Nanogel-Impfung gegen Hepatitis C
24.08.2011 -
Hepatitis C quält Patienten oft ein Leben lang. Die Krankheit wieder aus dem Körper zu bekommen, hat sich als schwierig erwiesen. Die internationale Forschung konzentriert sich deshalb auf einen Impfstoff. Am Braunschweiger Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI) verfolgen Impfstoffforscher einen neuartigen Ansatz. Nur noch kleine Bestandteile der Krankheitserreger werden verwendet, um eine Immunantwort des Körpers auszulösen. Das Europäische Verbundprojekt HCVAX, an dem das HZI beteiligt ist, dringt dabei in bisher unbekannte Mikromaßstäbe vor. „Wir arbeiten mit Nanogelen, die RNA-Replikons transportieren“, sagt Projektleiter Carlos A. Guzmán.
Transplantationen oder unsaubere Spritzen sind die häufigste Quelle für Infektionen mit dem Hepatitis C Virus (HCV). Weltweit sind 170 Millionen Menschen betroffen und auch drei Prozent der europäischen Bevölkerung sind von viraler Hepatitis betroffen. Ein ernsthaftes Problem mit langen Folgekosten: Einmal infiziert, bleibt das Virus oft lebenslang im Körper, eine chronisch entzündete Leber oder Leberkrebs gehören zu den Spätfolgen. Die verfügbaren Therapien sind teuer und nur bei einem Teil der Patienten wirksam. Bis heute gibt es keine Impfung gegen das Virus. „Traditionelle Impfstoffe bestehen aus inaktivierten oder abgeschwächten Viren oder Bakterien“, erklärt Guzmán.
Immunsystem wird mit Virus-RNA trainiert
Am HZI forscht man an so genannten Subunit-Impfstoffen. Hierbei werden nur noch kleine Bestandteile von Krankheitserregern verwendet, um eine Immunantwort des Körpers auszulösen. Die Forscher setzen dabei auf spezielle RNA-Moleküle für die HCV-Bruchstücke – und zwar die RNA-Replikons. Diese basieren auf einem Schweinefieber-Virusgenomund wurden für diese Zwecke so verändert, dass sie die Baupläne für kleine Bestandteile des HCV enthalten. Mit Hilfe der Nanogele können diese direkt zu den dendritischen Zellen gebracht werden. Diese Immunzellen nehmen die Nanogele inklusive der RNA-Replikons auf und produzieren letztlich Bestandteile des Virus, die für den Körper ungefährlich sind, aber im Körper eine richtige Immunantwort auslösen. Das heißt: Abwehr- und Gedächtniszellen werden gebildet, sodass die auf diese Weise geimpfte Person schließlich dauerhaft gegen das Virus geschützt ist.
Aus Sicht der Forscher bietet ihr Ansatz im Vergleich zu bisherigen Methoden viele Vorteile: Der Impfstoff kann direkter eingebracht werden und die Impfreaktion ist zielgerichteter. „Der Unterschied ist, dass wir keine Proteine spritzen, sondern die Proteine erst in der Zelle ausgebildet werden“, betont Guzmán. Wer hofft, der langen Nadel zu entgehen, wird allerdings enttäuscht werden: Auch der in Entwicklung befindliche Impfstoff muss nach bisherigem Kenntnisstand gespritzt werden.
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Partner in der Schweiz und in Frankreich
Die HZI-Forscher bearbeiten das HCVAX-Projekt zusammen mit Partnern in der Schweiz und Frankreich sowie mit Kollegen der EDI GmbH in Reutlingen. Dabei kümmern sich die HZI-Forscher vor allem um Hilfsstoffe, die die Immunantwort verstärken sollen. „Der zu entwickelnde Hepatitis-C-Impfstoff muss eine geeignete Immunantwort auslösen, um einen effektiven Schutz vor dem HCV zu gewährleisten“, beschreibt Guzmán die Vorgehensweise. „Daher verstärken und modulieren wir die hervorgerufenen Immunantworten mit Hilfe von Adjuvantien. Die meisten basieren auf Naturstoffen von Bakterien, die bei der bakteriellen Zell-Zell-Kommunikation eine Rolle spielen. Wir haben diese weiter optimiert und synthetisch hergestellt, um so die hervorgerufenen Immunantworten zu optimieren und um mögliche Nebenwirkungen weiter zu minimieren.“
Ausweitung auf andere Virenvarianten
Das auf drei Jahre angelegte Verbundprojekt wird durch die „EuroNanoMed Joint Transnational Initiative“ der Europäischen Union gefördert. Auf deutscher Seite fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Forschung mit einer halben Million Euro an das HZI und weiteren Zuwendungen an das EDI. Die Forscher hoffen, zum Projektende im Jahr 2014 erste Impfstoffkandidaten für die klinische Prüfung zu haben. Sollte sich der Impfstoff als sicher und wirksam erweisen, ließe sich das für Hepatitis entwickelte Verfahren womöglich auch auf andere Krankheiten übertragen: Mit der Nanogel-Methode könnten theoretisch auch die Erbinformationen anderer humaner Pathogene eingeschleust werden. Das sei nicht nur ökonomisch sinnvoll, meint Guzmán, sondern auch im Fall des HCV eine Notwendigkeit: „Es existieren unterschiedliche Genotypen des HCV mit sehr unterschiedlichen Prävalenzen in z.B. Asien und Europa.“ Mit Hilfe entsprechender RNA-Replikons könnten dann Impfstoffe gegen die verschiedenen Genotypen auf Basis der gleichen Technologie entwickelt werden.
Autorin: Cornelia Kästner