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Prächtige Klone aus dem Orchideen-Labor

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Erdorchideen wie diese Frauenschuh-Arten der Gattung Cypripedium sollen bald als Zierpflanzen für den Garten vertrieben werden. Dazu müssen sie aber im großen Stil vermehrt werden. Quelle: Dieter Schmidt / In Vitro Plant Service

24.03.2010  - 

Orchideen gehören zu den Königinnen unter den Zierpflanzen. Keine andere Pflanzenfamilie hat ein so breites Spektrum an Blütenfarben und –formen hervorgebracht. Lange waren die exotischen Gewächse vor allem wenigen Liebhabern mit dicken Geldbörsen zugänglich. Erst die Massenvermehrung in der in vitro-Gewebekultur hat den Aufschwung der tropischen Orchideen als erschwingliche Zierpflanzen ermöglicht. Auch in Europa kommen Orchideen vor. Gartenmärkte würden sie nur zu gerne als Zierpflanzen für den Gartenbau vertreiben. In einem Forscherverbund erproben daher drei Pflanzenbetriebe und Botaniker von der Humboldt-Universität in Berlin, ob sich die Gartenorchideen züchten und ebenfalls mit Labortechniken im großen Stil vermehren lassen. Das Projekt wird vom BMBF in der Förderinitiative „KMU innovativ“ unterstützt.

Die Projektpartnern des Verbunds haben es besonders auf europäische Erdorchideen-Arten der Gattungen Dactylorhiza (Knabenkräuter) und Cypripedium (Frauenschuh) abgesehen. Schon die Wildformen dieser Orchideen entwickeln prachtvolle Blüten, doch in der freien Natur muss man meist sehr genau hinschauen, bis man die Schönheiten im Gras entdeckt.„In unserem Projekt haben wir durch Kreuzungen neue Varianten gezüchtet, zum Beispiel Knabenkräuter mit 80 Zentimeter hohen Blütenständen“, erläutert Sonja Merkle, Geschäftsführerin der Reinhold Hummel GmbH & Co. KG in Stuttgart.

Im Gewebelabor werden die Meristeme der Orchideen vermehrt. Auf Nährmedien mit Phytohormonen entwcickeln die Klone Wurzeln und Sprosse.Lightbox-Link
Im Gewebelabor werden die Meristeme der Orchideen vermehrt. Auf Nährmedien mit Phytohormonen entwickeln die Klone Wurzeln und Sprosse.Quelle: Humboldt-Universität-Berlin

Die Biologin leitet einen Gartenbau-Betrieb, der sich eigentlich auf die Massenvermehrung von Erdbeeren und Himbeeren spezialisiert hat. Bis zu fünf Millionen Erdbeerpflänzchen werden hier jährlich „geklont“, das heißt sie werden durch eine bestimmte Gewebetechnik ungeschlechtlich vermehrt. Nun möchte die Firma Hummel auch die Massenvermehrung für europäische Gartenorchideen etablieren und markttauglich machen.  Dazu haben sich die Stuttgarter mit Orchideen-Experten der Firma In vitro Plant Service in Quedlinburg und der Steva GmbH in Rhede zusammengetan. „ Wir wollen damit an die Erfolge bei den tropischen Orchideen anknüpfen“, sagt Sonja Merkle.  In ihrem Vorhaben werden die Pflanzenbetriebe von Botanikern um Kurt Zoglauer von der Humboldt-Universität in Berlin wissenschaftlich unterstützt. Gefördert wird das Konsortium von 2005 bis 2010 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderinitiative „KMU innovativ“ mit insgesamt 1,5 Millionen Euro.

Erst die Meristemvermehrung löste Boom aus

Orchideen lassen sich auf natürlichem Wege nur sehr schwer vermehren. Mangels eigener Nährstoff-Depots benötigen die Samen für das Wachstum meist noch bestimmte Pilze als Partner. Bei dieser komplizierten Prozedur haben Pflanzenzüchter oft hohe Ausfallraten zu beklagen.

Massenvermehrung von Gartenorchideen

An dem Verbundprojekt sind drei Pflanzenbetriebe und ein Universitätsinstitut beteiligt.

Reinhold Hummel GmbH:&Co KG: hier klicken

In vitro Plant Service: hier klicken

Steva GmbH: hier klicken

AG Zoglauer (Humboldt-Universität Berlin): hier klicken

Das ist auch der Hauptgrund, warum die edlen Gewächse nur in geringen Stückzahlen und zu hohen Preisen zu haben waren. Erst eine biotechnologische Technik hat die Vermehrung von Orchideen im industriellen Maßstab ermöglicht: Die in vitro-Gewebekultur. Bei dieser Technik werden die Bildungsgewebe (Meristeme) an der Spross- oder Wurzelspitze in winzige Stückchen aufgeteilt und in Kulturschalen mit speziellen Nährmedien zum Wachsen angeregt. Behandelt man die kleinen Zellhaufen über mehrere Wochen mit einem bestimmten Cocktail an Phytohormonen, dann treiben sie winzige Wurzeln und Sprosse aus. Nach mehreren Vermehrungsschritten geht aus den Zellklumpen jeweils eine komplette Pflanze hervor.  Bei dieser ungeschlechtlichen Meristemvermehrung  entstehen also genetisch identische Abkömmlinge der Mutterpflanze, die im Fachjargon Klone genannt werden. „Die in vitro-Vermehrung ließ sich wider Erwarten sehr gut auf unsere gezüchteten Erdorchideen-Sorten anwenden“, sagt Sonja Merkle , „auf diese Weise konnten mehrere 10.000 Orchideen-Klone jährlich gewonnen werden“. Allein die Firma Hummel betreibt ein Gewebekultur-Labor mit zehn Steril-Arbeitsplätzen, die Klone werden dann in Weckgläsern unter 500 Quadratmetern belichteter Regalfläche herangezogen.

KMU innovativ

Mit der Inititative "KMU-innovativ" fördert das BMBF risikoreiche Forschungs- und Entwicklungsprojekte von kleinen und mittleren Unternehmen.

Mehr Informationen:  hier klicken

Doch auch nach der erfolgreichen Vermehrung im Labor galt es noch eine Reihe an Herausforderungen zu meistern. Haben die Orchideen-Klone erst einmal Wurzeln und Stängel mit Blättern entwickelt, werden sie in Gewächshäuser gebracht, in Erde verpflanzt und dort akklimatisiert. „Gerade bei diesem Schritt hatten wir mit einigen Problemen zu kämpfen“, erzählt Merkle, „die jungen Pflanzen sind in Massen abgestorben.

“Erst nach mühsamen Analysen der Wachstumsbedingungen haben die Projektpartner das Problem in den Griff bekommen: „Die Erdorchideen sind sehr sonnenempfindlich und müssen daher im Schatten wachsen“, erläutert Merkle. Ansonsten sind die prächtigen Gewächse offenbar sehr genügsam - sie dürfen nicht zu feucht und nur mit wenig Dünger gehalten werden. „2009 ist uns so der Durchbruch gelungen, da wurden 12.000 Orchideen ins Freiland gebracht“, zieht Merkle Bilanz.

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Blüten erscheinen erst nach vier Jahren

Erst in drei bis vier Jahren werden die Pflanzenexperten wissen, wie zuverlässig die Massenvermehrung ihrer Knabenkräuter und Frauenschuh-Orchideen funktioniert hat. Dann erst öffnen die Gartenorchideen nämlich ihre erste Blüten. Erst hier können die Züchter überprüfen, ob ihre Orchideen-Klone keine genetischen und optischen Veränderungen angesammelt haben, also sortenecht sind. „Ein solches Projekt ist ohne Förderung für kleine Betriebe gar nicht zu stemmen“, so Merkle.

Der Plan für die nächsten Jahre: Die Pracht-Gewächse sollen möglichst mit einem Stückpreis unter zehn Euro in Gartencentern vertrieben werden. „Wir wollen die Pflanzen blühend verkaufen.“

Liebhaber sollten dann den Orchideen in ihrem Garten ein Plätzchen im Gehölzschatten reservieren. „Dank ihrer Knollen sind die Erdorchideen unverwüstlich“, sagt Merkle, „einmal gepflanzt kommen sie jedes Jahr wieder“. Und werden Ende Mai einmal mehr ihrem Ruf als Königinnen unter den Blumen gerecht.

 

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