Der Volkskrankheit Diabetes den Kampf ansagen

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Eine süße Verführung: Mit Nahrungsmitteln, die dank aktiver Ingredienzen die Zuckeraufnahme hemmen, wäre die Gefahr von Diabetes nicht mehr so groß. Quelle: BirgitH / pixelio.de

20.03.2009  - 

Diabetes breitet sich weltweit in erschreckendem Tempo aus. Schätzungen gehen von 380 Millionen Erkrankten im Jahr 2025 aus. Während ein außer Rand und Band geratener Blutzuckerspiegel zumindest in den Industrieländern gut behandelt werden kann, ist die Prävention noch nicht so weit. Das liegt auch daran, dass die Wissenschaft noch gar nicht alles über die Aufnahme von Zucker im Körper weiß. Ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Biomedizinischen Ernährungsforschung unterstützter Forschungsverbund will das nun ändern. 1,1 Millionen Euro werden investiert, um eine neue Generation funktionaler Nahrungsmittel auf den Weg zu bringen, die den Körper aktiv vor der gefürchteten Überzuckerung schützen.




Diabetes entwickelt sich zur Volkskrankheit. Im Jahr 2006 gab es nach Angaben der WHO in Deutschland acht Millionen Menschen, deren Körper nichzt mehr in der Lage ist, einen gesunden Blutzuckerspiegel zu gewährleisten. Die Diabetes-Union (DU) erwartet in ihrem Gesundheitsbericht Diabetes 2007 bis 2010 sogar zehn Millionen Erkrankte. Selbst wenn sich diese Befürchtung nicht in vollem Maße erfüllt, steigt der Anteil der Zuckerkranken in Deutschland seit den sechziger Jahren doch kontinuierlich an. Waren es 1960 noch 0,6 %, so zählte die DU Ende der 1980er-Jahre bereits 4,1%. Eine Hochrechnung für 2004 ergab 7,6 %.

250 Millionen Diabetes-Kranke

Nicht nur in Deutschland, auf der ganzen Welt ist die Zuckerkrankheit auf dem Vormarsch. Die Internationale Diabetes-Föderation befürchtet, dass die Zahl der Diabetiker weltweit von derzeit rund 250 Millionen bis 2025 auf 380 Millionen ansteigen wird. Das Netzwerk aus weltweit mehr als 200 Diabetes-Organisationen nennt die Zuckerkrankheit deshalb die "Epidemie des 21. Jahrhunderts".

Mehr Informationen zu Diabetes

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Diabetes Deutschland
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Diabetes-Atlas der Internationalen Diabetes-Förderation
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Bisher scheint es keinen Weg zu geben, die Ausbreitung von Diabetes einzudämmen. Die Ursachen der Erkrankung sind komplex, hängen aber - da sind sich di Experten einig - stark mit der modernen und zuckerreichen Ernährung zusammen. In Indien beispielsweise stieg die Zahl der Diabetes-Fälle mit der Ausdehnung der Mittelschicht und der Abkehr von traditionellen Lebens- und Ernährungsformen stark an. Mit einer effektiven Vorbeugung könnten Millionen von Erkrankungen vermieden werden.

Aufnahme von Zucker im Körper erforschen

Das BMBF unterstützt nun im Rahmen seiner Initiative zur Biomedizinischen Ernährungsforschung ein Verbundvorhaben, in dem Nahrungsmittel entwickelt werden sollen, die durch spezielle Inhaltsstoffe die Zuckeraufnahme des Körpers aktiv regulieren. Dazu sind jedoch erst einmal grundlegende Forschungsarbeiten zur Aufnahme ds Zuckerstoffs Glukose durch den menschlichen Verdauungsapparat notwendig.

Die Diabetes-Rate in einzelnen Ländern im Jahr 2007, aus Hochrechnungen der International Diabetes Federation (IDF).Lightbox-Link
Die Diabetes-Rate in einzelnen Ländern im Jahr 2007, aus Hochrechnungen der International Diabetes Federation (IDF).Quelle: IDF / Diabetes Atlas 2006

Um dieses wissenschaftliche Fundament zu legen, ist eine Allianz aus verschiedenen Forschungseinrichtungen und Biotech-Unternehmen angetreten. In den nächsten drei Jahren erhält der Verbund aus der Firma Bioactive Foods, dem  Pharmazeutischen Institut der Universität Kiel, dem Max-Planck-Institut für Biophysik, der Firma IonGate Biosciences in Frankfurt und dem Lehrstuhl für Ernährungsphysiologie der TU München (TUM) vom BMBF dafür insgesamt 1,1 Millionen Euro.

Die Forscher wollen in einem ersten Schritt die Wirkung von Nahrungsinhaltsstoffen auf die Zucker-Transporter in den Darmzellen näher untersuchen. Denn fände man einen Wirkstoff, der die Aufnahme von Glucose (also Zucker) durch die in ihrer Molekülstruktur schon bekannten Glucosetransporter zu hemmen vermag, hätte man ein Mittel gegen die gefährlichen überschießenden Blutzuckeranstiege gefunden, die aus dem Konsum von Lebensmitteln mit rasch verfügbaren Zuckern herrühren. Diese Schwankungen tragen langfristig zum Entstehen von Diabetes bei. Sie stören das empfindliche Blutzuckergleichgewicht, machen Körperzellen unempfindlich gegenüber Insulin und fördern so den Niedergang der Insulin-produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse.

Naturstoffe aus Obst und Gemüse

Die Verbundpartner suchen in Obst und Gemüse nach geeigneten Inhaltsstoffen und charakterisieren sie. Die Wechselwirkung der Substanzen mit den Glucosetransportern wird zunächst mit einer Reihe von Screening-Systemen untersucht. In weiteren Entwicklungsstufen sollen so identifizierte, potente Naturstoffe dann an Versuchspersonen auf die Blutzuckerverläufe nach Glucosebelastungen und auf ihre Verträglichkeit geprüft werden.Wenn das Forschungsprojekt erfolgreich abgeschlossen ist, soll bald eine industrielle Umsetzung folgen, sagt die Ernährungsforscherin Hannelore Daniel von der TUM: "Unser langfristiges Ziel ist es, Nahrungsmittel zu entwickeln, die die Verwertung von Zucker aus der Nahrung verringern und damit der Entwicklung von Übergewicht und Diabetes entgegnen können." Daniel gilt als Pionierin der Ernährungsforschung (mehr...), ihr Lehrstuhl für Biochemie der Ernährung ist derzeit der einzige seiner Art in ganz Deutschland.

Ernährungsforschung

Rund ein Drittel aller Kosten im Gesundheitswesen werden durch Krankheiten verursacht, die direkt oder indirekt durch Ernährungsfaktoren begünstigt werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat auf diese Herausforderung mit verschiedenen Initiativen reagiert.
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Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselstörung, bei der die Blutzuckerwerte dauerhaft zu hoch sind. Diese Stoffwechselstörung kann unterschiedliche Ursachen haben, die sich durch eine Reihe verschiedener Diabetesformen ausdrücken. Neun von zehn Diabetikern leiden unter dem Typ 1 Diabetes. Die Erkrankung ist durch einen Verlust der insulinproduzierenden Zellen bedingt. Die Folge: Dem Körper steht nur noch wenig bis gar kein eigenes Insulin zur Verfügung. Das fehlende Hormon Insulin muss mittels Spritzen außen zugeführt werden. Das Hormon Insulin wird von den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse produziert. Es nimmt eine Schlüsselfunktion ein beim Transport von Glukose aus dem Blutplasma und aus der Gewebsflüssigkeit in das Zellinnere. Früher musste Insulin aus der Bauchspeicheldrüse von Schlachttieren gewonnen werden. Heutzutage sorgen gentechnisch veränderte Bakterien dafür, dass der ständig steigende Bedarf gedeckt werden kann.

Beim Typ 2 Diabetes produziert der Körper – zumindest in der Anfangsphase – noch viel Insulin. Allerdings ist die Empfindlichkeit der Körperzellen auf das Hormon herabgesetzt; das heißt die Zellen sind insulinresistent. Insulinresistenz bedeutet, dass die Zellen nicht mehr richtig auf Insulin reagieren. Die Folge ist, dass das körpereigene Insulin nicht mehr ausreicht, um den erwünschten Effekt zu erzielen (relativer Insulinmangel). Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer Diabetes-Formen, die durch Schwangerschaft, Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, genetische Störungen oder bestimmten Medikamenten wie etwa Kortison ausgelöst werden können.

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