Gefährlicher Schädling durch genetisches Barcoding gefasst

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Die gefährliche Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) wurde nun erstmals mit gentechnischen Methoden in Deutschland nachgewiesen. Quelle: bonemeal/wikimedia commons

01.02.2012  - 

Das Projekt „Barcoding Fauna Bavarica“ verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Alle Tierarten Bayerns sollen mit einem genetischen Erkennungscode in einer Datenbank zusammengefasst werden. Dieses sogenannte Barcoding soll die Arbeit der Artbestimmung revolutionär erleichtern und mobile Bestimmungsgeräte ermöglichen. Was auf den ersten Blick wie ein rein wissenschaftsgetriebenes Projekt anmutet, entfaltet auch im Alltag seine Wirkung: Weil die Forscher bei ihren Arbeiten einen gefährlichen, in Deutschland bisher unbekannten Pflanzenschädling gefunden haben, können die Behörden nun frühzeitig auf die neue Bedrohung reagieren.

Wissenschaftler der Zoologischen Staatssammlung München erfassen für alle Tierarten Bayerns einen genetischen Erkennungscode. Mit ihrem Projekt „Barcoding Fauna Bavarica“ sind sie am internationalen Projekt „Barcoding of Life" beteiligt, dass die Bestimmung von Organismen revolutionieren soll. Die genanalytische Methode des Barcoding erlaubt es, anhand von Gewebe- oder DNA-Proben bekannte aber auch neue Arten zu bestimmen. Die Wissenschaftler erstellen die Barcodes anhand bestimmter, unverwechselbarer Gen-Abschnitte, die bei jeder Tierart einzigartige Muster aufweisen. Genetisches Barcoding – tatsächlich ist die Methode nach den Strichcode-Etiketten auf Kaufhausware benannt – revolutioniert derzeit die Bestimmungslehre. In der Vergangenheit verließen sich die Forscher allein auf äußere Merkmale, um die Verwandschaftsbeziehungen der Tierarten zu bestimmen. Diese traditionelle Arbeitsweise auch heute noch eine wichtige Basis: Um die genetische Datenbank aufzubauen, muss erst einmal klar sein, von welchen Tieren das Material im Reagenzglas überhaupt stammt. Nur dann lassen sich Artname und genetischer Code korrekt verknüpfen.

Ziel ist eine allumfassende globale Datenbank

Barcoding eröffnet Möglichkeiten für Forschung, aber auch Umwelt- und Naturschutz, wo die Taxonomen bisher immer wieder an ihre Grenzen stießen: Während ein Betrachter nach Augenschein bestimmt, ob ein Tier zu Art A oder B gehört, ist der genetische Fingerabdruck eindeutig. Per molekulargenetischer Untersuchung lässt sich ein Individuum auch dann identifizieren, wenn nur ein Beinchen von ihm gefunden wird. So können beispielsweise Insekten auch in einem frühen Entwicklungsstadium, in dem eindeutige Bestimmungen bisher kaum möglich waren, sicher erkannt werden. Selbst aus Laich, bei dem für das bloße Auge ein Ei wie das andere aussieht, ließe sich mittels Barcode eindeutig ablesen, welcher Fisch schlüpfen wird. Langfristiges Ziel von "Barcoding of Life" (mehr…) ist eine riesige globale Referenzdatenbank aller Arten der Welt, ob Pflanze, Tier oder Pilz.

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Kirschessigfliege erstmals nachgewiesen

Wie wertvoll so eine Ressource sein kann, bewiesen jetzt die Münchener Forscher. Der Fliegenexperte Dieter Doczkal sammelte im Herbst 2011 Insekten für genetische Proben im Rahmen des internationalen Projektes. In den Proben fanden die Wissenschaftler schließlich genetische Spuren der Kirschessigfliege (Drosophila suzukii). Das Insekt stammt ursprünglich aus Ostasien und hat sich inzwischen in den USA, in Kanada sowie seit 2008 auch in Südeuropa als gefährlicher Schädling etabliert. In Deutschland war es bisher noch nicht bekannt. Die Forscher vermuten, dass das Tier durch befallene Früchte im Handel nach Deutschalnd eingeschleppt wurde. In Spanien, Frankriech und Italeien, richtet die Fliege massive Schäden in Steinobst- und Beerenkulturen sowie im Weinbau an. Aus Südtirol sind im Weinbau stellenweise Ernteausfälle von bis zu 25 Prozent bekannt geworden, bei Süßkirschen berichten Landwirte sogar von lokalem Totalausfall der Ernte.

Den Schädlingsnachweis werten die Forscher als Erfolg: „Das Barcoding-Projekt bestand damit seinen ersten Praxistest und zeigt, welche immense Bedeutung diese Methode künftig auch für die Landwirtschaft besitzen wird“, heißt es von der Zoologischen Staatssammlung. Denn die nur wenige Millimeter messende Kirschessigfliege kann selbst von Experten nur mit hohem Aufwand zweifelsfrei identifiziert werden. Per Genanalyse lässt sich der Nachweis nun schnell und zuverlässig führen. Den dafür notwendigen „Barcode“ haben die Forscher nun in ihrer Datenbank hinterlegt.

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