Hausschwamm-Genom liefert Ideen für Energieerzeugung
26.07.2011 -
Gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam haben Göttinger Wissenschaftler nun das Genom des Hausschwamms entschlüsselt. Besonders die Besitzer von Fachwerkhäusern fürchten den Pilz. Er zersetzt die in Holzbalken enthaltene Zellulose, so dass sie ihre Stabilität einbüßen. Bald könnte der Pilz jedoch eine zweite Karriere als wichtiger Nützling starten: Durch die Erbgutsequenzierung ist nun klar, wie genau der Zelluloseabbau abläuft und welche Enzyme daran beteiligt sind. Diese Erkenntnisse könnten wichtige Ideen liefern, wie sich aus nachwachsenden Rohstoffen Biokraftstoffe der zweiten Generation herstellen lassen. Ihre Ergebnisse präsentierten die Forscher nun in der Fachzeitschrift Science (Online-Veröffentlichung, 2011).
Zeigen sich an Dachbalken oder Bodendielen rostbraune, weiß beränderte Schwämme, sollten bei Hausbesitzern die Alarmglocken schrillen. Möglicherweise hat sich an solchen Stellen der Echte Hausschwamm eingenistet. Der Braunfäuleepilz Serpula Lacrymans, so sein wissenschaftlicher Name, löst die im Holz enthaltene Zellulose heraus und schwächt das Material dadurch erheblich. Das kann soweit gehen, dass sich sogar dicke Balken mit der Hand zerbröseln lassen.
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Zunächst Erbgutsequenz entschlüsselt
Der Schädling könnte dank der Wissenschaftler um Ursula Kües von der Abteilung Molekulare Holzbiotechnologie und technische Mykologie der Universität Köln nun eine zweite Karriere in den Erneuerbaren Energien bevorstehen.
Als erstes haben die Forscher das Erbgut entschlüsselt und mit dem anderer Pilze verglichen. Ergebnis: Der Hausschwamm ist offenbar mit sogenannten Mykorrhizapilzen verwandt, die mit Baumwurzeln eine symbiotische Lebensgemeinschaft eingehen und Bäume mit Nährstoffen versorgen: Sowohl Schädling als auch Nützling besitzen beide nur eine reduzierte Ausstattung an Genen zum Abbau der Zellwände von Pflanzenzellen. Beide Arten können eigentlich kein Lignin – neben Zellulose ein weiterer wichtiger Bestandteil der Zellwand – mehr abbauen. Die Zellwand müssen die Braunfäulepilze deswegen zuerst chemisch knacken, erst die dadurch freigewordenen Zellulosebruchstücke können sie enzymatisch verdauen.
Dann Stoffwechselwege analysiert
In einem zweiten Schritt hat die Arbeitsgruppe von Kues die im Pilz aktiven Proteine analysiert. Wenn der Schwamm auf Holz wächst, sind offenbar besonders viele Proteine aktiv, die Zellulosefragmente und andere komplexe Zuckerstrukturen abbauen können. Das wiederum macht den Pilz für die Erzeugung von Erneuerbaren Energien so interessant. Insbesondere die Biokraftstoffe der zweiten Generation sollen nicht merh aus Mais oder Zuckerrohr sondern aus Stroh oder Holzabfällen hergestellt werden (mehr…). Das Münchener Spezialchemieunternehmen Süd-Chemie baut in Bayern an einer großen Demonstrationsanlage, in der aus Zellulose Biosprit entstehen soll (mehr…). Damit das klappt, müssen die im Verfahren eingesetzten Enzyme optimale funktionieren. Zuerst muss die Zellwand aufgebrochen, anschließend muss die Zellulose zu Bioethanol umgesetzt werden. Wie das schon in der Natur funktioniert, zeigt der Echte Hausschwamm. Im Laufe der Evolution hat er ein optimal auf seine Bedürfnisse angepasstes System entwickelt, um die Zellulose abzubauen. Durch die Arbeiten der Wissenschaftler um Kues sind die dafür benötigten Stoffwechselwege und Enzyme nun bekannt. Möglicherweise können sie auch für die Produktion von Biosprit wichtige Impulse geben.