Herz kann sich selbst heilen

17.12.2008  - 

Bisher galt es als unmöglich, dass der erwachsene Körper eines Säugetiers genügend neues Herzmuskelgewebe bilden kann, um die Pumpfunktion eines beschädigten Herzens wesentlich zu verbessern. Kardiologen des Max-Delbrück-Centrums und der Charite in Berlin haben nun bei Mäusen nachgewiesen, das es doch geht. Gesteuert wird dieser Regenerationsprozess von einem Genschalter, der auch die Herzentwicklung im Embryo reguliert. In Versuchen mit Mäusen konnten die Forscher zeigen, dass Tiere einen Infarkt besser überleben, wenn bei ihnen dieser Genschalter unterdrückt wird. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (Online-Veröffentlichung, 10. Dezember 2008) erschienen.



Die Selbstheilungskräfte des Körpers rücken immer mehr in den Fokus der Forschung. In fast allen Gewebearten und Organen finden sich adulte Stammzellen, die Beschädigungen und Verletzungen durch die Bildung neuer Zellen wieder heilen können. Allerdings ist die Regenrationsfähigkeit begrenzt. Dass etwa ein Herz im erwachsenen Körper eines Säugetiers genügend neues Herzmuskelgewebe bilden kann, um das Organ nach einem Infarkt wieder einsatzfähig zu machen, galt unter den meisten Wissenschaftlern bisher als ausgeschlossen. Untersuchungen an Mäöusen deuten nun aber darauf hin, dass die Stammzellen des Herzens häufiger und potenter sind als gedacht. 

Eine entscheidende Rolle bei diesem Prozess spielt der Genschalter beta-catenin. Die Unterdrückung dieses Faktors im Zellkern ist der auslösende Impuls, der sowohl bei der Herzentwicklung im Embryo als auch im erwachsenen Herzen aus Vorläuferzellen Herzmuskelzellen entstehen lässt. So konnten Laura Zelarayan von der Universitätsmedizin der Charité in Berlin und Martin Bergmann vom Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin-Buch die körpereigene Regeneration des Herzens erwachsener Mäuse durch Unterdrückung des Genschalters beta-catenin erheblich ankurbeln, so dass sich nach vier Wochen die Pumpleistung der Herzen der Tiere verbessert hatte.

Wichtiger Ausgangspunkt des Projekts waren gentechnisch veränderte Mäuse, die die MDC-Forschungsgruppe von Walter Birchmeier den Forschern zur Verfügung gestellt hatte. Zelarayan und Bergmann sind davon überzeugt, dass diese Ergebnisse neue Ansätze für mögliche regenerative Therapieformen der Herzschwäche eröffnen.

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Nachweis für Existenz von Herzstammzellen

Die Versuche der Berliner Forscher hatten noch einen anderen nützlichen Nebeneffekt. Erstmals wurde im Verlauf der Experimente nämlich nachgewiesen, dass es tatsächlich Stammzellen im erwachsenen Herzen gibt. Bisher waren diese Zellen nicht klar charakterisiert. Das gelang jetzt durch den Nachweis eines für Herzmuskelzellen spezifischen Struktureiweißes (alpha-myosin heavy chain) sowie eines Transkriptionsfaktors aus der Herzentwicklung (Tbx5) in unreifen Vorläuferzellen. "Der Nachweis von Zellen mit diesen Markern im erwachsenen Herzen belegt, dass Stammzellen aus der Herzentwicklung in Nischen des erwachsenen Herzens überleben", sagte Bergmann.

Die Arbeiten erfolgten in Kooperation mit Wissenschaftlern aus den Niederlanden und Belgien. Im Sommer hatte Bergmann für diese Entdeckung den Wilhelm P. Wintersteinpreis erhalten.

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