ISAAA-Report 2012: gv-Anbau wächst überall, auch in Europa
08.02.2012 -
Ein ungebrochener Trend: Weltweit werden mehr und mehr gentechnisch veränderte (gv) Nutzpflanzen angebaut. Im vergangenen Jahr hat die Anbaufläche um 12 Millionen auf jetzt 160 Millionen Hektar zugenommen, meldet der International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications (ISAAA) in seinem aktuellen Jahresreport. 16,9 Millionen Landwirte in 29 Ländern säen demnach gv-Pflanzen aus. Auf den ersten Blick überraschend: Auch in Europa ist die Anbaufläche um immerhin 20 Prozent gestiegen. Das liegt vor allem an Spanien und Portugal, wo es 2011 einen sprunghaften Zuwachs beim Anbau von Mais der Sorte MON810 gab. In Deutschland wurde im vergangenen Jahr nur auf zwei Hektar die gv-Stärkekartoffel Amflora angebaut. 2012 wachsen keinerlei gv-Pflanzen auf deutschen Äckern.
Die Reihenfolge der größten Anbauländer hat sich 2011 nicht verändert. Nach wie vor sind die USA (69 Millionen Hektar), Brasilien (30,3), Argentinien (23,7), Indien (10,6) und Kanada (10,4) die Spitzenreiter. In weiteren fünf Ländern wurden auf einer Fläche von mehr als einer Million Hektar gv-Pflanzen angebaut: China (3,9), Paraguay (2,8), Pakistan (2,6), Südafrika (2,3) und Uruguay (1,3). Knapp die Hälfte der Fläche entfällt mittlerweile auf Schwellen- und Entwicklungsländer. Dort sind auch die größten Zuwächse zu verzeichnen. Am schnellsten nehmen gv-Flächen in Brasilien zu, wo alleine 2011 weitere 5 Millionen Hektar dazukamen. Aber auch in Indien, auf den Philippinen und in Mexiko greifen immer mehr Bauern zu den gv-Sorten.
ISAAA |
Eine Zusammenfassung des ISAAA-Reports für das Jahr 2011 gibt es auf der Webseite der Organisation. |
Bedeutung von gv-Zuckerrüben wächst
Seit 1996 werden gentechnisch veränderte Pflanzen kommerziell angebaut. Jedes Jahr gibt der ISAAA eine Bestandsaufnahme heraus. Der Verband wird unter anderem von UN-Organisationen wie der UNESCO und Agrarkonzernen wie Monsanto finanziert. Die Sorten, die jetzt auf dem Markt sind, gehen oft aus Forschungen in den achtziger Jahren zurück. Noch gibt es nur von wenigen Nutzpflanzenarten eine gv-Variante. Die wichtigsten sind Sojabohnen (75,4 Millionen Hektar), Mais (51), Baumwolle (24,7) und Raps (8,2). Langsam aber sicher werden aber auch exotischere Arten relevant. So wächst die Bedeutung von gv-Zuckerrüben in den USA und Kanada, von gv-Papaya in den USA und China), von gv- Luzerne und gv-Zucchini ebenfalls in den USA sowie von gv-Tomaten, gv-Paprika und gv-Pappeln in China.
Europa gibt ein gespaltenes Bild ab. Während Frankreich seit 2008 und Deutschland seit 2009 keine gv-Pflanzen mehr anbauen (mit der Ausnahme der zwei Hektar mit Amflora-Stärkekartoffeln in Deutschland 2011), legten Spanien und Portugal deutlich zu. Nach den Angaben der dortigen Ministerien - der ISAAA-Report enthält nur gröbere Schätzungen - stieg die Anbaufläche für gv-Mais MON810 von 76.600 auf 97.300 Hektar und in Portugal von 4.900 auf 7.700. Damit wurden in Europa nach Jahren des Schrumpfens nach einer Berechnung der Website transgen.de insgesamt wieder mehr gv-Pflanzen angebaut, auf nun insgesamt 114.600 Hektar, Im Jahr 2010 waren es noch 91.200 Hektar.
ISAAA-Reports auf biotechnologie.de |
Bild in Europa ist wiedersprüchlich
Die zweite in Europa zugelassene gv-Pflanze, die Amflora-Stärkekartoffel, hatte dagegen nur eine kurze Karriere. 2011 wurde die von BASF entwickelte Sorte immerhin auf einem 20 Hektar großen Feld in Schweden und auf einem Versuchsacker in Üplingen in Sachsen-Anhalt angebaut. Vor wenigen Wochen kündigte BASF an, Amflora nicht mehr in Europa vermarkten zu wollen. Die Entscheidung erfolgte zusammen mit der Meldung, dass BASF den Großteil der Forschung in der Pflanzenbiotechnologie vom deutschen Limburgerhof und anderen europäischen Standorten in die USA verlegen wird (mehr...).
Für Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann ist Europa für die grüne Gentechnik endgültig zum unwirtlichen Territorium geworden. "Die weitverbreitete Ablehnung gegen Gen-Pflanzen und Umweltschutz-Bedenken vieler europäischer Regierungen, Wissenschaftler und Landwirte haben aus Gentechnik einen wirtschaftlichen Reinfall gemacht." Die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie dagegen sieht Europa als Ausnahme eines weltweiten Trends. „Während viele Länder von den Vorteilen der Pflanzenbiotechnologie profitieren, verspielen Deutschland und Europa leider ihre Chancen“, sagte DIB-Vorsitzender Stefan Marcinowski in einer Reaktion auf den Report. „Politik und Gesellschaft müssen sich bewusst sein, welche Konsequenzen es hat, wenn High-Tech-Berufe abwandern, weil Emotionen anstelle von Wissenschaft Grundlage für Entscheidungen werden.“
Entwicklung des weltweiten gv-Anbaus laut ISAAA
Land | Anbau 2009 (in Hektar) | Anbau 2010 | Anbau 2011 | Angebaute Pflanzen |
USA | 64,0 Mio | 66,8 Mio | 69,0 | Mais, Soja, Baumwolle, Raps, Kürbis, Papaya, Alfalfa, Zuckerrübe |
Brasilien | 21,4 Mio | 25,4 Mio | 30,3 | Mais, Soja, Baumwolle |
Argentinien | 21,3 Mio | 22,9 Mio | 23,7 | Mais, Soja, Baumwolle |
Indien | 8,4 Mio | 9,4 Mio | 10,6 | Baumwolle |
Kanada | 8,2 Mio | 8,8 Mio | 10,4 | Mais, Soja, Raps, Zuckerrübe |
China | 3,7 Mio | 3,5 Mio | 3,9 | Baumwolle, Pappeln, Tomaten, Petunien, Paprika, Papaya |
Paraguay | 2,2 Mio | 2,6 Mio | 2,8 | Soja |
Pakistan | - | 2,4 Mio | 2,6 | Baumwolle |
Südafrika | 2,1 Mio | 2,2 Mio | 2,3 | Mais, Soja, Baumwolle |
Uruguay | 0,8 Mio | 1,1 Mio | 1,3 | Mais, Soja |
Bolivien | k.A. | 0,9 Mio | 0,9 | Soja |
Australien | 0,2 Mio | 0,7 Mio | 0,7 | Baumwolle, Raps, Nelke |
Philippinen | 0,5 Mio | 0,5 Mio | 0,6 | Mais |
Burkina Faso | 0,1 Mio | 0,3 Mio | 0,3 | Baumwolle |
Myanmar | - | 0,3 Mio | 0,3 | Baumwolle |
Mexiko | k.A. | 0,1 Mio | 0,2 | Baumwolle, Soja |
Spanien | 0,1 Mio | 0,1 Mio | 0,1 | Mais |
Kolumbien | k.A. | < 0,1 Mio | Baumwolle | |
Chile | k.A. | < 0,1 Mio | Mais, Soja, Raps | |
Honduras | k.A. | < 0,1 Mio | Mais | |
Rumänien | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais, Soja | |
Portugal | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais | |
Tschechische Republik | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais, Kartoffel | |
Slowakei | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais | |
Polen | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais | |
Ägypten | k.A. | < 0,1 Mio | Mais | |
Costa Rica | k.A. | < 0,1 Mio | Baumwolle, Soja | |
Schweden | - | < 0,1 Mio | Kartoffel | |
Deutschland | 0 | < 0,1 Mio (2 Hektar) | Kartoffel |
Quelle: ISAAA Report 2011