Thomas Schmidt: Die Guten ins Töpfchen
01.06.2011 -
Thomas Schmidt hat die IBA GmbH weder gegründet noch gehört sie ihm. Doch Schmidt hat trotzdem geschafft, wovon viele Entrepreneure träumen. „Meine Idee ist zum Produkt und schließlich auch zum Verkaufserfolg geworden.“ Als Schmidt 1994 zur IBA berufen wurde – auf der Teamseite im Internet steht tatsächlich berufen –, da ist er gerade mal dreißig Jahre alt, auf seinem Gebiet aber schon eine Autorität. Das liegt zum Teil an dem Gespür für gute Namen, mit dem der Biologe seine Karrierestationen wählte. Bei der IBA GmbH ist Schmidt mittlerweile für das Tagesgeschäft verantwortlich.
Ein Jahr nach seiner Geburt ziehen die Eltern von Thomas Schmidt nach Luxemburg. Dort wächst er in Mersch auf, einem beschaulichen Städtchen nördlich der Hauptstadt. Ein bis zweimal ist Schmidt auch noch in seiner alten Heimat. Der Vater baut Orgeln. Dass Schmidt Biologe geworden ist, liegt maßgeblich an einem damaligen Bekannten. „Der erzählte mir, wie toll das Fach ist.“ Das Studium bescherte Schmidt nicht nur seinen Beruf, sondern auch seine Frau, eine ehemalige Kommilitonin aus Münchner Zeiten. Wenn er nicht gerade seine 5.000 Kilometer im Jahr auf dem Rennrad abfährt, widmet sich Schmidt in der Freizeit seiner Frau und seinen beiden Kindern.
Nach dem Studium in München schrieb er seine Diplomarbeit zu rekombinanten Antikörpern bei Andreas Plückthun. Am Frankfurter Max-Planck-Institut für Biophysik promovierte er als Luxemburger Stipendiat über molekulare Erkennung und schuf zusammen mit Arne Skerra sein Meisterstück: das Strep-tag®, ein Werkzeug zur Detektion und Reinigung rekombinanter Proteine.
"Es musste ja Geld reinkommen"
Was damals noch Grundlagenforschung war, macht heute den größten Teil des Umsatzes der IBA GmbH aus. Lange Zeit war Fortbildung das lukrativste Geschäftsfeld der Firma. Schmidt selbst gab etliche Kurse zur Molekularbiologie und Herstellung rekombinanter Proteine. Das Gebot der Stunde war Pragmatismus. „Wir haben einiges gemacht, es musste ja Geld reinkommen“, sagt Schmidt. Mehr oder weniger nebenbei versuchte er zusammen mit dem Gründer Herbert Stadler, die Produkte der Zukunft zu schaffen. Der Weg zum Erfolg war gewunden. Das verbindet die IBA mit vielen anderen deutschen Biotechnologie-Unternehmen. Was sie unterscheidet, war der Wille, ihn selbstbestimmt und möglichst ohne Wagniskapital zu beschreiten.
Es dauerte, bis die IBA Schritt für Schritt zu dem wurde, was sie heute ist, ein mittelständisches Unternehmen mit 40 Mitarbeitern, das für alle Stufen der Produktion von rekombinanten Proteinen etwas im Angebot hat: von der Nukleinsäuresynthese über Expressionsvektoren, vom eigenen Klonierungssystem Stargate® bis zur Aufreinigung, den Affinitätssäulen und geeigneten Assays. „Es ist wie damals beim Goldrausch“, sagt Schmidt. „Von den Goldsuchern ist keiner reich geworden. Verdient haben diejenigen, die ihnen die Schaufeln verkauft haben.“ Schmidt hat der IBA mit dem Strep-tag® nicht nur ihren aktuellen Bestseller beschert.
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Der Wunsch: Die Markierung wieder ablösen
Der Produktentwickler ist auch gerade für ein Projekt verantwortlich, das die Göttinger in neue Umsatzsphären katapultieren könnte. Die Idee hatte ein IBA-Kunde. Dirk Busch vom Institut für Medizinische Mikrobiologie an der Technischen Universität München suchte nach einer Markierung, die sich von den T-Zellen, mit denen er arbeitete, auch wieder ablösen lassen sollte. Der erhoffte Durchbruch waren die MHC-Streptamere® jedoch nicht. „Wir dachten, das wird riesengroß“, sagt Schmidt im Rückblick. „Da waren wir zunächst schon enttäuscht.“ Der passionierte Rennradfahrer Schmidt dachte aber schon damals weiter als bis zur nächsten Kurve und blieb an dem Thema dran.
IBA GmbH |
Die Fab-Streptamere sind das neueste Produkt der 1990 in Göttingen gegründeten IBA GmbH. mehr Informationen: hier klicken |
Seit Herbst 2010 sind die Fab-Streptamere auf dem Markt. „Es ist kurios“, sagt Schmidt, „bei der Patentierung ist das Prinzip bereits vermerkt, aber erst kürzlich haben wir es wieder aufgegriffen und umgesetzt.“ Im Rückblick klingt alles ganz einleuchtend. Warum sollte man sich auf T-Zellen beschränken, wenn sich grundsätzlich alle eukaryotischen Zellen so markieren lassen? Und die Methode ist ja auch wirklich elegant: ein einziger Durchgang, erfreulich hohe Reinheit, keine Aktivierung der empfindlichen Zellen. Schmidt telefoniert gerade ständig mit Entwicklern, um das Portfolio rasch zu vergrößern. „Wir wollen schnellstmöglich vorankommen, denn die ersten Zahlen sind vielversprechend.“ Der Goldrausch dauert an. Gute Schaufeln werden immer gebraucht.
Autor des Textes: Christoph Mayerl