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Hybridchip testet Krebsmedikament

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Ein Hybridchip mit derzeit 16 Transistoren. Quelle: FH Kaiserslautern

21.12.2011  - 

Mikrochips spielen nicht nur in der Computerindustrie eine herausragende Rolle; auch in der Krebsforschung werden die kleinen Halbleiterelemente immer wichtiger. An der Fachhochschule Kaiserslautern entwickelt ein Team um Sven Ingebrandt ein Zell-Chip-Hybridsystem, welches Zustand und Schicksal einzelner Zellen überwacht. Zugleich testen die Forscher ein Krebsmedikament, ob es tatsächlich, wie vom Hersteller gewünscht, nur Tumorzellen attackiert oder auch gesunde Zellen. An dem Projekt sind das Forschungszentrum Jülich und die Firmen SymbioTec GmbH, die Dr. Gerhard Schmidt GmbH und Sony Deutschland beteiligt. Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen fördert das Bundesforschungsministerium das Projekt seit Mitte 2010 mit insgesamt 280.000 Euro.



Die Arznei der SymbioTec GmbH basiert auf Histonen. Diese Proteine sind in den Chromosomen für die Verpackung der DNA zuständig. Kommen Sie mit Krebszellen in Kontakt, offenbaren sie aber noch eine weitere erstaunliche Fähigkeit: Sie durchlöchern deren Membran und lassen die Tumorzellen damit absterben. Gesunde Zellen dagegen bleiben weitgehend verschont, weil die Histone nicht so stark an sie binden. Das Medikament nutzt diesen Mechanismus, derzeit befindet es sich in vorklinischen Testphasen.

Die Transistoren sind so winzig, dass sich nur jeweils eine Krebszelle auf einem Transistor anheften kann.Lightbox-Link
Die Transistoren sind so winzig, dass sich nur jeweils eine Krebszelle auf einem Transistor anheften kann.Quelle: FH Kaiserslautern

Innerhalb des Projekts soll nun die Wirkung des Mittels mit einer Verbindung aus Zelle und Transistor genauer untersucht werden. Mit bloßem Auge sind die Transistoren auf den Chips, die Sven Ingebrandt und sein Forschungsteam dafür benutzen, nicht zu erkennen. Durch eine Proteinbeschichtung erzeugen die Forscher auf den Chips eine zellähnliche Oberflächenstruktur. Wegen der geringen Größe der Transistoren siedelt sich auf jedem nur genau eine Zelle an. 

Mit Hilfe der Transistoren lässt sich jetzt die Aktivität der Zelle überwachen. „Wenn ich ein äußeres elektrisches Signal in die Kulturflüssigkeit gebe, wirkt die Zelle wie ein Dämpfer, der das ankommende Signal am Transistor entsprechend abschwächt“, erläutert Ingebrandt. Verändert sich nun etwas in der Zelle und in ihrer Membran, kommt es auch beim Signal zu einer Änderung.

Auswirkungen von Medikamenten auf elektrischem Weg testen

Auf diese Weise lässt sich der Effekt von Medikamenten testen. „Wir können zum Beispiel feststellen, wenn die Histone die Zellmembran perforieren und damit der natürlich programmierte Zelltod eingeleitet wird. Das elektrische Signal dringt sozusagen durch die Löcher in der Zellwand und ist damit stärker als wenn die Zelle unversehrt ist.“ Auch die drastische und weniger gewünschte Form des Zelltods, die Nekrose, lässt sich Ingebrandt zufolge bestimmen. Dann nämlich sollten die Sensoren kurzzeitig eine Änderung des pH-Werts an der Zellmembran aufzeichnen.

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Testsystem für patientennahe Diagnostik

Zurzeit arbeiten die Wissenschaftler mit Standard-Zelllinien aus dem Reservoir der Zellbiologie. Ab Ende des nächsten Jahres sollen diese Tests dann mit Zellen erfolgen, die das Team mit dem Einverständnis der Patienten aus Krebsoperationen erhält. „Unser Ziel ist ja, ein Testsystem für eine patientennahe, individualisierte Diagnostik zu schaffen“, erklärt Ingebrandt. „Auf diese Weise können wir dann tatsächlich herausfinden, ob das eingesetzte Medikament nur die Tumorzellen oder auch das gesunde Gewebe angreift.“ Solche Testsysteme könnten beispielsweise im Rahmen von Biopsien verwendet werden. 

Beim Projektende im Jahr 2013 sollen auch die Chiptechnologien deutlich besser sein. Derzeit sind Chips mit 16 Transistoren im Einsatz, das heißt, an 16 Punkten zugleich können Messungen durchgeführt werden. Das Ziel sind 1024 Testpunkte je Chip. Auch am Material, aus dem die Transistoren bestehen, tüfteln die Forscher. Momentan verwenden sie Silizium, was die Sensoren allerdings recht teuer macht und zudem nur nicht-transparente Chips ermöglicht. Darum gibt es auch Tests mit Polymeren.

 Ein derartiger Chip wäre ein großer Fortschritt. Zwar sind bereits Chipsysteme im Einsatz, die den Effekt von Arzneimitteln elektrisch erfassen. Allerdings haben sie den Nachteil, dass sich bei ihnen bislang nur Tests mit größeren Gewebeproben, nicht aber mit einzelnen Zellen durchführen lassen. Auch Elektronenmikroskope sind nur eingeschränkt anwendbar, denn diese erfordern einen erheblichen personellen und technischen Aufwand, so Ingebrandt. „Bei unserem System muss man ja einfach nur den Chip in die Lösung mit den Zellen legen, das Medikament hinzugeben und dann abwarten.“

Autorin: Anke Wilde

 

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