Wie sich Pflanzen gegen Teufelszwirn wehren können

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Der Teufelszwirn legt sich wie eine Schlinge um seine Opfer und saugt sie aus. Quelle: TU Darmstadt

09.06.2009  - 

Der Name sagt eigentlich alles: Teufelszwirn, Hexenseide und Kletterhur nennt der Volksmund die unter dem lateinischen Namen Cuscuta bekannte Schmarotzerpflanze. In warmen Regionen gedeiht das Windengewächs besonders gut und vernichtet ganze Plantagen von Kaffee, Soja und Getreide. Zierpflanzen wie Bonsai sind ebenfalls betroffen. Aber auch europäische Landwirte lieben das Kraut nicht besonders – obwohl es in einigen Ländern unter Naturschutz steht. „Der Teufelszwirn vernichtet nicht selten 20 bis 80 Prozent, manchmal sogar die komplette Ernte“, sagt Ralf Kaldenhoff, Professor am Lehrstuhl für Angewandte Pflanzenwissenschaften der Technischen Universität Darmstadt. Sein Team hat jetzt einen Weg gefunden, die Abwehr der Nutzpflanzen gegen den Teufelszwirn zu verbessern.

Das Windengewächs hat mehr als 200 Unterarten und ist wie alle Parasiten auf einen Wirt angewiesen. Die Pflanze bildet beim Keimen nur eine kleine Wurzel aus und beginnt sofort, sich über den Boden zu schlängeln, bis sie eine Wirtspflanze riecht. An der windet sie sich hoch und schüttet bestimmte Enzyme aus, die die Zellwände des Wirts aufweichen. In die geschwächten Gewebezellen hakt der Parasit mithilfe eines Klebeeiweißes eine Wurzel ein, und zapft so die Nährstoffzufuhr des Wirts an (2006, The Plant Journal, Vol. 48, S. 548-556). Gleichzeitig umschlingt Cuscuta Stängel und Blätter und raubt der Wirtspflanze so Licht und Pflatz. 

Ralf Kaldenhoff, Pflanzenforscher an der TU DarmstadtLightbox-Link

Ralf Kaldenhoff: Der Professor für Botanik am Lehrstuhl für Angewandte Pflanzenwissenschaften der TU Darmstadt beschäftigt sich seit Jahren mit parasitären Pflanzen wie dem Teufelszwirn. Sie wollen mehr über seine Arbeiten erfahren?

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Erfolgreich bei Tabak und Tomaten

Kaldenhoffs Arbeitskreis hat inzwischen einen Weg gefunden, die Verteidigungskräfte der befallenen Nutzpflanzen zu stärken. Dazu machen sie sich einen Mechanismus zunutze, der im Teufelszwirn selbst vorliegt. Das Angriffsenzym des Parasiten enthält nämlich einen Selbstschutz: Ein Peptid, das als Inhibitor fungiert und verhindert, dass das Enzym aktiv wird und sich der Teufelszwirn beim Angriff selbst verdaut. Wie ein Maulkorb hält es das Enzym ruhig. Das Peptid liegt im Teufelszwirn vor und wird erst deaktiviert, wenn die Pflanze einen Wirt angreift.

Kaldenhoff und sein Team konnten inzwischen zeigen, dass dieser Inhibitor auch andere Pflanzen vor Cuscuta schützt. Zunächst veränderten sie Tabakpflanzen gentechnisch so, dass sie diesen Inhibitor selbst produzieren können. Mit Erfolg. Daraufhin übertrugen sie den Inhibitor auf Tomatenpflanzen, auch dieser Versuch glückte. „Cuscuta löst offenbar immer den gleichen Mechanismus aus“, beschreibt Kaldenhoff. „Wir glauben daher, dass er auch bei anderen Nutzpflanzen funktioniert.“ 

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Kooperation mit Israel und Palästina

Weil Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland strengen Kontrollen unterliegen und immer wieder zerstört werden (mehr...), kooperiert die Arbeitsgruppe mit dem Newe Ya´ar Research Center in Israel. Dort ist man spezialisiert auf Forschungen zu Unkraut und Pflanzenschutzmethoden im agrikulturellen Sektor und verfügt über ausgewiesene Flächen für Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen. "Hierzulande ist aber auch das Interesse geringer“, meint Kaldenhoff. „In südlichen Ländern ist der Schaden sehr viel größer, zahlreiche Kleinbauern verlieren dort ihre Existenz.“ Ein weiterer Forschungspartner ist die Arab-American University Jenin in Palästina.

Kaldenhoff und sein Team wollen nun in Jenin Toxiditätstests durchführen, um zu sehen, welche Auswirkungen die gv-Pflanzen auf die Umwelt haben. Die Versuche sollen in wenigen Monaten starten und zunächst drei Jahre lang laufen. Bei positivem Ergebnis will das Team „gemäß den Gesetzen der jeweiligen Länder weiter verfahren“, wie Kaldenhoff formuliert. Die Zeit bis dahin lässt er jedoch nicht ungenutzt verstreichen: Vor zwei Jahren hat er ein biologisches Pflanzenschutzmittel entwickelt, das auf dem Abwehr-Peptid basiert. Als günstiges Spritzmittel gegen den Teufelszwirn ist das Mittel bereits europaweit patentiert. Ihm selbst hat es bereits genützt: Sein eigener Bonsai ist gerettet. 

Pflanzenforschung

Pflanzenforschung.de - die Webseite zur Pflanzenforschung in Deutschland

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Biosicherheit

Mehr Informationen zu Umweltauswirkungen von gentechnisch veränderte Organismen

Sie wollen wissen, welche Umweltauswirkungen gentechnisch veränderte Organismen haben können? Mehr Informationen finden sie auf: www.biosicherheit.de