50 Millionen Euro fließen in Regenerative Medizin

Die co.don AG in Teltow beschäftigt sich mit Therapieansätzen der Regenerativen Medizin und stellt in ihrer Reinraumproduktionsanlage Zelltransplantate zur Behandlung von Knieknorpelschäden her. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die co.don AG in Teltow beschäftigt sich mit Therapieansätzen der Regenerativen Medizin und stellt in ihrer Reinraumproduktionsanlage Zelltransplantate zur Behandlung von Knieknorpelschäden her. Quelle: co.don AG

17.11.2006  - 

"Regenerativ" will Medizin eigentlich immer sein, aber in der Regenerativen Medizin geht es um gänzlich neue Behandlungsstrategien für schwere Krankheiten. So sollen etwa Biomaterialen entwickelt werden, die sich besser im menschlichen Körper einsetzen lassen oder Strategien entstehen, die krankes oder verletztes Gewebe dazu anregen, sich selbst zu heilen oder wiederherzustellen. Das Potenzial dieser Verfahren ist groß, doch bisher stecken die meisten Ansätze noch ganz am Anfang ihrer klinischen Entwicklung. Um eine mögliche Anwendung der Regenerativen Medizin in der Praxis zu erleichtern, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nun zwei Translationszentren finanzielle Unterstützung zugesagt. Die beiden interdisziplinären Forschungseinrichtungen in Berlin und Leipzig erhalten dabei jeweils 15 Millionen Euro. Weitere fünf Millionen steuern jeweils die Länderregierungen Sachsen sowie Berlin und Brandenburg bei. Die Berliner Wissenschaftler werden zudem mit zehn Millionen Euro von der Helmholtz-Gemeinschaft unterstützt.

Die Forschung in der Regenerativen Medizin ist noch ein relativer junger Zweig und befindet sich in ständiger Bewegung: Immer mehr kommen Wissenschaftler den natürlichen, regenerativen Fähigkeiten des menschlichen Organismus auf die Spur, entdecken Möglichkeiten, lebendes Gewebe künstlich herzustellen und versuchen ihre Erkenntnisse für Therapien zu nutzen. Ob Knochendefekte, Immunerkrankungen oder Knorpelschäden – die Anwendungsmöglichkeiten der Regenerativen Medizin sind breit, doch bislang befinden sich die meisten therapeutischen Ansätze noch am Anfang der klinischen Entwicklung. Um den Schritt in die Praxis zu erleichtern, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Kliniken und Forschungseinrichtungen - in sogenannten Translationszentren - unabdingbar. Nun haben die Bundesregierung und die Bundesländer Sachsen, Berlin und Brandenburg die finanzielle Unterstützung für zwei Translationszentren der Regenerativen Medizin in Berlin und Leipzig zugesagt. Damit fließen jeweils 15 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie jeweils fünf Millionen aus den Bundesländern Berlin und Brandenburg sowie Sachsen in die Erforschung und Anwendung möglicher Therapien der Regenerativen Medizin. „Hier gelingt es uns, wissenschaftliche Erkenntnisse gezielt in die Praxis umzusetzen und so Innovationen einen Zugang ins Gesundheitssystem zu verschaffen“, sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan anlässlich der Eröffnung der weltgrößten Medizinmesse MEDICA, die noch bis zum 18. November in Düsseldorf stattfindet.

Forschungseinrichtungen und Unternehmen in einem Boot

In Berlin werden sich Forschungseinrichtungen der gesamten Region unter dem Dach des „Berlin Center for Regenerative Therapies (BCRT) zusammenfinden. „Wir wollen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung und des Bio-Engineerings nutzen, um klinische Anwendungen und Produkte zu entwickeln“, erklärt Hans-Dieter Volk, Sprecher des BCRT und Professor am Medizinischen Institut für Immunologie der Charité. Dabei geht es beispielsweise um Knochenbrüche, Herzschwäche oder Gelenkskrankheiten. (siehe auch Forscherprofil von Michael Sittinger, Charité) Um schnellstmöglich zu einer Therapie zu kommen, müsse die Forschung jedoch über die Grenzen der Disziplinen und Einrichtungen hinweg arbeiten, so Volk. Aus diesem Grund sind neben Forschern der Charité, aus der Freien Universität und der Technischen Universität auch eine Vielzahl von Wissenschaftlern aus anderen Einrichtungen wie dem Max-Delbrück-Centrum, dem Deutschen Rheuma-Forschungszentrum, zwei Max-Planck-Instituten sowie dem Forschungszentrum GKSS in Teltow und der Universität Potsdam beteiligt. Gleichzeitig sitzen zahlreiche Unternehmen mit im Boot – neben der Schering AG auch eine Reihe von Biotechnologie-Unternehmen. Insgesamt zehn Millionen Euro steuert darüber hinaus die Helmholtz-Gemeinschaft zum Aufbau des Berliner Translationszentrums bei. Zusammen mit weiteren Geldern der Technologiestiftung, der Industrie und der Charité belaufen sich die zur Verfügungen stehenden Mittel dabei auf rund 45 Millionen Euro.

Interdisziplinär ist auch das Leipziger Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM), das mit 20 Millionen Euro Startkapital beginnen wird.  Auch hier wollen Wissenschaftler der verschiedensten Einrichtungen und Unternehmer zusammenarbeiten, um neue diagnostische und therapeutische Konzepte für die Regenerative Medizin zu entwickeln und zielgerichtet in die klinische Praxis zu überführen. Neben den Universitäten Leipzig und Halle-Wittenberg, dem Leipziger Universitätsklinikum und dem Herzzentrum in Leipzig werden auch das Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie, das Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik sowie das Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung unter dem Dach des TRM zusammenarbeiten. Darüber hinaus beteiligen sich auch hier eine Reihe von Biotech-Unternehmen.

Ziel: Vom Labor zum Patienten

Inhaltlich reicht das Spektrum der Forscher in Leipzig von grundlagenorientierten bis hin zu angewandten Projekten: So geht es um die Erforschung von neuen biomedizinischen Implantaten, die die Wiederherstellung von Geweben und Organen verbessern sowie zur Steuerung des Zellwachstums beitragen sollen. Darüber hinaus werden Ansätze für zellbasierte Therapien unter Verwendung von Stammzellen entwickelt. „Uns geht es darum, biotechnologische Verfahren zu entwickeln, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse möglichst schnell in die Praxis umsetzen“, erklärt Frank Emmerich, Direktor des Fraunhofer Instituts für Zelltherapie und Immunologie.

Beide Zentren verfolgen eine Strategie, die auch die Zusammenarbeit mit Regulierungsbehörden und Kostenträgern im Gesundheitswesen miteinschließt. Zudem wird eine Kooperation der Berliner und Leipziger Forscher mit den Wissenschaftlern des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungszentrums „Regenerative Therapien“ in Dresden angestrebt, das sich vor einem Jahr in einem Wettbewerb durchsetzte und für zwölf Jahre mit 60 Millionen Euro unterstützt wird.

Biomaterialien

Andreas Lendlein vom GKSS Forschungszentrum in Teltow arbeitet im Rahmen der Regenerativen Medizin an funktionalen Biomaterialien, die sich gezielt in einer bestimmten Weise verformen lassen: zum Beispiel ein sich selbst verknotender Operationsfaden. Lendlein gehört zu jenen 51 Nachwuchsforschern, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit dem BioFuture-Preis ausgezeichnet wurden.

www.biofuture-wettbewerb.de

Podcast mit Andreas Lendlein:
Audiobeitrag hören
(Interview im Auftrag der Helmholtz-Gemeinschaft, 48kbps)


Menschen

Forscherprofile

Sie möchten noch mehr Persönlichkeiten aus der biotechnologischen Forschung in Deutschland kennenlernen? In der Rubrik Menschen haben wir bereits eine ganze Reihe von Wissenschaftlern und Unternehmern porträtiert.


Zur Rubrik Menschen

Förderbeispiele

glowing cells in a test tube

Sie möchten erfahren, in welche Forschungsprojekte öffentliche Gelder fließen? Unter der Rubrik Förderbeispiele stellen wir regelmäßig öffentlich geförderte Forschungsvorhaben inhaltlich vor.


Zur Rubrik Erfindergeist