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Bioraffinerien: Nachwachsende Rohstoffe effizient nutzen

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Die Lignocellulose-Bioraffinerie-Anlage am Fraunhofer CBP in Leuna. Quelle: Gunter Binsack/Fraunhofer CBP

Biomasse ist ein komplexer Rohstoff, aus dem sich nicht nur verschiedene Materialien, Werkstoffe und Energieträger, sondern auch viele Bausteine für Chemikalien gewinnen lassen. Bioraffinerien sind technische Anlagen für die vielseitige Verwertung der Biomasse: Hier wird darauf abgezielt, nachwachsende Ressourcen im Industriemaßstab möglichst vollständig und nachhaltig zu nutzen und zu veredeln. Erste Pilot- und Demonstrationsanlagen gibt es hierzulande bereits. Das Dossier beleuchtet die wichtigsten Konzepte und gibt einen Überblick über den Stand der Forschung.

Was ist eine Bioraffinerie?

Als Energieträger und Ausgangsmaterial vieler chemischer Industrieprodukte ist Erdöl derzeit der dominierende Rohstoff der Weltwirtschaft. Der größte Teil der verarbeiteten Grundchemikalien wird aus Erdöl gewonnen. So wird es zum Ausgangsstoff für viele Güter, von Lacken zu Tensiden im Reinigungsmittel bis zum allgegenwärtigen Kunststoff. Raffinerien sind in der Erdölindustrie die Betriebe, in denen das Ausgangsmaterial Rohöl destilliert, gereinigt und zu Mineralöl veredelt wird.

Biomasse als komplexer Rohstoff

Nachwachsende Rohstoffe, die sich sowohl energetisch als auch stofflich nutzen lassen, bieten eine vielversprechende Alternative zum Erdöl. Mit dem Begriff „Biomasse“ sind alle Materialien biologischen Ursprungs gemeint, die nicht in geologischen Formationen eingeschlossen oder versteinert sind. Pflanzliche oder tierische Biomasse ist ein komplexes Stoffgemisch aus Kohlenhydraten, Fetten, Ölen und Proteinen. Dadurch eignet sie sich ebenfalls als Rohstoff für die Herstellung von Chemikalien. 2013 machten nachwachsende Rohstoffe 13,5 Prozent der Ressourcen der chemischen Industrie in Deutschland aus, das entspricht nach Zahlen des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) 2,7 Millionen Tonnen pro Jahr. 60 Prozent davon werden importiert.

Eine Bioraffinerie schematisch: In den Betrieben werden biogene Rohstoffe in ihre Komponenten aufgetrennt, raffiniert und veredelt.Lightbox-Link
Eine Bioraffinerie schematisch: In einer integrierten Produktionsanlage werden biogene Rohstoffe in ihre Komponenten aufgetrennt, raffiniert und veredelt.Quelle: Roadmap Bioraffinerien

Kernmerkmale einer Bioraffinerie

In Analogie zu Erdölraffinerien geht es in biobasierten Raffinerien darum, den Rohstoff Biomasse so effizient und nachhaltig wie möglich zu verwerten. Eine Bioraffinerie steht für ein integratives und multifunktionelles Nutzungskonzept: In einer technischen Anlage wird der Rohstoff Biomasse mithilfe verschiedenster Technologien in ein Spektrum aus Zwischen- und Endprodukten umgewandelt – und das unter möglichst vollständiger Nutzung aller Biomasse-Bausteine. Es entstehen in erster Linie biobasierte Werkstoffe, Chemikalien oder Energieträger. Da sich hierbei die Energiegewinnung mit der stofflichen Nutzung koppeln lässt, wird die Effizienz noch zusätzlich gesteigert. Diese Verwertung wird auch als Kaskadennutzung bezeichnet.

Die Verarbeitung des Rohstoffs Biomasse in nutzbare Produkte umfasst dabei mehrere Verfahrensschritte: Zunächst wird die angelieferte Biomasse – beispielsweise Gras, Stroh oder Holz – vorbehandelt und aufbereitet. In einem nächsten Schritt wird das pflanzliche Stoffgemisch in seine Komponenten aufgetrennt, etwa in Cellulose, Stärke oder Lignin (Primärraffination). Dann folgen weitere Veredelungsschritte, die schließlich zu Produkten führen (Sekundärraffination).

Vielfalt der Technologien und Produkte

In einer Bioraffinerie kommt ein vielfältiger Technologie-Mix zum Einsatz: Dazu zählt nicht zuletzt auch die industrielle Biotechnologie. Denn Enzyme und Mikroorganismen sind wichtige Werkzeuge, um die Biomasse aufzuschließen und umzuwandeln. Meist sind aber zusätzlich noch physikalische und chemische Verfahren notwendig, um die Biomasse in ihre Einzelbestandteile zu zerlegen. Ein Schlüsselmerkmal einer Bioraffinerie ist zudem die breite Vielfalt der Zwischen- und Endprodukte. Entsteht in einer Biomasse verarbeitenden Anlage nur ein Hauptprodukt – etwa Biodiesel oder Biogas – spricht man nicht von einer Bioraffinerie. Ein typisches Merkmal sind jedoch die sogenannten Koppelprodukte – darunter verstehen Prozesstechniker zwei oder mehrere Produkte, die in einem gleichen Produktionsgang gleichzeitig und zwangsläufig anfallen. Die effiziente und möglichst abfallfreie Verwertung und Konversion biogener Roh- und Reststoffe in Bioraffinerien bietet jedenfalls große Chancen für Klimaschutz, Wertschöpfung und Ressourceneffizienz im Sinne der Bioökonomie.

Definition Bioraffinerie

„Eine Bioraffinerie zeichnet sich durch ein explizit integratives,multifunktionelles Gesamtkonzept aus, das Biomasse als vielfältige Rohstoffquelle für die nachhaltige Erzeugung eines Spektrums unterschiedlicher Zwischenprodukte und Produkte unter möglichst vollständiger Verwendung aller Rohstoffkomponenten nutzt; als Koppelprodukte können zusätzlich auch Nahrungs- und/oder Futtermittel anfallen. Hierfür erfolgt die Integration unterschiedlicher Verfahren und Technologien.

Quelle: Roadmap Bioraffinerien

 
Downloads

Roadmap Bioraffinerien

Hrsg. Die Bundesregierung, 2012 Download PDF (5,5 MB) PDF online ansehen

Weiße Biotechnologie – Chancen für eine biobasierte Wirtschaft

BMBF, 2015 Download PDF (2,6 MB) PDF online ansehen

Bioökonomie in Deutschland

Hrsg. BMBF und BMEL, 2014 Download PDF (17 MB) PDF online ansehen