Klontechnik in den Schlagzeilen: Von menschlichen Embryonen und tierischen Klon-Produkten
18.01.2008 -
Was der koreanische Forscher Hwang im Jahr 2004 fälschlicherweise als Durchbruch behauptet hatte, ist nun offenbar amerikanischen Wissenschaftlern der Firma Stemagen in La Jolla gelungen. Wie das Team um Andrew French im Fachmagazin Stem Cells (2008, 17. Januar online) berichtet, haben sie erstmals einen menschlichen Embryo aus einer Hautzelle eines Erwachsenen geklont. Spätestens in einem Jahr sollen mit dieser Methode embryonale Stammzellen gewonnen werden. Die Meldung kommt zu einem Zeitpunkt, da in Deutschland um die Lockerung des Stammzellgesetzes gestritten wird und die kommerzielle Nutzung geklonter Tiere eine neue Ebene erreicht hat. Erst am 11. Januar erklärte die US-Zulassungsbehörde FDA, dass Produkte solcher Tiere und deren Nachkommen gesundheitlich unbedenklich sind. Eine Bewertung der Europäischen Kommission zu dieser Thematik wird für Mai erwartet.
Die amerikanischen Wissenschaftler haben im Grundsatz die gleiche Technik benutzt, mit der vor elf Jahren das erste Klonschaf Dolly das Licht der Welt erblickte: der somatische Zellkerntransfer. Dabei wird eine Körperzelle in eine entkernte Eizelle übertragen. Das Künststück besteht nun darin, ein auf diesen Umwegen entstandenden Embryo zum Wachsen zu bringen – und aus diesen sogenannten Blastozysten in einem nächsten Schritt embryonale Stammzellen zu gewinnen. Bei vielen Spezies ist das Klonen von Embryonen bereits gelungen, beim Menschen bislang noch nicht.
Debatte Stammzellgesetz |
Derzeit bringen sich die Abgeordneten des Bundestages für eine Debatte um das Stammzellgesetz in Stellung. Drei Anträge sind in Planung, aber noch keiner ist in den Bundestag eingebracht worden: FDP initiiert (Ulrike Flach): Die Grünen initiiert (Priska Hinz): |
Die US-Forscher um Andrew French behaupten nun, dass sie es geschafft haben. Im Fall der Amerikaner handelte es sich um die Hautzelle eines Mannes und frischen Eizellen von drei 20 bis 24 Jahre alten Frauen. Die Wissenschaftler ließen die Embryonen allerdings nur sechs Tage lang wachsen, ohne daraus die begehrten, vielseitigen embryonalen Stammzellen zu gewinnen. Sie wollen zunächst beweisen, dass ihre Embryonen intakt sind. Bislang haben sie lediglich per Genanalyse belegt, dass das Erbgut der Embryonen mit dem der Hautzellen übereinstimmt. Ob sich mit dieser Methode nun auch Stammzellen gewinnen lassen, müssen die Forscher erst noch zeigen. Sie rechnen in den kommenden zwölf Monaten damit. Auch deshalb, so die Vermutung anderer Wissenschaftler, sei die Arbeit nicht in einer Top-Publikation, sondern ‚nur’ im Journal Stem Cells erschienen.
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Wenn die Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen mithilfe der geklonten Embryonen gelänge, dann, so die Hoffnung, könnten diese theorethisch für das therapeutische Klonen benutzt werden – als personalisierte Behandlung für denjenigen Menschen, dessen Hautzellen zur Anwendung kamen. Langfristig könnte dies ein Weg sein, um bislang nicht zu behandelnde Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer zu bekämpfen. In Deutschland ist das therapeutische Klonen verboten.
Wissenschaft reagiert zurückhaltend
Experten bewerten die Arbeit der Amerikaner unterschiedlich. „Aus 29 Eizellen von drei jungen Spenderinnen haben sie fünf Blastozysten erhalten. Mindestens eine ist definitv ein echter Klon“, sagte der deutsche Stammzellexperte Miodrag Stojkovic, der derzeit im spanischen Valencia an dieser Thematik arbeitet, in der Süddeutschen Zeitung. Jürgen Hescheler von der Universität Köln bezweifelt indes, dass sich aus den Embryonen tatsächlich Stammzellen gewinnen lassen. Anhand der Abbildungen in Frenchs Publikation sagte er der Berliner Zeitung: „Die Embryonen sehen nicht gut aus.“ Unsymmetrien würden darauf hindeuten, dass sie sich nicht normal entwickelt haben. Ähnlich skeptisch äußerte sich der deutschstämmige Stammzellforscher Rudolph Jänisch in der Berliner Zeitung, der derzeit am Whitehead-Institut in Cambridge arbeitet: „Die Technik des therapeutischen Klonens ist obsolet. Man braucht dafür große Mengen von menschlichen Eizellen.“ Dieses Problem ist bereits seit langem bekann, und unter anderem aus diesem Grund gibt es in Deutschland eine restriktive Stammzellgesetzgebung, die den Import von embryonalen Stammzellen bislang beschränkt. In den kommenden Wochen ist jedoch eine neue Debatte über diese Gesetzgebung geplant.
Britische Forscher wollen dieses Problem nun umgehen, indem sie menschliches Erbgut in tierische Eizellen übertragen und im Labor zu Hybrid-Embryonen reifen lassen. Anhand dieser Methode sollen wichtige Fragen der Grundlagenforschung geklärt werden, ohne auf menschliche Eizellen zurückgreifen zu müssen – ein Einsatz zu therapeutischen Zwecken ist weder geplant noch gewünscht, betonen die zwei Forschergruppen. Am 17. Januar gab die zuständige Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA) ihre offizielle Erlaubnis nach monatelanger Prüfung.
Andere Methode auf dem Vormarsch: Umprogrammieren statt klonen
Das Team um Jänisch sowie japanische Forscher arbeiten indes an einer völlig anderen Methode, die im vergangenen Jahr ihre ersten Durchbrüche erlebte. Dabei werden erwachsene, ausgereifte Hautzellen in einen Stammzell-ähnlichen Zustand zurückversetzt. Diese Reprogrammierung erfolgt durch das Einschleusen von Genen, die die Verwandlung in Gang setzen (mehr...).
Die Klon-Meldung von Menschenembryonen kommt zu einem Zeitpunkt, da die Nutzung tierischer Klone für die Lebensmittelproduktion eine neue Ebene erreicht: Am 15. Januar hat die amerikanische US-Zulassungsbehörde FDA ein Gutachten veröffentlicht, wonach Produkte wie Milch und Fleisch von geklonten Schweinen, Rindern und Ziegen sowie deren Nachkommen gesundheitlich unbedenklich sind. Bislang galt in den USA ein freiwilliges Moratorium der Industrie aus dem Jahr 2001, solche Produkte nicht auf den Markt zu bringen. Damals hat die FDA umfangreiche Studien in Auftrag gegeben. Nun liegen die Ergebnisse vor, gleichzeitig wurde ein Leitfaden für die Industrie und ein Risiko-Bewertungsplan erarbeitet. Ein Moratorium ist nun eigentlich obsolet, doch das US-Landwirtschaftsministerium empfiehlt den Unternehmen, sich noch weiter daran zu halten und zunächst in gemeinsamen Gesprächen einen Plan für das weitere Vorgehen zu erarbeiten.
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Da es sich beim Klonen um eine teure Technologie handelt, ist es zunächst sowieso unwahrscheinlich, dass für eine kommerzielle Nutzung in der Nahrungsmittelindustrie direkt die geklonten Tiere in Frage kommen. Langfristig sollen sie vielmehr als Elitezuchttiere zur Erzeugung hochwertigen Nachwuchses eingesetzt werden. Ein solches Vorgehen empfiehlt auch die FDA in ihrem Industrieleitfaden.
Nur wenige Tage nach der FDA hat auch die europäische Sicherheitsbehörde EFSA ein Gutachten zur Thematik vorgelegt: Demnach haben Untersuchungen gezeigt, dass zwischen Produkten geklonter Tiere und herkömmlich gezüchteter Tiere keinerlei bedeutende Unterschiede bestehen. Zwar würde die Nutzung des Zellkerntransfers als Reproduktionstechnik häufiger zu toten und kranken Tieren führen, räumte die EFSA ein. Handelt es sich indes um gesunde geklonteTiere und gesunden Nachwuchs, seien die für die Lebenmittelsicherheit wichtigen Werte von Fleich und Milch laut EFSA-Analyse im normalen Bereich.
EFSA-Gutachten |
Die von der europäischen Sicherheitsbehörde EFSA vorgestellten Ergebnisse zur Sicherheit von Klonprodukten können noch bis 25. Februar diskutiert werden. hier klicken |
Die Stellungnahme wurde von der EU-Kommission im Februar 2007 in Reaktion auf die bereits seit Jahren laufenden FDA-Analysen in Auftrag gegeben. Bis zum 25. Februar können die Ergebnisse der EFSA auf der Internetseite in einer öffentlichen Anhörung diskutiert werden. Darüber hinaus ist für Februar ein Expertentreffen zu diesem Thema geplant. Eine abschließende Stellungnahme soll im Mai veröffentlicht werden. Auf der Basis dieses Gutachtens muss die EU-Kommission auch entscheiden, ob Klon-Produkte künftig aus den USA - sobald es sie im Markt gibt - importiert werden dürfen. Diese Frage ist auf europäischer Ebene allerdings ziemlich kompliziert. Noch ist nämlich unbeantwortet, ob Tiere, die mit der Zellkerntransfer-Methode geklont wurden bzw. aus ihnen gewonnene Produkte gemäß 2001/18EG als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) bezeichnet werden können oder nicht, da prinzipiell ihr genetisches Material nicht verändert wurde.