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Wie Perlen auf der Kette: Ribosomen in 3D

Dreidimensionale Rekonstruktion einer Proteinfabrik mittels Kryo-Elektronentomografie. Um Proteine noch effizienter herstellen zu können, schließen sich meist viele Ribosomen zu einem Polysom zusammen. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Dreidimensionale Rekonstruktion einer Proteinfabrik mittels Kryo-Elektronentomografie. Um Proteine noch effizienter herstellen zu können, schließen sich meist viele Ribosomen zu einem Polysom zusammen. Quelle: MPI Biochemie München

01.09.2010  - 

In der Zelle entstehen ständig neue Proteine, die für die verschiedensten Zwecke genutzt werden. Hergestellt werden sie in den so genannten Ribosomen. Wie eine einzelne dieser Proteinfabriken funktioniert, das ist mittlerweile schon recht gut verstanden. Wie die Ribosomen aber innerhalb der Zelle organisiert sind, war unbekannt, da niemand in eine intakte Zelle sehen konnte. Genau das haben Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biochemie (MPBI) in Martinsried bei München nun geschafft. Mit Hilfe der Kryo-Elektronentomografie konnten sie das Innere einer menschlichen Zelle erstmals dreidimensional abbilden, berichten die Forscher im Fachblatt Molecular Cell (Bd. 39, Ausg. 4, S. 560-569).



 


Menschliche Zellen sind außerordentlich komplexe Gebilde mit vielen verschiedenen Bestandteilen. Eine herausgehobene Rolle nehmen dabei die Ribosomen ein: Sie sind als Proteinfabriken der Zelle für die Herstellung von Proteinen zuständig. Den Bauplan dafür liefert unsere Erbinformation, die DNA. Die Informationen werden von einem Gen auf ein Stück Boten-RNA oder mRNA kopiert. Diese wird in den Ribosomen wie ein Lochstreifen abgelesen und daraus ein Protein gebaut.

Da die Ribosomen so bedeutsam sind, waren sie schon im Visier der Strukturbiologen. Erst vor kurzem gelang es Wissenschaftlern am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, aus Hunderten von Momentaufnahmen eines Ribosoms einen kurzen Film zu erstellen, in dem zu sehen ist, wie die mRNA im Ribosom abgelesen wird (mehr...).

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Ribosomen in ihrer natürlichen Umgebung

Und tatsächlich ist es mit verschiedenen Mikroskopiertechniken schon gelungen, die Gestalt von winzigen, isolierten Ribosomen zu betrachten. Doch meist sind Ribosomen in der Zelle nicht allein. Sie organisieren sich und reihen sich hintereinander wie auf einer Perlschnur in sogenannten Polyribosomen auf. Diese Anordnung beeinflusst aber auch ihre Funktion. Deshalb genügt die isolierte Betrachtung nicht, um vollständig zu verstehen, wie die Proteinproduktion innerhalb der Zelle abläuft und wie sie in die komplexen zellulären Strukturen und Prozesse eingebunden ist. Eine Beobachtung der Ribosomen in ihrer natürlichen Zellumgebung ermöglicht die Kryo-Elektronentomografie.

Die Technik wurde am Max Planck-Institut für Biochemie in Martinsried entwickelt, in der Abteilung Molekulare Strukturbiologie unter der Leitung von Wolfgang Baumeister. Um dreidimensionale zelluläre Strukturen abzubilden, wird die Zelle schockgefroren. Dabei bleibt ihre räumliche Struktur erhalten, ihre Eigenschaften verändern sich nicht. Nun nehmen die Forscher mit dem Elektronenmikroskop Bilder auf, und zwar – das ist der Clou – aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Blickwinkeln. Die einzelnen Bilder werden dann zu einer dreidimensionalen Rekonstruktion zusammengefügt. Mit Hilfe dieser Methode konnten die Max-Planck-Wissenschaftler jetzt zum ersten Mal eine dreidimensionale Abbildung einer intakten menschlichen Zelle erzeugen.

Bei allen Lebewesen sind Ribosomen gleich angeordnet

Wolfgang Baumeister und sein Kollege F.-Ulrich Hartl konnten mit dieser Technik bereits Polyribosomen des E.coli-Bakteriums analysieren und später auch einen Einblick in die Verteilung der Ribosomen in einer Bakterienzelle gewinnen. Jetzt wissen die Forscher, wie die Ribosomen innerhalb der menschlichen Zelle positioniert sind: Ihre Anordnung ist keinesfalls zufällig, sondern sorgt dafür, dass neu entstandene, noch ungefaltete Proteine großen Abstand voneinander einhalten. "Wir konnten eine ähnliche Positionierung schon bei bakteriellen Zellen beobachten, was darauf schließen lässt, dass die Ribosomen bei allen Lebewesen auf nahezu gleiche Weise angeordnet sind", erklärt Florian Brandt, Wissenschaftler am MPIB und Mitautor der Studie. "Diese räumliche Organisation der Ribosomen könnte darauf ausgerichtet sein, ein Verklumpen und eine daraus resultierende Fehlfaltung neu entstandener Proteine zu verhindern."

Die Arbeit der MPIB-Wissenschaftler stellt einen weiteren, wichtigen Schritt für die Zellbiologie dar, denn sie hilft dabei, die Verteilung der zellulären Bestandteile und damit die räumliche Organisation der gesamten Zelle besser zu verstehen. "Auch könnte in Zukunft interessant sein", so Brandt, "wie sich diese Organisation zum Beispiel in alternden und kranken Zellen ändert und welchen Einfluss das auf die Gesamteffizienz der Proteinproduktion und -faltung haben könnte."

 

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