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Synthetische Biologie: Designer-Eiweißfabrik funktioniert

Eiweißfabriken mit neuem Design: Britische Forscher haben den genetischen Code umgeschrieben und Ribosomen so umprogrammiert, dass sie Proteine mit völlig neuen Eigenschaften herstellen können. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Eiweißfabriken mit neuem Design: Britische Forscher haben den genetischen Code umgeschrieben und Ribosomen so umprogrammiert, dass sie Proteine mit völlig neuen Eigenschaften herstellen können.

17.02.2010  - 

Die Synthetische Biologie verwendet die Bausteine des Lebens, um damit biologische Systeme mit völlig neuen Eigenschaften zu entwerfen. Eine Vision der Bioingenieure: Solche Designer-Lebewesen sollen zum Beispiel künstliche Eiweiße erzeugen, die kein Vorbild in der Natur haben. Für dieses Ziel muss aber der natürliche genetische Code umgeschrieben werden, der wie eine universelle Grammatik die Produktion vielfältiger Eiweiße in der Zelle regelt. Britischen Forschern von der University of Cambridge ist nun ein wichtiger Schritt in diese Richtung gelungen. Wie sie in der Fachzeitschrift Nature (14. Februar 2009, Online-Vorabveröffentlichung) berichten, bauten sie den Proteinsynthese-Apparat in Bakterien so um, dass er nun eine erweiterte Form des genetischen Codes lesen kann.  Damit erhöht sich die Vielfalt für mögliche Kunst-Eiweiße enorm.

Proteine sind die Bausteine des Lebens. Sie sind aus Ketten aneinandergereihter Aminosäuren aufgebaut. Die Zelle baut sich die Proteine selbst zusammen, und zwar in zwei Schritten. Zunächst wird die genetische Information der DNA in Form einer Boten-RNA abgeschrieben (Transkription). In den Eiweißfabriken der Zelle, den Ribosomen, wird der genetische Text der RNA dann in eine Kette von Aminosäuren übersetzt (Translation). Der genetische Code liefert hierbei so etwas wie die Anleitung, mit dem die Ribosomen die RNA entziffern und in ein Protein übersetzen. Der natürliche genetische Code funktioniert so: Eine bestimmte Reihenfolge aus drei Erbgutbausteinen auf der RNA, das Codon, bildet jeweils einen Sinnabschnitt  für die Übersetzung in eine bestimmte Aminosäure. Das Triplett „CGA“ auf der RNA wird vom Ribosom erkannt und in die Aminosäure Arginin übersetzt. Diese genetische Sprache ist universell und wird von allen Organismen in der Natur genutzt. Doch der natürliche genetische Code stößt auch an Grenzen: Da es im genetischen Alphabet nur vier Buchstaben (die Nukleotide A,C,G, T bzw. U) gibt, und ein Triplett für eine Aminosäure steht, sind theoretisch höchstens 43, also 64 verschiedene Triplett-Kombinationen möglich. Im Repertoire der Nature existieren jedoch nur 20 Aminosäuren, so dass zum Teil mehrere Triplett-Kombinationen für eine einzelne Aminosäure kodieren.

Die Vielfalt herstellbarer Kunstproteine erhöht

Forscher in der aufstrebenden Disziplin der Synthetischen Biologie wollen diese Begrenzung aufheben, um einmal synthetische Eiweiße mit interessanten Eigenschaften herzustellen. Forscher um Jason Chin von der Cambridge University in Großbritannien ist es jetzt in einer Pionierarbeit gelungen, den genetischen Code von Bakterien zu erweitern. Dafür schufen sie eigens ein künstliches Ribosom, das in der Lage ist, eine Abfolge von 4 Nukleotiden als Sinneinheit in eine Aminosäure zu übersetzen. Der Vorteil: durch diesen Quadruplet-Code können theoretisch 44, also 256 verschiedene Aminosäuren zugeordnet werden. Die Quadruplets will das Team um Chin nutzen, um künstliche Aminosäuren in Designerproteine einzubauen.  Für ihren Plan, die Übersetzungsregeln des genetischen Codes zu verändern, war jedoch einiges an Tüftelarbeit nötig. Denn die Forscher mussten die gesamte an der Entzifferung des üblichen Triplettcodes beteiligten Protein-Syntheseapparat in der Zellen umkonstruieren.

Den kompletten Proteinsynthese-Apparat umgebaut

Drei wesentliche Teile der Zellfabrik formten die Forscher um. Zum einen veränderten sie das aktive Zentrum des Ribosoms derart, dass es immer nur vier anstatt drei Nukleotide als Raster erkennen kann. Weiterhin modifizierten sie die so genannten Transfer-RNAs (tRNAs), die die jeweils für die wachsende Eiweißkette einzubauende Aminosäure in das Ribosom anliefern. Desweiteren erschufen Chin und sein Team noch weitere spezielle RNA-Moleküle, sogenannte Synthese-RNAs:

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Diese sorgten dafür, dass die tRNAs mit der richtigen - in diesem Fall mit der künstlichen - Aminosäure beladen werden. Dass die neuartige Proteinfabrik prinzipiell funktioniert, konnten die Forscher ebenfalls schon unter Beweis stellen: Mit ihr erschufen sie ein winziges Protein, welches durch die künstlichen Aminosäuren in der Lage war, chemische Vernetzungen auszubilden, die in der Natur nicht vorkommen.

Eine Reihe von Forschern aus der Synthetischen Biologie wertete die Studie von Chins Team als wichtigen Fortschritt für die Zunft. US-Genompionier Craig Venter sagte dem Magazin New Scientist: „Das ist ein beeindruckender Fortschritt, der neue theoretische Horizonte in der Synthetischen Biologie eröffnet“. Venter ist selbst derzeit damit beschäftigt, synthetische Lebensformen zu entwickeln (mehr...).

Den genetischen Code umwidmen

Für den Biotechnologen Nedijko Budisa vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried liefert die britische Publikation „eine wunderschöne Machbarkeitsstudie, die zeigt, wie man die Zahl der Codons erhöhen und nach Wunsch umwidmen kann“.“ Trotzdem ist der gebürtige Kroate bei seiner Bewertung möglicher Anwendungen vorsichtig: „Die große Frage ist: wie effizient ist dieses System?“ Aus seiner Sicht eignet sich die vorgestellte Quadruplet-Methode vor allem für die Herstellung einzelner und eher einfacher Proteine.

Auch Budisa forscht an neuen Verfahren, mit denen sich die Übersetzungsregeln für Proteine verändern und der genetische Code erweitern lassen (Code Engineering). Im Jahr 2005 wurde Budisa mit dem BioFuture-Preis vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgezeichnet, inzwischen hat er einen Ruf an die TU Berlin angenommen (mehr...). Der Ansatz: Die Forscher wollen einige der ohnehin mehrfach belegten Triplett-Kombinationen im natürlichen genetischen Code umwidmen. Dazu werden Zellen derart umprogrammiert, dass sie ganz neue, künstliche Aminosäuren in die entstehenden Eiweißketten einbauen. „Wir wollen auf diese Weise ganze Proteome chemisch verändern“, sagt Budisa. „ Das ist ein notwendiger Schritt, um überhaupt einmal so etwas wie künstliches Leben zu erschaffen.“

 

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