Züchtung hinterlässt stärkere Spuren als Gentechnik
09.04.2010 -
Kritiker der grünen Gentechnik sorgen sich oft um die vermeintlich tiefgreifenden Auswirkungen, die das Einschleusen fremder Gene auf die Eigenschaften von Pflanzen hat. Die konventionelle Pflanzenzüchtung gilt im Vergleich hierzu meist als unbedenklich. Eine Studie von Pflanzenforschern aus Erlangen und Gießen zur Umweltverträglichkeit von gentechnisch veränderten (gv) Gerstensorten liefert neue Belege, die mit diesen Ansichten aufräumen. Wie die Forscher im Fachjournal PNAS (6. April 2010, Bd. 107, S. 6198) berichten, waren in den konventionell gezüchteten Sorten bis zu 1.600 Gene unterschiedlich aktiv, in den gv-Sorten waren es deutlich weniger. Das Fazit der Forscher: Die Züchtung ist der folgenreichere Eingriff.
Die Studie zur Erforschung der biologischen Sicherheit der gentechnisch veränderten Gersten erfolgte im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Ein Team um Uwe Sonnewald vom Lehrstuhl für Biochemie der Universität Erlangen-Nürnberg war an der Studie zusammen mit Forschern der Universität Gießen und der Washington State University beteiligt. Für das Projekt hatten die Forscher aus Washington zwei gentechnisch veränderte (gv) Gerstensorten entwickelt. Die eine enthielt ein zusätzliches Chitinase-Gen, die andere ein beta-Glucanase-Gen. Durch die Chitinase-Erbanlage sind die Gersten in der Lage, ein Enzym herzustellen, dass die Zellwand von Pilzen auflöst. Mit dieser neuen Ausrüstung sind die Gewächse also vor schädlichem Pilzbefall gewappnet. Die Gersten mit dem eingefügten Bauplan für Glucanase besitzen hingegen verbesserte Futtereigenschaften.
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Eingefügte Gene bewirken wenig Unterschiede
Wie die Forscher im Fachjournal PNAS (6. April 2010, Bd. 107, S. 6198) berichten, untersuchten sie bei den gv-Pflanzen, wie stark die gentechnische Ausstattung insgesamt zu Veränderungen der Pflanzeninhaltsstoffe und der Genaktivität führt. Dieselben Messungen führten die Pflanzenbiologen auch bei zwei konventionell gezüchteten Gerstensorten durch, die die Namen „Golden Promise“ und „Baronesse“ tragen. Ergebnis: In den gv-Pflanzen fanden die Forscher im Vergleich zu nicht veränderten Pflanzen nur sehr wenige Gene mit veränderter Aktivität. In den mit Chitinase-Gen aufgerüsteten Pflanzen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Genaktivität, bei den Pflanzen mit dem Glucanase-Gen zeigten 22 Gene ein verändertes An- und Abschaltmuster im Vergleich zu den nicht modifizierten Gerstenpflanzen. Die gemessenen Unterschiede waren also recht gering.
Ein anderes Bild erhielten die Forscher bei einem Vergleich der Genaktivität der Zuchtsorten „Golden Promise“ und „Baronesse“: Insgesamt bei 1.600 Genen spürten die Forscher hier signifikante Aktivitäts-Unterschiede auf. Welche Funktionen diese Gene haben, ist in den meisten Fällen noch nicht klar. Zu einer Schlussfolgerung kamen die Forscher aber doch: Klassische Züchtung verändert Pflanzen offenbar stärker als es der biotechnologische Zusatz einzelner Gene vermag. Kleine Unterschiede in der Erbgutsequenz (Mutationen), auf die Pflanzenzüchter aus sind, haben also eine wesentlich stärkere Wirkung auf die gesamte Pflanze als das Einschleusen eines einzelnen Gens, selbst wenn es aus einem anderen Organismus stammt.
Acker-Pilze verändern die Inhaltstoffe
Die Sicherheitsstudie der Gießener Forscher um Karl-Heinz Kogel war die erste ihrer Art in Deutschland, in der gv-Gerste im Freiland gepflanzt wurde. Seit dem Start 2006 löste der Versuch viele Diskussionen aus (mehr...). Schon im vergangenen Jahr hatten die Pflanzenforscher herausgefunden, dass nützliche Mykorrhiza-Bodenpilze nicht durch die transgenen Gersten beeinträchtigt werden. Nun stellten Kogel und sein Team zusätzlich fest, dass eine Besiedelung der Pflanzen mit Mykorrhiza-Pilzen der Gattung Glomus die Stoffzusammensetzung der Gersten-Blätter erheblich verändert, unabhängig davon, ob es sich um gv-Pflanzen handelt oder nicht.