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Chronobiologie: So tickt das Immunsystem

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Makrophage in Aktion: Gelb eingefärbte Tuberkulosebakterien werden umschlossen, ins Innere gezogen und dort unschädlich gemacht. Quelle: Volker Brinkmann / Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie

04.12.2009  - 

Morgens ist es ganz schlimm, hören Ärzte immer wieder von Rheumapatienten. Das hat nichts mit eingerosteten Gelenken zu tun, sondern eher mit der inneren Uhr des Immunsystems. Dass die Körperabwehr zu unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedlich reagiert, beobachten Mediziner schon länger. Jetzt hat eine Forscherteam um Achim Kramer von der Charite-Universitätsmedizin Berlin den Mechanismus zum ersten Mal bei Fresszellen des Immunsystems genau untersucht. Die Ergebnisse, die im Fachblatt Proceedings of the Academy of Science (Online-Vorabveröffentlichung, 1. Dezember 2009) veröffentlicht wurden, könnten helfen, den optimalen Einnahmezeitpunkt für Medikamente zu bestimmen.


Bei Entzündungskrankheiten wie Rheuma oder Asthma ist es das eigene Immunsystem, das sich gegen den Körper richtet. Oft folgen die täglichen Beschwerden dabei einem bestimmten zeitlichen Rhythmus, den Mediziner schon seit längerem auf Schwankungen in der Aktivität des Immunsystems zurückführen. Doch in welchen Zellen die innere Uhr tatsächlich tickt und was sie im Detail bewirkt, war bisher unbekannt.

Leuchtkäferenzym zeigt Rhythmus der Fresszellen an

Achim Kramer beschäftigt sich seit Jahren mit der Chronobiologie und ihren genetischen Wurzeln (mehr...). Jetzt fand seine Arbeitsgruppe am Institut für Medizinische Immunologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin heraus, dass es die Makrophagen sind, die den Takt des Immunsystems vorgeben. Die Makrophagen gehören zu den weißen Blutkörperchen, die bei der Abwehr von schädlichen Stoffen und der Vernichtung von Mikroorganismen und Tumorzellen mitwirken. Die auch als große Fresszellen bezeichneten beweglichen Zellen werden ständig im Knochenmark neu gebildet. Sie zirkulieren in den Blutgefäßen, sind aber auch in den verschiedenen Geweben und Organen präsent. Als Teil des angeborenen Immunsystems können sie körperfremde Substanzen erkennen und diese unschädlich machen. Das geschieht durch die sogenannte Phagozytose, ín deren Verlauf der Makrophage das Ziel einschließt und verdaut.  Außerdem alarmieren sie das Immunsystem und bilden dazu Botenstoffe wie Interleukine und Interferone oder den sogenannten Tumornekrosefaktor (TNF).

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Makrophagen sind aber offenbar auch die Taktgeber des Immunsystems, wie die Forscher herausfanden. Sie isolierten einige Fresszellen aus der Milz und den Lymphknoten von Mäusen und platzierten sie in einer Kulturschale. Dann wurden die Fresszellen auf gentechnischem Wege mit dem Leuchtkäferenzym Luciferase ausgestattet. Dieses Enzym macht die Aktivität bestimmter Gene in den Makrophagen sichtbar. Wird also ein Gen verstärkt abgelesen, leuchtet das Enzym stärker auf, ruht die Ablesetätigkeit, bleibt es dunkel. Die Wissenschaftler konnten nun beobachten, dass über den Tag verteilt die Helligkeit der Enzymleuchten tatsächlich schwankte. Zudem folgen die Aktivitäten im Tagesverlauf einem ganz besonderen Rhythmus. Damit stand fest: Die Makrophagen sind die innere Uhr des Immunsystems. Wie die Forscher herausfanden, sind sie dabei sind sie nicht von ihrer Umgebung abhängig, sie behalten ihren Takt bei, auch wenn sie sich alleine in einer Kulturschale befinden.

Rheuma: gerade morgens steife Gelenke

Das Muster der Genaktivität ist recht komplex. Unterschiedliche Gene werden im Zellkern des Makrophagen je nach Tageszeit unterschiedlich oft abgelesen. Diese Schwankungen auf kleinster Ebene sind es, die Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder Asthma häufig spüren, vermuten die Wissenschaftler. "Unsere Studie hilft uns zu verstehen, wie das Immunsystem zu den verschiedenen Tageszeiten arbeitet, warum also zum Beispiel Rheumapatienten gerade morgens unter ihren steifen Gelenken besonders leiden", sagt Kramer.

Jetzt hoffen Kramer und seine Kollegen, diese neuen Erkenntnisse auch bei der Behandlung von Entzündungskrankheiten einsetzen zu können. Kramer blickt bereits in die Zukunft: "Unsere Studie könnte es ermöglichen, Medikamente gezielt zu den Tageszeiten einzusetzen, an denen sie am besten wirken und die wenigsten Nebenwirkungen haben." 

 

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