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Heinz Schwer: Evolution im Zeitraffer

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Heinz Schwer gründete im Dezember 2000 zusammen mit Octavian Schatz die Sloning Biotechnology GmbH. Heute ist er deren Geschäftsführer. Quelle: Sloning Biotechnology

05.10.2010  - 

Geboren 1967 im bayerischen Ernsgaden, sieht es zunächst nicht so aus, dass Heinz Schwer einmal als molekularbiologischer Grundlagenforscher nach Boston zieht. Die Urgroßeltern betrieben eine Wagnerei, die Großeltern waren in der Landwirtschaft. Dem Vater folgte Schwer in die Erdölraffinerie Ingolstadt. Damit endete die Tradition. Studium der Chemie, Forschungsarbeit in Boston, Firmengründer im Zukunftsfeld Biotechnologie. Heute hat die Sloning Biotechnology GmbH 27 Mitarbeiter. „2010 werden wir profitabel“, sagt Schwer. Der Unternehmer, der in Volksmusikgruppen auftrat, um sich Geld fürs Studium zu verdienen, lebt derzeit mit seiner Familie im Allgäu. Seine Frau lernte er 2001 kennen, im Zug auf dem Weg zur Biotechnica in Hannover.




 

An einem Frühlingstag im Jahr 2008 wird Heinz Schwer bewusst, dass er sein Unternehmen zerstören muss. Wenig später tritt er vor die versammelten Investoren der Sloning Biotechnology GmbH und erklärt ihnen, dass sie Millionen von Euro ins falsche Geschäftsmodell gesteckt haben. Die Botschaft ist pikant, der Zeitpunkt ist es besonders. Denn erst seit einigen Monaten verkaufen die Münchener tatsächlich die ersten synthetischen Gene, nach sechs Jahren Forschungsarbeit. Nun behauptet der CEO, dass sich in Deutschland damit bald kein Geld mehr verdienen lassen wird. Wegen des absehbaren Preisverfalls und der Konkurrenz aus Asien. „Es herrschte erstmal Entsetzen“, erinnert sich Schwer. Warum umschwenken auf Genbibliotheken für die Proteinsynthese? Warum noch einmal von vorne anfangen? Schwer schwitzte, insistierte, überzeugte. Am Ende eines langen Tages hieß es: „Dann machen Sie mal, Herr Schwer.“

In Puchheim bei München arbeiten derzeit knapp 30 Menschen bei der Sloning Biotechnology GmbH.Lightbox-Link
In Puchheim bei München arbeiten derzeit knapp 30 Menschen bei der Sloning Biotechnology GmbH.Quelle: Sloning Biotechnology

"Mir wurde klar, wie viel Zeit ich verschwendet hatte"

Und Schwer hat gemacht. So wie immer schon. „Ich habe ein Faible dafür, Dinge zu bewegen.“ Zuallererst sich selbst. Als Chemikant in der BP-Erdölraffinerie Ingolstadt, als Student der organischen Chemie in Regensburg, als Postdoc am Harvard Institute of Medicine und am Dana Farber Cancer Institute in Boston. Der Grundlagenforscher Heinz Schwer war 33 Jahre alt und  in Schwung. In den USA war ihm klar geworden „wie viel Zeit ich in Deutschland verschwendet hatte“.

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Dann kam alles anders. Auf einer Konferenz im Jahr 2000 traf er den Wissenschaftler Octavian Schatz, der von einer neuen intelligenten Methode der Genysnthese schwärmte. Noch im Dezember wurde Sloning Biotechnology gegründet, mit Schatz als CEO und Schwer als wissenschaftlichem Leiter, im März 2001 überwiesen die Seed-Investoren um 3i die ersten 1,5 Millionen Euro, im August zog die Firma in ihr Quartier in Puchheim bei München, wo sie heute noch sitzt. Ein Start im Zeitraffer. Nach wenigen Monaten wäre es auch schon fast wieder aus gewesen. 3i kündigt den Rückzug an. Schwer trifft in München Jack Obijeski, bei Genentech zuständig für das Product Development. Die beiden verstehen sich. „Was wäre wohl gewesen, wenn Jack kein Fan der Boston Red Sox gewesen wäre?“ Auf seine Empfehlung hin kommt Sloning 2002 in die Obhut der schweizerischen HBM Bioventures.

Strauß an klar definierten Proteinvarianten

2005 übernimmt Schwer den Posten als CEO von Mitgründer Schatz. „Von da an da habe ich alles neu aufgezogen.“ Zwei Jahre später gibt es die ersten Produkte. „Zuvor haben wir eine Google-basierte Forschung betrieben und geguckt, was gut sein könnte“ sagt Schwer. „Das ist zu theoretisch. Man muss schnell auf den Markt, nur durch den Kundenkontakt entstehen Produkte, die sich verkaufen lassen.“ Im Fußball spielt Schwer gerne offensiver Libero. „Ich organisiere meine Verteidigung, und dann im richtigen Moment, das Tor.“ 2010 soll Sloning zum ersten Mal profitabel werden. Die Fähigkeit von Sloning, einen Strauß an klar definierten Genvariationen für Proteine wie Antikörper oder Enzyme herzustellen, scheint gut anzukommen. „Die Kunden sind begeistert“, sagt Schwer. „Bald werden wir die erste große Kooperation mit einem Pharmapartner verkünden.“ Den Vergleich mit der bekannten Konkurrenz von MorphoSys scheut er nicht. „Die fischen mit HuCAL immer im gleichen Teich. Wir haben schon Hunderte von neuen Teichen geschaffen.“ Marktführer wolle man werden. Vielleicht ist dann auch Vater Schwer zufrieden. Als das Angebot aus Harvard kam, nahm er seinen Sohn ins Gebet. „Wann willst du eigentlich mal was Richtiges machen?“

Autor des Textes: Christoph Mayerl

 

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