Peter Jonas: Auf der Suche nach den Gedanken

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Peter Jonas ist Neurophysiologe und will die Kommunikation von Nervenzellen im Gehirn besser verstehen. Quelle: privat

12.03.2009  - 

Zurück ins Labor, das ist eines der großen Ziele von Peter Michael Jonas. „Am Setup kommen einem die besten Ideen“, sagt der Neurohpysiologieprofessor der Universität Freiburg „Und außerdem finde ich es wichtig, die Grenzen des Möglichen selbst auszuloten.“ Seine Position bringt es jedoch mit sich, dass Jonas momentan häufiger am Computer sitzt, Projekte plant und die Manuskripte seiner Arbeitsgruppe schreibt, als selbst zu ergründen, wie das menschliche Gehirn funktioniert.

 

Bereits seit 1995 ist Jonas Direktor des Physiologischen Instituts an der Universität Freiburg. „Das menschliche Gehirn ist unvorstellbar komplex“, sagt er. Gehirnforschung ist aus seiner Sicht deshalb eine der größten Herausforderungen der Biowissenschaften. Der Weg zu diesem Arbeitsgebiet war lang und teilweise verwickelt. Geboren 1961 in Darmstadt, studierte Jonas zunächst Medizin an der Universität Gießen, wo er auch promovierte. Die Entscheidung zwischen dem Arztberuf und dem Weg in die Forschung machte er zunächst vom Erfolg der Forschung abhängig. „Wenn die Forschung gut läuft, bleibe ich dabei“, habe er sich damals gesagt. Und meint rückblickend: „Sonst wäre ich wohl Neurologe oder Internist geworden.“

Hintergrund
Sie wollen mehr über die Arbeit von Peter Jonas erfahren? Dann können Sie sich auf den Seiten des physiologischen Instituts der Universität Freiburg informieren: hier klicken

Wie Synapsen elektrische in chemische Signale umwandeln

Nach zwei Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Gießen wechselte er an das Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg, wo er habilitierte. 1994 erhielt er einen Ruf nach München, 1995 kam der Ruf nach Freiburg, den Jonmas schließlich annahm. Rufe nach Basel, Heidelberg und Irvine (Kalifornien) hatte er zwischendurch abgelehnt.

Hauptsächlich beschäftigt sich der  Wissenschaftler mit dem Hippocampus, jenem Teil des Großhirns, der eine zentrale Rolle beim Lernen spielt und für komplexe Gedächtnisleistungen verantwortlich ist. Jonas konzentriert sich dabei auf die Funktion von Synapsen in neuronalen Netzwerken. Schon ein Kubikmillimeter des Gehirns besteht aus bis zu 100 000 Nervenzellen und diese stehen über spezielle Kontaktstellen, den Synapsen, ständig miteinander in Verbindung. Zusammen mit seinen Kollegen will Jonas nun herausfinden, wie die Synapsen elektrische in chemische Signale umwandeln und mit welchen chemischen Stoffen die Impulse übertragen werden.

Nervzenzellen verschalten sich untereinander zu einem riesigen Netzwerk, um Informationen weiterzuleiten.Lightbox-Link
Nervenzellen verschalten sich untereinander zu einem riesigen Netzwerk, um Informationen weiterzuleiten.Quelle: MPI für Entwicklungsbiologie/ Jürgen Berger

Um die Kommunikation der Nervenzellen zu untersuchen, hat Jonas unter anderem die Patch-Clamp-Technik weiterentwickelt und tritt damit in die Fußstapfen des deutschen Nobelpreisträgers Erwin Neher, der diese Technik einst erfunden hat. Mit dieser elektrophysiologischen Messmethode lässt sich der Weg elektrischer Impulse durch die Ionenkanäle einer Zellmembran verfolgen. Jonas hat sie nun für  sogenannte präsynaptische Elemente nutzbar gemacht. Als Teil des Freiburger Bernstein-Zentrums, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Dach des Nationalen Bernstein Zentrums Computational Neuroscience unterstützt wird, arbeitet Jonas aber auch mit vereinfachten Computermodellen, mit denen die Arbeitsgruppe die Arbeit der Synapsen simulieren kann. „Bau es nach, und du verstehst es“, zitiert Jonas den amerikanischen Neurowissenschaftler John Hopfield.

Nationales Bernstein Zentrum Computational NeuroscienceLightbox-Link

Peter Jonas ist Mitglied des Bernstein Center for Computational Neuroscience, das seit 2004 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Für die vier Standort Berlin, Freiburg, Göttingen und München stehen bis 2010 bis zu 36 Millionen Euro zur Verfügung. 

Mehr Informationen: www.bccn.uni-freiburg.de

Leibniz-Preisträger Jonas versteht sich als Grundlagenforscher 

„Was wir hier machen, ist Grundlagenforschung“, betont der Neuroforscher. Dennoch könnte dies langfristig die Basis dafür sein, neue Behandlungen für Krankheiten zu entwickeln. Ein konkreter Anknüpfungspunkt sind beispielsweise die sogenannten GABAergen Interneurone und ihre Synapsen. GABA ist eine Aminobuttersäure und der wichtigste Hemmstoff im Nervensystem. Jonas will herausfinden, wie genau die Übertragungswege funktionieren. Fehlfunktionen führen unter anderem zur Epilepsie, eine Krankheit, an der ein Prozent der Menschen  in Deutschland leidet. 

Jonas´ Forschungen sind mit vielen Preisen ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem renommierten Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Sieben Jahre lang hat der Wissenschaftler zudem als Herausgeber des „Journal of Physiology (London)“ gearbeitet, danach sechs Jahre als Mitherausgeber des „Journal of Neuroscience“ und seit zwei Jahren als Mitherausgeber der Fachzeitschrift „Science“. Eine Arbeit, die „volle Kraft und volles Engagement“ fordert, wie der Professor selbst sagt. „Manchmal sehe ich meine Kinder abends nicht mehr, wenn ich nach Hause komme. Die sagen dann schon beim Frühstück: Tschüß, bis morgen. Man ist da schon in einem Dilemma.“ Andererseits zeige seine gesamte Arbeitsgruppe dieses Engagement. „Wenn ich von meinen Mitarbeitern vollen Einsatz verlange, kann ich selbst schlecht um sieben Uhr gehen.“

Auch für Hobbies bleibt nur wenig Zeit. Eine zeitlang hat sich der Wissenschaftler beim Bergjogging entspannt. Seit das Knie nicht mehr will, ist er auf Mountainbiking und Skilanglauf umgestiegen. Freiburg ist in dieser Hinsicht ideal, findet Jona.s Und der Sport hilft auch, in Ruhe über wissenschaftliche Probleme nachzudenken. Denn: „Ein guter Wissenschaftler ist nie am Ziel.“

Autorin: Cornelia Kästner

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