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Michael Sittinger: Der Zellenzüchter

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Dr. Michael Sittinger, Molekularbiologe an der Charité Berlin. Quelle: BIOCOM AG

03.11.2005  - 

Michael Sittinger liebt Herausforderungen. Am meisten kann sich der Molekularbiologe und Rheumaforscher von der Berliner Charité deshalb für Themen begeistern, bei denen er Neuland betreten muss. Sein aktuelles Ziel: Er will verletzte Knie dazu bringen, sich selbst zu heilen.

Dabei begann eigentlich alles ganz anders. Nach der Schule absolvierte der gebürtige Passauer nämlich zunächst eine Berufsausbildung als Elektroniker. Tagaus, tagein beschäftigte er sich mit Transistoren und Stromkreisläufen.

Doch irgendwann – wie, weiß der 43-Jährige heute selbst nicht mehr genau – trat die DNA in sein Leben. Dieses gigantische Molekül namens Desoxyribonukleinsäure, das sämtliche Erbinformationen speichert. „Ich fand es unglaublich, dass das ganze Leben in nur vier Buchstaben ausgedrückt werden kann“, erinnert sich Sittinger. Mit den Buchstaben meint er die vier Basen Cytosin, Adenin, Thymin und Guanin. Aus ihnen setzt sich die Doppelhelix der DNA zusammen. Als er sich genauer mit diesen Minibauteilen des Lebens beschäftigte, war längst klar: Um ein Biologie-Studium kommt er nicht mehr herum. „Ich wollte einfach ganz genau wissen, wie die Zellen in unserem Körper funktionieren“, sagt Sittinger.

Von den Zellen, der kleinsten lebenden Einheit des Menschen, ist der Vater dreier Töchter noch heute fasziniert. Seitdem Sittinger zur forschenden Zunft zählt, kann er seine Finger nicht mehr von Zellkulturen lassen. Heute gilt er als Experte für regenerative Medizin. Sittinger leitet das Labor für Tissue Engineering an der Charité und züchtet dreidimensionalen Gewebeersatz aus menschlichen Zellstrukturen: Zahnknochen, Luftröhren oder Knieknorpel. In der Medizin wird solches Gewebe, das direkt vom Patienten gewonnen wird, immer häufiger in Implantaten eingesetzt. „Das Immunsystem erkennt die körpereigenen Zellen und stößt ein solches Implantat nur selten ab“, erklärt der Wissenschaftler. Bei Knorpelverletzungen am Knie wird etwa ein so genanntes Autologes Chondrozyten-Transplantat (ATC) verwendet.

Im Moment sind er und seine Kollegen beim nächsten Schritt: Ein verletzter Knorpel im Knie soll sich von selbst heilen können. „Wir wollen die Zellentnahme und Züchtung außerhalb des Körpers überflüssig machen “, sagt Sittinger. Implantate aus speziellen Biomaterialien im Knie sollen dafür sorgen, dass körpereigene Stammzellen zum Knorpel angelockt werden und dort auf Befehl neues Knorpelgewebe bilden.

Was sich so leicht anhört, ist in der Praxis ziemlich kompliziert. Die Stammzellen müssen nicht nur den richtigen Weg finden und die richtigen Zellen ausbilden. Gleichzeitig sollen sie genau in der Stärke wachsen, wie es der Defekt am Knie erfordert. Dafür müssen spezielle Wachstumsfaktoren und chemotaktische Signale ausprobiert werden. „Derzeit versuchen wir, den Ablauf in Bahnen zu lenken, die wir steuern können“, erklärt Sittinger. Langfristig soll sich auf diese Weise auch anderes verletztes Gewebe selbst regenerieren können.

Um Probleme dieser Art zu lösen, muss sich der Biologe mit Medizinern, Chemikern oder Physikern austauschen. Von solchen Diskussionen kann er gar nicht genug bekommen: „Neue Ideen entstehen immer, wenn Leute aufeinander treffen, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen.“ Manchmal hilft aber auch der Zufall ein wenig nach. So wie bei seiner Promotion über Knorpeltransplantate Anfang der 90er Jahre.  Da ließ er ein paar Knorpelzellen unbeachtet in der Zellkultur und nach ein paar Tagen ähnelten sie einem kleinen Klumpen. An dreidimensionales gezüchtetes Gewebe war damals noch nicht zu denken, aber bei Sittinger machte es klick: „Als ich das sah, dachte ich: So etwas muss ich ausprobieren.“

 

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