Eckhard Wolf: Ersatzorgane vom Spenderschwein

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Eckhard Wolf ist einer der meistizierten Experten in Deutschland, wenn es ums Klonen geht. Quelle: privat

27.04.2009  - 

Das Prinzip Uschi war von den Schotten abgeguckt: Wie es die Kollegen vom Roslin-Institut nahe Edinburgh im Jahr 1996 beim geklonten Schaf Dolly vorgemacht hatten, entnahmen Eckhard Wolf und Gottfried Brem aus den Euterzellen eines Rindes die Zellkerne und pflanzten sie in die unbefruchteten Eizellen einer Kuh ein. Klonkalb Uschi wurde 1998 geboren und ist inzwischen mehrfache Großmutter. Nicht zuletzt dieser Erfolg hat Eckhard Wolf zu einem der meistzitierten Experten für das Klonen in Deutschland gemacht.


 

Dabei wollte der 1963 in Regensburg geborene Tiermediziner eigentlich Großtierpraktiker werden. Sein späterer Doktorvater Brem riet ihm jedoch zu einer akademischen Laufbahn. Aus dem Flirt mit der Wissenschaft entstand eine dauerhafte und furchtbare Beziehung: Nach der Promotion 1990 habilitierte Wolf 1994 am Institut für Tierzucht und Genetik in Wien. Danach folgte er dem Ruf zurück auf den Lehrstuhl für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Seit 1998 ist Wolf außerdem Mitglied der Leitung des Genzentrums der LMU.

Abstoßungsreaktionen minimieren
Dort wird unter anderem an der Xenotransplantation geforscht, also der Übertragung von tierischem Gewebe auf den Menschen. Ein brisantes Thema, wenn man den großen Bedarf an Spenderorganen weltweit in Betracht zieht. Um die Abstoßungsreaktionen zu minimieren, greifen die forscher zu diesem Zweck deshalb auf Tiere wie Schweine zurück, die dem Menschen nicht allzu fern sind. Abgesehen von den durch Philosophen gern beschworenen Ähnlichkeiten teilt das Rüsseltier mit dem Menschen den Verdauungsmechanismus und wichtige Blutparameter. Wenn es nach Wolf geht, könnten Schweine in Zukunft als Organspender dienen.

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Zuvor müssen die Schweinezellen jedoch verändert werden. Denn normalerweise würde das artfremde Gewebe durch verschiedene Mechanismen des menschlichen Immunsystems zerstört. Mit verschiedenen Tricks versuchen Forscher wie Wolf, diese Abwehrstrategien zu umgehen – zum Beispiel, indem sie Schweinezellen mit bestimmten Molekülen ausstatten, durch das die Killerzellen des menschlichen Immunsystems gehemmt werden. Das ist dem Wissenschaftler und seinem Team erst kürzlich gelungen, wie er in der Fachzeitschrift
"Transplantation" (Vol. 87, Nr. 1, Januar 2009) berichtetVon den Forschungsarbeiten profitieren könnte etwa die zunehmende Zahl an Diabetikern. Die defekten Inselzellen, die nicht mehr genügend Insulin herstellen, könnten dann durch funktionsfähige Inselzellen vom Schwein ersetzt werden. Zudem werden am Lehrstuhl von Eckhard Wolf gentechnisch veränderte Schweine gezüchtet, die für präklinische Medikamententests wichtig sind. „Gemessen an der Forschung, kommen sehr wenige Medikamente am Ende auf den Markt“, sagt Wolf. Genetisch veränderte Großsäuger dienen als „Versuchsmodell zwischen Maus und Mensch“, an denen klinische Testreihen so gründlich wie nur möglich vorbereitet werden können.

Nicht leichtfertig mit menschlichen Embryonen umgehen

Die Tiere stehen auf einem Versuchsgut bei Oberschleißheim. Wenn Wolf dort vorbeischaut, kommen auch seine drei Kinder, sieben bis elf Jahre alt, gerne mit zum Tiere füttern. Aus der Schule bringen sie auch die ethischen Fragen um Tierversuche und Klonen mit, denen sich Wolf häufig ausgesetzt sieht. „Ich nehme das Thema extrem ernst“, versichert er. Die Tiere werden gut gehalten und schmerzfrei getötet, wenn es nötig ist. Hinsichtlich des „Therapeutischen Klonens“  hat Wolf nicht nur technische Bedenken: „Man darf nicht leichtfertig mit menschlichen Embryonen umgehen. Zudem gibt es heute andere Möglichkeiten, an Stammzellen zu kommen, als über den Umweg eines Klonembryos.“

Musik aus dem Mittelalter
Eckhard Wolf ist einer von zehn Musikern, die das Ensemble "...sed vivam!" bilden. Die Gruppe hat sich auf originalgetreue Aufführungen der Musik des Mittelalters und der Renaissance spezialisiert.
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Neben Schweinen stehen auf dem Versuchsgut auch Rinder. An ihnen erforscht Wolf die Mechanismen der Wachstumsregulation und die Wechselwirkungen zwischen Embryo und Muttertier. Durch Vergleichsstudien bei eineiigen Zwillingen fanden er und sein Team heraus, welche Gene aktiv sein müssen, damit sich ein Embryo in die Gebärmutter der Kuh einnisten kann. „Unfruchtbarkeit ist gerade eines der größten Probleme in der Rinderzucht“ erklärt Wolf. Er vermutet, dass man durch die Zucht möglichst effektiver Milchkühe „negative Fruchtbarkeitsgene“ angereichert habe, die er jetzt zu identifizieren sucht.

Zum Ausspannen gibt es Alte Musik

FUGATO – Funktionale Genomanalyse im tierischen Organismus heißt die vom BMBF Initiative, unter deren Dach das Projekt gefördert wird. Den Namen hat sich Eckhard Wolf ausgedacht. „Daraus kann man auch auf meine Leidenschaft für die Musik schließen“, schmunzelt der Genetiker. Ebenfalls ein abgelegter Berufswunsch, und ein Hobby, welches er mit Leidenschaft betreibt: In seiner Freizeit spielt der Tiermediziner nämlich im Regensburger Ensemble „... sed vivam!“ für Alte Musik verschiedene Streichinstrumente und Posaune. „Das ist ein wunderbarer Ausgleich“, schwärmt er. „Wenn ich mal gestresst bin, greife ich zu meinen alten Kisten, und nach einer halben Stunde bin ich wieder entspannt.“
Autorin: Cornelia Kästner

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