Wochenrückblick KW 23

08.06.2009

Neues Angriffsziel für Malaria-Impfstoff entdeckt

Forscher am Zentrum für Infektionsforschung der Universität Würzburg haben beim Malaria-Erreger eine Eigenschaft entdeckt, die für die Impfstoffentwicklung nützlich sein könnte.

Der Parasit Plasmodium falciparum ist bekannt als Erreger der schlimmsten Form des Tropenfiebers, Malaria tropica. Seine besondere Form macht es schwer, Medikamente oder sogar einen Impfstoff gegen Malaria zu entwickeln. Bislang fordert die Tropenkrankheit jährlich etwa zwei Millionen Opfer, die  meisten von ihnen Kinder in Entwicklungsländern. Trotz jahrzehntelanger Bemühung gibt es bislang keinen Impfstoff. Der am weitesten fortgeschrittene Kandidat, RTS,S des britischen Pharmakonzerns GlaxoSmithKline, hat gerade die dritte und letzte Phase der klinischen Prüfung gestartet. Kein anderer ist bisher so weit gekommen.

Mehr zum Thema auf biotechnologie.de

News: Zuckerforscher auf dem Weg zum Impfstoff gegen Malaria

Im Profil: Peter Seeberger - Süßer Angriff auf Marlaia

Das liegt vor allem am komplexen, mehrstufigen Vermehrungszyklus des Erregers, der in zwei Wirten stattfindet: der weiblichen Anopheles-Mücke und dem Menschen. Die Würzburger Mikrobiologen um Gabriele Pradel haben nun ein weiteres Detail aufgeklärt. Wie sie nun im Journal of Biological Chemistry (2009, Vol. 284, Ausgabe 21, S. 14537-14546) berichten, bringt der Erreger offenbar kurz vor der Entstehung seiner Geschlechtszellen im menschlichen Blut sechs spezielle Eiweiße hervor, die sich untereinander zu größeren Komplexen zusammenlagern.

"Eizellen" des Malariaerregers (Plasmodium falciparum) neben roten Blutkörperchen. Die neu entdeckte Proteinhülle leuchtet grün.Lightbox-Link
"Eizellen" des Malariaerregers (Plasmodium falciparum) neben roten Blutkörperchen. Die neu entdeckte Eiweißhülle leuchtet grün.Quelle: Gabriele Pradel/ Universität Würzburg

Diese Eiweiße bilden wiederum später eine klebrige Hülle um die „Eizellen“-Form des Parasiten. Wozu diese Hülle dient, ist bislang unklar. „Möglicherweise soll sie die Samenzellen festhalten“, spekuliert Pradel, die zusammen mit ihrer Kollegin Nina Simon die Eiweiße entdeckt hat. „Denkbar ist aber auch, dass sich die Eizelle damit gegen aggressive Substanzen schützt, die im Darm der Mücken vorkommen.“ Falls diese Hülle für die Fortpflanzung des Erregers absolut notwendig ist, könnte sie einen wunden Punkt darstellen und sich als Angriffsziel für Impfstoffe eignen, so die Forscher. Damit ließe sich möglicherweise eine Vermehrung der Parasiten verhindern. Nun wollen die Forscher zunächst die Funktion der Hülle aufklären.

Mehr Infos an der Universität Würzburg: hier klicken 

Ausstellung: Pflanzenoberflächen unter dem Elektronenmikroskop

Pflanzlichen Oberflächen stehen im Fokus einer Ausstellung, die Mitte Juni in Berlin eröffnet. Gezeigt werden mikroskopische Aufnahmen, die sonst meist nur Wissenschaftler zu Gesicht bekommen. 

Die Schönheit liegt im Detail: Unter dem Mikroskop erschließen sich Landschaften, die an entfernte Planeten erinnern, oder auch nur Strukturen, die man eher in einer Galerie für moderne Kunst vermutet. Jetzt werden sie in einer Galerieausstellung gezeigt. Unter dem Titel „Die Ästhetik des Unsichtbaren – Pflanzenoberfläche unter dem Elektronenmikroskop“ sind die Bilder vom 10. Juni bis 23. August im Botanischen Garten Berlin zu sehen. 

Gestieltes Blütenköpfchen mit runden Öldrüsen beim Marienblatt (Tanacetum balsamita).Lightbox-Link
Gestieltes Blütenköpfchen mit runden Öldrüsen beim Marienblatt (Tanacetum balsamita).Quelle: Stefan Diller

Die Ausstellung verbindet die technische Perfektion wissenschaftlicher Rasterelektronenmikroskopie mit dem künstlerisch-ästhetischen Anspruch von Fotografie. Stefan Diller zeigt 30 großformatige Pflanzenfotografien, die er gemacht und künstlich nachkoloriert hat. Dabei porträtiert er Kräuter von Absinth bis Zitronenmelisse, zehntausendfach vergrößerte Blattflächen, Blüten oder Pollen, und enthüllt bizarre Strukturen, die sonst für das menschliche Auge unsichtbar sind.

Um eine Abschätzung der Größenverhältnisse zu ermöglichen, werden die Endvergrößerung des Bildes und die jeweilige Größe des Bildfeldes angegeben. Die Abzüge sind außerdem mit kurzen botanischen Erklärungen versehen, und auch die Technik der Rasterelektronenmikroskopie wird dargestellt. Sie ist heute aus der Forschung nicht mehr wegzudenken. Während das Lichtmikroskop nur in Strukturen zwischen 200 und 500 Nanometer vordringen kann, arbeitet das Rasterelektronenmikroskop mit einem gebündelten Lichtstrahl von weniger als einem Nanometer Durchmesser. Der Fotograf Stefan Diller beschäftigt sich seit 1993 mit Rasterelektronenmikroskopie und betreibt ein Labor für wissenschaftliche Fotografie.


Mehr Infos zur Ausstellung: hier klicken

Neues Hilfsmittel für Tuberkulose-Impfstoff

Wissenschaftler an der Universität Erlangen-Nürnberg haben die Wirkung eines neuen Impf-Hilfsstoffs zum Schutz vor Tuberkulose aufgeklärt.

Die Tuberkulose ist auch heute noch eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten der Welt. Jährlich sind ca. 2,5 Millionen Todesopfer zu beklagen. In Deutschland steckten sich 2007 rund 5000 Menschen mit der bakteriellen Infektion an. Tuberkulose wird von der Gruppe der Mykobakterien verursacht, die sich vornehmlich in der Lunge ansiedeln. Eine besondere Zellwandstruktur der Erreger ist dafür verantwortlich, dass bisher nur wenige Medikamente existieren, die eine Infektion wirksam zurückdrängen können. Erst 2008 konnten deutsche Forscher dreidimensionale Bilder des äußeren Teils der Zellwand des Erregers erzeugen und stellten damit die bisherigen Annahmen auf den Kopf (mehr...). Da bestehende Impfstoffe gegen die Mykobakterien nicht mehr wirken, wird seit Jahren an neuen Kandidaten gearbeitet.

Mehr zum Thema auf biotechnologie.de

News: Neuer Tuberkulose-Wirkstoff aus Jena

News: Schutzschild des Tuberkulose-Erregers anders aufgebaut als gedacht

Bei Impfungen wird im Körper gezielt eine Immunantwort provoziert. Inzwischen handelt es sich dabei oft um gentechnisch veränderte Eiweiße, die Teile des Erregers enthalten. Damit soll das Immunsystem aktiviert und trainiert werden, um für eine ‚echte’ Infektion mit dem Erreger gewappnet zu sein. Um eine möglichst starke Immunantwort zu erreichen, werden den Impfstoffen meist bestimmte Hilfsstoffe (Adjuvantien) beigefügt.

Mykobakterien (rot) und Immunzellen (blau) in der Leber einer infizierten Maus.Lightbox-Link
Mykobakterien (rot) und Immunzellen (blau) in der Leber einer infizierten Maus.Quelle: Institut für Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene, Erlangen

Üblicherweise wird Aluminiumhydroxid als Hilfsstoff verwendet, der aber nur eine schwache Immunantwort auslöst. Die Hoffnung der Erlanger Wissenschaflter ruht nun auf einem im Labor hergestellten Fettmolekül, das mit bestimmten Zuckerketten ausgestattet ist. Wie die Forscher um Roland Lang mit Beteiligung von Falk Nimmerjahn (mehr...) der Universität Erlangen-Nürnberg im Fachmagazin Journal of Experimental Medicine (2009, Vol. No. 1, S. 89-97) berichten, hat das Glykolipid mit dem Namen Trehalose-dibehenat (TDB) bei Untersuchungen mit Mäusen bereits einen robusten Impfschutz gegen den Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis hervorgerufen. Offenbar aktiviert TDB eine bestimmte Signalkaskade, wodurch eine schützende Immunantwort ausgelöst wird. Bei Mäusen hat dieser Ansatz bereits gut funktioniert. Nun soll untersucht werden, ob er auch bei Menschen klappt.

Mehr Infos an der Universität Erlangen-Nürnberg: hier klicken

Schweinegrippe-Nachweis ohne Krankheitssymptome

Forscher am Nationalen Referenzzentrum für Influenza (NRZ) des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin haben zwei blutbasierte Tests entwickelt, um eine Infektion mit dem Schweinegrippe-Virus H1N1 auch nach Abklingen der Symptome oder bei symptomfreiem Verlauf nachzuweisen.

Die Tests basieren auf dem Nachweis von Antikörpern, die etwa zwei Monate nach der Infektion im Blutserum gebildet werden und über Jahre nachweisbar sind. Mit Hilfe der Tests können epidemiologische Studien durchgeführt werden. „Dadurch können wir die mögliche Verbreitung besser abschätzen und Präventionsstrategien gezielt weiterentwickeln“, erklärt der Präsident des RKI, Robert Hacker. Das RKI will demnächst mehrere Studien mit dem neuen Verfahren beginnen.

Mehr zum Thema auf biotechnologie.de

Dossier: Biotechnologie gegen Schweinegrippe

Die neuen Verfahren, ein Hämagglutinations-Hemmtest und ein Mikroneutralisationstest, ergänzen das etablierte Verfahren (Polymerasekettenreaktionstest, PCR) zur Diagnose akuter Infektionen, mit dem sich charakteristische Erbgutabschnitte von Krankheitserregern nachweisen lassen. Das RKI hatte bereits wenige Tage nach dem ersten Auftreten von des H1N1-Erregers ein entsprechendes Diagnosesystem aufgebaut.

Influenzaviren unter dem Mikroskop.Lightbox-Link
Influenzaviren unter dem Mikroskop.Quelle: Wikipedia

Bei der Schweinegrippe handelt es sich um eine Virusgrippe (Influenza), die per Tröpfcheninfektion übertragen wird und im Extremfall tödlich verläuft. Wie gefährlich die inzwischen als auch „Neue Grippe“ genannte Infektion ist, können die Experten noch nicht abschließend beurteilen. Die bisherigen weltweiten Sterbefälle liegen in etwa auf dem Niveau der jedes Jahr auftreten Grippewelle. In Deutschland waren bislang 68 Personen betroffen. Bei den meisten verlief die Infektion mild. Dennoch gibt das RKI offiziell noch keine Entwarnung.

Mehr Infos beim RKI: hier klicken

Leberentzündung gezielt mit Nanopartikel bekämpfen

Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) haben eine Möglichkeit entdeckt, gezielt gegen Leberentzündungen vorzugehen, ohne dabei andere Leberzellen zu beeinträchtigen.

Die Ursachen für eine Leberentzündung können vielfältig sein: Alkohol, Infektionen, Operationen oder Transplantationen zählen zu den häufigsten Faktoren bei einem Leberversagen. Auf Molekularebene läuft aber fast alles auf einen zentralen Akteur hinaus: Den Transkriptionsfaktor NF-kB, der die Genaktivität so beeinflussen kann, dass sie Entzündungen hervorrufen. Damit ist er das ideale Ziel für Wirkstoffe, die gegen Leberentzündungen vorgehen. Dummerweise ist NF-kB jedoch einer der wichtigsten Vertreter der Transkriptionsfaktoren im Körper, und kommt in fast allen Zelltypen vor. Daher sind seine Funktionen auch sehr differenziert.

In zwei Typen von Leberzellen hat NF-kB unterschiedliche Funktionen. Während er in den Hepatozyten Schäden und Zelltod verhindert, kann er in den sogenannten Kupfferzellen Leberentzündungen verursachen. LMU-Forscher um Angelika Vollmar haben jetzt eine Möglichkeit gefunden, mit diesem komplizierten Organaufbau umzugehen. Wie sie im Fachmagazin GUT (2009, Onlinevorabveröffentlichung am 26. Mai) berichten, haben sie eine Methode entwickelt, Wirkstoffe gegen Leberentzündung gezielt nur zu den Kupfferzellen zu bringen.  

Bisherige Medikamente gegen akute Entzündungen wirken nämlich unspezifisch auf alle Leberzellen. „Gewünscht ist aber eine selektive Wirkung gegen NF-kB in den Kupfferzellen, die sich nicht auf die Hepatozyten auswirkt“, erklärt Angelika Vollmer, Professorin am „Center for Drug Research“ der LMU.  Gemeinsam mit ihrem Team konnte sie nun eine gezielte Blockademethode entwickeln. „Wir haben kleine NF-kB-Hemmer an Gelatine-Nanopartikel gebunden", erläuert sie. Wie die Forscher zeigen konnten, werden diese Millionstel Millimeter großen Vehikel nur von den Kupfferzellen, nicht aber von den Hepatocyten aufgenommen.  Im Tiermodell konnten die Wissenschaftler so unter verschiedenen Bedingungen schwere Leberschäden verhindern. Neben der therapeutischen Anwendung haben sich die Nanopartikel aber auch als nützliches Werkzeug erwiesen. So konnten die Forscher mit ihnen auch weitere Details des genauen Ablaufs der Leberentzündung aufklären.

Mehr Infos bei der LMU: hier klicken

Mainzer Biotech-Unternehmen BioNTech kauft zu

Das noch junge, aus der Universität Mainz ausgegründete Biotech-Unternehmen BioNTech AG hat die EUFETS AG gekauft, ein auf biotechnologische Produktion von Biopharmazeutika spezialisierte Dienstleistungstochter der Fresenius Biotech GmbH.

Wie das Start-up mitteilte, sollen die EUFETS-Anlagen weiter betrieben und sämtliche Mitarbeiter weiter beschäftigt werden. Auch sämtliche Vertragsabschlüsse der EUFETS AG behalten ihre Gültigkeit. "Die Investition in die EUFETS AG gibt der BioNTech AG Zugriff auf synergistische Plattformtechnologien und ein komplementäres Know-how", sagt BioNTECH-CEO Ugur Sahin, Professor an der Universität Mainz. Darüber hinaus sei geplant, GMP und GLP Dienstleistungen für innovative Ansätze wie rekombinante Impfstoffe, zellbasierte Therapien sowie Gen- und Immuntherapien anzubieten. Über finanzielle Details des Deals wurde nichts bekannt.

Mehr zum Thema auf biotechnologie.de

Förderbeispiel: GO-Bio - Entwicklung innovativer Wirkstoffe gegen Krebserkankungen

Unter dem Dach der BioNTech (Biopharmaceutical New Technologies) AG werden eine ganze Reihe von Ansätzen im Kampf gegen Krebs verfolgt, deren wissenschaftliche Basis durch ein Forscherteam um Gründer Ugur Sahin gelegt wurde.  Dazu gehört auch das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte GO-Bio-Projekt zur Entwicklung innovativer Impfstoffe gegen Krebserkrankungen (mehr...). Sahin ist in der Biotech-Branche kein unbekannter. Im Jahr 2001 hatte er das Mainzer Biotech-Unterhemen Ganymed Pharmaceuticals mitgegründet, das im Jahr 2008 mit der größten Finanzierungsrunde Deutschlands (65 Millionen Euro) für Schlagzeilen sorgte. Das Geld stammte von den ehemaligen HEXAL-Gründern Andreas und Thomas Strüngmann sowie den in München angesiedelten MIG Fonds. Beide Investoren sind auch bei der jungen Firma BioNTech beteiligt. BioNTech betreibt vier Tochtergesellschaften: Ribological, UniCell, Tulip und TheraCode. Letztere hatte erst vor zwei Wochen eine Übernahme vermeldet. Für fünf Millionen Euro wurde vom Berliner Biotech-Unternehmen Jerini die JPT Peptide Technologies GmbH erworben.


Mehr Infos zur EUFETS-Übernahme: hier klicken

Mehr Infos zur Übernahme von JPT Peptide Technologies: hier klicken