Photoreaktoren: rotes Licht für grüne Algen

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Ein Versuchsaufbau zum effizienten Photobioreaktor im Otto-Schott-Institut für Materialforschung der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Quelle: Jan-Peter Kasper/FSU

20.08.2013  - 

Ein vielversprechender Trend in den Bio- und Umweltwissenschaften ist die Nutzung von Mikroalgen zur Erzeugung von Biomasse, als CO2-Speicher, in der Pharmazie oder in der Kosmetikindustrie. Die Kultivierung der Algen ist allerdings schwierig: Die dazu notwendigen Photobioreaktoren sind in der Bilanz längst nicht so effizient wie in natürlichen Systemen. Jenaer Materialforscher haben nun einen Photoreaktor entwickelt, der die Spektraleigenschaften des einfallenden Lichts auf den Bedarf der Algen abstimmt. Wie die Forscher im Fachjournal Nature Communications (2013, Online-Veröffentlichung) berichten, wandeln Leuchtstoff-Beschichtungen die grünen Anteile des Lichts in rotes Licht um. Mit diesem sind die Algen produktiver.

Bereits jetzt gibt es Häuserfassaden, die mit Bioreaktoren ausgerüstet sind und über Biomasseproduktion und Solarthermie das Haus mit Energie versorgen (mehr...). Ziel von Materialforschern ist es, die Energiebilanz der Reaktoren zu optimieren und die Organismen zu höchster Effizienz anzutreiben. Gleichzeitig muss die Produktion nachhaltig sein. Zahlreiche Faktoren müssen dabei beachtet werden: Unter anderem müssen die Lichtquantität, die Beschaffenheit und Dicke der Biofilme, Temperatur, Gasversorgung und Nährstoffversorgung genau aufeinander abgestimmt sein (mehr...). Forscher der Universitäten Jena und Erlangen-Nürnberg, des Jenaer Instituts für Photonische Technologien und des Bayerischen Zentrums für Angewandte Energieforschung sorgen mit ihrer Erfindung nun für die passende Lichtqualität.

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Nachwuchs im Rotlicht-Milieu

Haematococcus pluvialis – so heißt die Grünalge, an der die Jenaer Wissenschaftler ihre Reaktoren in der Praxis erprobt haben. „In unserem Reaktor wächst sie schneller und produziert mehr Sauerstoff“, fasst Lothar Wondraczek das Ergebnis zusammen. Die Forscher entwickelten einen Flachbettreaktor, der über spezielle Schichten aus kristallinen Leuchtstoffen verfügt, die beispielsweise in modernen Fernseh-Displays verwendet werden. Diese wandeln die grünen Anteile des einfallenden Sonnenlichts in rote um. „Glas spielt in derartigen hochwertigen Reaktoren vor allem aufgrund seiner Langzeitbeständigkeit, seiner optischen Eigenschaften und seiner Umweltverträglichkeit eine entscheidende Rolle“, sagt Wondraczek.

Photosynthese mit Grün-Schwäche

Zur Energiegewinnung nutzen die Einzeller die Photosynthese, bei der sie Lichtenergie in chemische Energie umwandeln. Diese nutzen sie dann zur Produktion von Biomasse aus Wasser und CO2. Aufgefangen wird das Licht durch die Farbstoffe der Pflanzen- und Augenzellen: die Chlorophylle und Carotinoide. Durch ihre biophysikalische Beschaffenheit absorbieren diese Lichtsammelkomplexe die meiste Lichtenergie in roten und blauen Wellenlängenbereichen.Lichtsammelchip für die künstliche PhotosysntheseQuelle: biotechnologie.tv Die Photosyntheserate korreliert mit dieser Absorption. Um die Photosyntheserate ihrer Reaktoren zu verbessern, suchten die Materialforscher also nach einer Lösung um den Blutregenalgen möglichst viel rotes Licht anzubieten. Der sogenannte Converter-Layer mit den Leuchtstoffen liegt direkt vor einem Spiegel auf der Rückwand im Inneren des Reaktors. Das einfallende Sonnenlicht durchleuchtet also den Behälter samt Algen, die einen Teil des Lichts schon absorbieren. An der Rückwand wird das übrige, größtenteils grüne Licht im Converter-Layer umgewandelt und von der Spiegelfläche zurück in Richtung Algen gestrahlt.

Biomasse, Erdgas und Kosmetika

„Das Reaktorkonzept ist nicht allein dafür gedacht, Biomasse zu erzeugen“, erklärt Wondraczek. Vor allem die biologische Synthese von Feinchemikalien für biologische Farbstoffe, Nahrungsergänzungsmittel oder etwa Kosmetika sei ein Hauptvorhaben seines Teams, so der Materialwissenschaftler. Besonders gut eignet sich das Konzept für Gegenden, in denen die Sonneneinstrahlung relativ gering ist. Selbst in geschlossenen Räumen, im Weltall oder unter künstlicher Beleuchtung sei der Reaktor einsetzbar. Die Einsatzmöglichkeiten von Photobioreaktoren sind vielfältig. Auch andere Forscherteams nutzen die Algen nicht nur zur Biomasseproduktion. Ein Team um den Leipziger Pflanzenforscher Christian Wilhelm beispielsweise nutzt ein Zwischenprodukt der Photosynthese, um daraus Erdgas zu produzieren (mehr...).

© biotechnologie.de/bs

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