 gemeldeten Flächen von 4.346 ha scheint sich dieser Trend auch für dieses Jahr in Deutschland fortzusetzen. In anderen Ländern wie Polen oder Frankreich, die die Aussaat von Bt-Mais in diesem Jahr verhindern wollen, scheint ein weiterer Zuwachs hingegen ungewiss.