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Neue Regierung betont Bedeutung der Biotechnologie

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Union und FDP haben sich im Koalitionsvertrag zur Biotechnologie bekannt: die Parteivorsitzenden Guido Westerwelle, Angela Merkel und Horst Seehofer beim Beginn der Verhandlungen. Quelle: CDU

27.10.2009  - 

Die Biotechnologie hat im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP eine herausgehobene Stellung erhalten. In dem 124 Seiten starken Papier, das am Wochenende veröffentlicht wurde, wird die Biotechnologie als "große Chance" für den Wirtschaftsstandort Deutschland und als wichtige Zukunftstechnologie bezeichnet. Auch das für die Branche wichtige Thema Wagniskapital hat Einzug in das Vertragswerk gehalten. Besonders der Grünen Gentechnik gegenüber scheinen sich die neuen Koalitionäre aufgeschlossener zu zeigen als die Vorgängerregierung aus SPD und Union. In Zukunft wolle man die "verantwortbaren Potentiale" der Pflanzenbiotechnologie nutzen.





 

In der Forschungspolitik haben sich Union und FDP deutlich zur Förderung der Biotechnologie bekannt. Der politische Rückenwind gilt für alle Farben der Branche, die weiße, rote und sogar die umstritten grüne. Die industrielle Biotechnologie wird als eine von neun Zukunftstechnologien genannt. Der Stammzellforschung werden "große Chancen" eingeräumt. Wie sie weiter zu fördern ist, bleibt allerdings offen. Die Koalition wolle die Einrichtung einer Dialogplattform „Deutsches Stammzellnetzwerk“ prüfen, heißt es. Die medizinische Biotechnologie  ist der Schlüssel für einen weiteren Megatrend der Gesundheitsforschung, für den die Koalition "den Weg ebnen" will: die individualisierte Medizin.

Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP

Der Entwurf der Koalitionsparteien für die 17. Legislaturperiode, dokumentiert auf der CDU-Homepage.

zum pdf-Download: hier klicken

In auffälliger Abgrenzung von der Großen Koalition macht sich die neue Regierung mit Beteiligung der FDP für die Grüne Gentechnik stark. Der Pflanzenbiotechnologie ist ein eigener Absatz gewidmet. Hier ist von "klaren Signalen" für die Forschung an gentechnisch veränderten Pflanzen die Rede. Gentechnik könne "einen Beitrag zur Bekämpfung des Welthungers leisten", heißt es. Desweiteren erinnert die künftige Regierung daran, dass Biotechnologie in der Landwirtschaft "bereits weltweit etabliert ist". Trotzdem wolle man die Technologie mit aller Sorgfalt entwickeln und nur die "verantwortbaren Potentiale" der Pflanzenbiotechnologie nutzen.

Zulassung der Stärkekartoffel Amflora unterstützen

Das Zulassungsverfahren von gv-Pflanzen auf EU-Ebene soll wissenschaftsorientierter und weniger politisch werden. Damit unterstützt die neue Regierung laufende Reformierungsbestrebungen in der EU. Beim Streit über die vorgeschriebenen Abstände zwischen Feldern mit konventionellen und gv-Nutzpflanzen reichen Union und FDP die Verantwortung an die Bundesländer weiter. Sie sollen – innerhalb bestimmter Richtlinien des Bundes – die Entfernungen eigenständig festlegen können. Bei MON810 wird das Ergebnis des laufenden Gerichtsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig abgewartet. Der US-Konzern Monsanto hatte im Frühjahr gegen das Anbauverbot durch Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) geklagt (mehr...). Die Zulassung der Stärkekartoffel Amflora von der BASF – ebenfalls seit langem kontrovers diskutiert – wird hingegen explizit unterstützt. Zudem sollen mit einer Änderung des Gentechnikgesetzes und das des EG-Gentechnikdurchführungsgesetzes offizielle Nachweismethoden für nicht in der EU zugelassene gentechnisch veränderte Organismen (GVO) etabliert werden. Ziel ist es, die Überwachung der Nulltoleranzgrenze für die Wirtschaft praktikabel zu gestalten. Nicht zuletzt will die zukünftige Regierung auf europäischer Ebene auf eine Positivkennzeichnung von Nahrungsmitteln mit GVO-Bestandteilen drängen.

Die Blüte der gentechnisch veränderten Stärkekartoffel Amflora. Seit zwölf Jahren wartet BASF auf die Zulassung der Industriekartoffel in Europa.Lightbox-Link
Die Blüte der gentechnisch veränderten Stärkekartoffel Amflora. Seit zwölf Jahren wartet BASF auf die Zulassung der Industriekartoffel in Europa.Quelle: BASF

Kleine und mittlere Unternehmen sollen profitieren

Nicht nur die Wissenschaft, auch die Unternehmen der Biotechnologie könnten von den Plänen der neuen Regierung profitieren. Die meisten der etwa 500 deutschen Firmen der Branche sind noch relativ jung sind, beschäftigen weniger als 50 Mitarbeiter und stecken mitten in kostspieliger und langwieriger Entwicklungsarbeit. Union und FDP scheinen hier handeln zu wollen. Im Koalitionsvertrag heißt es, man wolle "zusätzliche Forschungsimpulse insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen" auslösen. Das soll über Steueranreize für forschungsintensive Branchen bewerkstelligt werden.  "Wir streben eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung an". Ob das über Gutschriften oder niedrigere Steuersätze geschehen soll, sagen die Koalitionäre allerdings nicht. Zudem sollen die Regelungen zur Verlustverrechnung reformiert werden. Damit soll der Markt für Beteiligungsunternehmen ausgebaut und die Stellung von Business Angels gerstärkt werden. Konkret legen sich CDU und FDP auf eine Neuauflage des High-Tech-Gründerfonds fest. Die zuletzt fast versiegte Quelle an Wagniskapital will die Koalition wieder zum Sprudeln bringen, indem sie Venture-Capital-Fonds "eine anteilige Garantiemöglichkeit zur Risikoabsicherung ihrer Fondseinlagen” anbietet.

Die Rolle des Bioökonmierats wird bestätigt. Das Gremium, das auf Initiative des Bundesministeriums für Forschung und Bildung eingerichtet wurde und im Januar 2009 zum ersten Mal zusammenkam, soll wissenschaftlich fundierte Analysen zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse entwickeln und eine "international wettbewerbsfähige Strategie zur wissensbasierten Bioökonomie erarbeiten und umsetzen". Wichtig für die Forschung in der Biotechnologie ist auch die Zusage, dass sowohl der Hochschulpakt als auch der Pakt für Forschung und Innovation sowie die Exzzellenzinitiative fortgesetzt werden. Kooperationen von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind ein weiteres Feld, dass die Koalitionäre in Zukunft stärker beackern wollen. Modelle, an denen neben akademischen Partnern auch Unternehmen beteiligt sind, wie zum Beispiel der "Forschungscampus", werden ebenfalls unterstützt. 

Bei Industrie und Wissenschaft stießen die Pläne der Koaliton auf Zustimmung. Nach einer ersten Analyse zeigten sich etwa der Unternehmensverband BIO Deutschland zufrieden mit den Plänen. Viele Forderungen – etwa nach einer steuerlichen Besserstellung von forschenden KMU – tauchten im Vertrag auf, so Sprecher Pablo Serrano. Die Betonung der großen Bedeutung der Wissenschaft erfreut Forschungsverbände wie die Max-Planck-Gesellschaft. Deren Präsident Peter Gruss lobt die Politik: "Wir fühlen uns von der Bundesregierung nun aktiv darin unterstützt, die "besten Köpfe" zu gewinnen und gerade in Zukunftstechnologien und Grenzbereichen der Forschung international noch wettbewerbsfähiger zu werden", so Gruss, der vor allem auch die Initiative für ein neues Wissenschaftsfreiheitsgesetz begrüßt.

"Einen gewaltigen Satz vorangekommen"

Das Bekenntnis zu einer weiteren Entwicklung der Grünen Gentechnik rief vielfältige und zwiespältige Reaktion hervor. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat die Festlegungen zur Grünen Gentechnik scharf kritisiert. Dass es mit der Gen-Kartoffel Amflora ein konkretes Produkt in den Vertrag geschafft habe, sei ein "unglaublicher Vorgang", erklärte BÖLW-Chef Felix Prinz zu Löwenstein in Berlin. Dies "zeige, wie erfolgreich die Biotechnologie-Branche damit war, den Vertragsverfassern die Feder zu führen". Bayern dagegen freute sich über die Freiheiten bei der Festlegung der Sicherheitsabstände. Auf dem Weg hin zu einem Bayern ohne den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen sieht sich Umweltminister Markus Söder (CSU) "einen gewaltigen Satz vorangekommen".

Hingegen begrüßte der Deutsche Raiffeisenverband (DRV), dass die Potenziale der Grüne Gentechnik als Zukunftsbranche durch die Vereinbarungen gefördert werden. Dadurch werde ein wichtiger Beitrag zur Wahlfreiheit geschaffen. "Nun kommt es darauf an, einen Rechtsrahmen in Deutschland und Europa umzusetzen, der Wettbewerbsverzerrungen verhindert und insbesondere einen praktikablen Umgang mit der im Gemeinschaftsrecht verankerten Nulltoleranz für nicht in der EU zugelassenen GVO ermöglicht“, sagte DRV-Präsident Manfred Nüssel. Auch die Unternehmen der Pflanzenbiotechnologie sind erwartungsgemäß erfreut. Der Koalitonsvertrag sei ein Signal dafür, dass endlich mehr Sachlichkeit in die Debatte komme, sagte eine Sprecherin von BASF Plant Science. Das Unternehmen hat die Stärkekartoffel Amflora entwickelt, für deren Zulassung sich die neue Koalition jetzt stark machen will.

 

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