Wochenrückblick KW 42

20.10.2014

Wie Hühner bittere Kost erschmecken

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Bei Hühnern reichen drei Bittergeschmacksrezeptoren aus, um zwischen guten und schlechten Körnern zu unterscheiden. Quelle: Martin Schemm / pixelio.de

Trotz weniger zuständiger Geschmackrezeptoren können Hühner Bitterstoffe in der Nahrung erschmecken. Das haben Forscher aus Potsdam und Köln herausgefunden.

Der Mensch verfügt über 25 verschiedene Rezeptoren, die Bitterstoffe erkennen und  damit vor Vergiftungen schützen. Bei Hühnern und Puten sind es gerade einmal zwei bis drei Rezeptorvarianten. Warum das so ist, haben Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) und des Instituts für Genetik der Universität Köln nun erstmals untersucht.  Die Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal Molecular Biology and Evolution (2014, Online-Vorabveröffentlichung) erschienen.

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Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass die wenigen Rezeptoren der Vögel ausreichen, weil sie auf ein breiteres Spektrum an Bitterstoffe ansprechen. „Wenige Rezeptoren mit einem breiten Erkennungsspektrum reichen anscheinend bei der Ernährungsweise von Hühnervögeln aus, um die Tiere vor Vergiftungen zu schützen und einen Selektionsnachteil zu vermeiden“, erklärt Studienautor Maik Behrens. Das Team um den DIfE-Forscher hatte dafür in einem zellulären Testsystem umfassende Genanalysen durchgeführt und die Bitterrezeptoren der Vögel mit 46 verschiedenen Bitterstoffen auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft. Bereits 2011 hatten die Potsdamer Wissenschaftler belegt, dass auch beim Menschen drei von 25 Bitterrezeptortypen eine wesentlich größere Bandbreite von bitteren Stoffen erkennen können, während andere nur Einzelne wahrnehmen. Jüngste Tests mit Krallenfröschen lieferten ähnliche Ergebnisse. Als Grund für das unterschiedliche Erkenntnisspektrum der Sensoren vermuten die Forscher, dass es Pflanzen gibt, die Bitterstoffe produzieren, die beim Menschen einige der Geschmacksrezeptoren aktivieren, andere aber gleichzeitig hemmen. „Würde der Mensch nur über zwei Rezeptorvarianten verfügen, wäre die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass alle Bitterrezeptoren gehemmt und giftige Bittersubstanzen verschluckt würden“, sagt der Leiter der Abteilung Molekulare Genetik am DIfE, Wolfgang Meyerhof. Die Forscher spekulieren, dass Hühner und Puten grundsätzlich empfänglicher für ernährungsbedingte Vergiftungen sein könnten als Menschen und Frösche.

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Life Science Day: Mehr Forschung fürs Alter

Experten aus Wirtschaft, Forschung uns Politik diskutierten beim diesjährigen Life Science Day in Berlin über aktuelle Themen der Gesundheitswirtschaft. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Experten aus Wirtschaft, Forschung uns Politik diskutierten beim diesjährigen Life Science Day in Berlin über aktuelle Themen der Gesundheitswirtschaft. Quelle: Regionalmanagement Berlin SÜDWEST/Welscher

Wie bleiben wir im Alter gesund? Diese und weitere Fragen diskutierten rund 150 Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik beim „Life Science Day“ in Berlin. 

Das vierte Jahr in Folge trafen sich am 16. Oktober im Henry-Ford-Bau der Freien-Universität Berlin Ärzte, Forscher und Politiker, um über aktuelle Themen der Gesundheitswirtschaft zu diskutieren. Das vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf und dem Regionalmanagement Berlin Südwest in Kooperation mit der Freien Universität Berlin und der Charité-Universitätsmedizin Berlin veranstaltete Event stand in diesem Jahr unter dem Motto: „Gesund im Alter – Medizin auf neuen Wegen“. 

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„Wir müssen die Alters- und die Alternsforschung in Berlin weiter vorantreiben”, forderte der Vorstandsvorsitzende der Berliner Charitè, Karl Max Einhäupl, in seinem Eröffnungsvortrag. Für eine stärkere Fokussierung auf Präventionsforschung sprach sich Elisabeth Steinhagen-Thiessen von der Charité aus. Gleichwohl waren sich die Experten im Podiumsgespräch einig: Moderne Technik kann das Leben im Alter erleichtern. „Aber ohne neue Forschung werden wir nichts zu Stande bringe. Dabei spielt auch die regenerative Medizin eine wichtige Rolle“, erklärte der Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Günter Stock. Für Forscher und Unternehmen bot der Life Science Day eine Plattform, um Innovationen aus Biotechnologie und Medizintechnik sowie aktuelle Forschungsprojekte zu präsentieren. Im Rahmen verschiedener Sessions erhielten niedergelassene Ärzte und Kliniker Einblicke in aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Krebsvorsorge, von Demenz und Depressionen, bei kardiovaskulären Erkrankungen sowie zu Fragen rund um das Thema Mobilität. Dabei kamen Forschungseinsrichtungen und Unternehmen zu Wort. So präsentierte Uwe Staub, Chef des Biotech-Unternehmens Epigenomics, mit dem Septin-9-Bluttest ein neues Testsystem zur Darmkrebsfrüherkennung (mehr...). Darüber hinaus berichteten Forscher der FU und der Charité über erste Ergebnisse des vom BMBF geförderten Gemeinschaftsprojektes DYNAGE zu altersabhängigen Erkrankungsprozessen wie Gefäßverkalkung. Hier fanden die Wissenschaftler eine Substanz namens Up4A, die bei chronischer Niereninsuffizienz die Gefäßverkalkung fördert. „Wenn wir es schaffen, diese Substanz zu blockieren, haben wir einen therapeutischen Angriffspunkt gefunden“, sagte Walter Zidek von der Charité.

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Adenosin lässt Hüftfett schmelzen

Braue Fettzellen in Weiße zu verwandeln, könnte auch so manches Kilo auf der Hüfte zum schmelzen bringen (im Bild: Lichtmikroskopische Aufnahme von braunen Fettzellen mit rot eingefärbten Lipidtröpfchen)Braue Fettzellen in Weiße zu verwandeln, könnte auch so manches Kilo Hüftfett zum schmelzen bringen (im Bild: Lichtmikroskopische Aufnahme von braunen Fettzellen mit rot eingefärbten Lipidtröpfchen) <ic:message key='Bild vergrößern' />
Braue Fettzellen in Weiße zu verwandeln, könnte auch so manches Kilo Hüftfett zum Schmelzen bringen (im Bild: Lichtmikroskopische Aufnahme von braunen Fettzellen mit rot eingefärbten Lipidtröpfchen) Quelle: Alexander Pfeifer / UKB

Ein körpereigenes Molekül hilft dabei, weißes Fettgewebe in das physiologisch günstigere braune Fett umzuwandeln. Das haben Bonner Forscher herausgefunden.

Endlich das Hüftgold loswerden – davon träumen viele Übergewichtige. Die überflüssigen Pfunde an Bauch, Beinen und Po, bestehen aus sogenanntem weißen Fett. Es dient dem Körper als Speicher für nicht benötigte Energie und macht rund ein Fünftel des Körpergewichts aus. Das braune Fettgewebe hingegen verbrennt Energie und hält so den Körper auf konstanter Temperatur. Wie unerwünschte weiße Fettzellen in braune Fettzellen umgewandelt werden könnten, hat nun ein Team mit Forschern aus Deutschland, Schweden, Dänemark und Finnland untersucht. Ihre erstaunliche Entdeckung: Das körpereigene Adenosin aktiviert braunes Fett und „bräunt“ weißes Fett.

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Das Forscherteam um Alexander Pfeifer vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universitätsklinikum Bonn berichtet  im Fachjournal Nature (2014, Online-Vorabveröffentlichung). Ursprünglich wird Adenosin bei Stressreaktionen ausgeschüttet, wobei der Adenosinrezeptor A2A eine wichtige Rolle spielt. Dass Adenosin braunes Fett aktiviert, galt vorher als ausgeschlossen. Es gab mehrere Versuche mit Ratten und Hamstern, wobei sich zeigte, dass Adenosin braunes Fett blockiert. Die Wissenschaftler ließen sich von diesen Ergebnissen jedoch nicht beirren: Anhand brauner Fettzellen, die Patienten bei Operationen entfernt wurden, vollzogen die Wissenschaftler den Signalweg der Fettaktivierung über das Adenosin nach. Dabei zeigte sich, dass Ratten und Hamster in dieser Hinsicht anders reagieren als der Mensch. „Das braune Fett von Mäusen hingegen verhält sich genauso wie das unserer eigenen Spezies“, fasst Alexander Pfeifer zusammen.
 Die Forscher untersuchten auch, ob weiße Fettzellen durch Adenosin in braune Fettzellen umgewandelt werden können. Weiße Fettzellen lassen sich im Gegensatz zu den braunen normalerweise nicht zum Schmelzen des Hüftgolds bewegen, weil die dazu erforderlichen A2A-Rezeptoren fehlen. Deshalb transferierte das Wissenschaftlerteam in Mäusen das Gen für den Rezeptor aus braunen Fettzellen auf weiße. Daraufhin verhielten sie sich wie braune Zellen – und die Fettverbrennung wurde angekurbelt.
 „Durch die Gabe von Adenosin-ähnlichen Substanzen nahmen die Mäuse tatsächlich ab“, so Pfeifer. Es seien jedoch in diesem Zusammenhang noch viele Fragen zu untersuchen. Eine klinische Anwendung sei deshalb noch weit entfernt.

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Grüne Gentechnik: KWS baut Forschung in USA aus

Nach Bayer und BASF hat nun auch der Saatguthersteller KWS seine Forschungssparte nach Übersee verlagert. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Nach Bayer und BASF hat nun auch der Saatguthersteller KWS seine Forschungssparte nach Übersee verlagert. Quelle: KWS Saat AG

Der Saatgutentwickler KWS Saat AG baut seine Pflanzenbiotech-Aktivitäten in den USA aus. Das Unternehmen widersprach früheren Medienberichten, die Gentechnik-Forschung werde komplett nach Nordamerika verlagert.

Der Aufbau eines neuen Forschungslabors in St. Louis, Missouri, schreitet planmäßig voran. Derzeit arbeiten dort 25 Mitarbeiter, in wenigen Jahren sollen es 80 sein. „Wir forschen dort nicht nur zur Gentechnik“, betont Vorstandschef Philip von dem Bussche gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Auch an neuen Züchtungstechniken wie Genomanalyse, Mutationen und neuen DNA-Markern werde gearbeitet, so der KWS-Vorstand. In Zukunft könnte auch an Biologika geforscht werden. Das sind biopharmazeutische Mittel, die natürliche Abwehrreaktionen der Pflanzen auslösen und so den Schutz vor Pflanzenkrankheiten verbessern.

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Ausschlaggebend für die Entscheidung zum Ausbau der US-Aktivitäten sei die bessere Verfügbarkeit von Experten gewesen, heißt es von Seiten KWS. Zudem gäbe es im Cluster St. Louis – dort hat auch Monsanto seinen Sitz – eine junge Unternehmergründerszene.  Am Stammsitz in Einbeck soll jedoch weiter investiert werden. Etwa 100 neue Stellen entstünden in Deutschland, so von dem Bussche. In Niedersachsen stehen künftig allerdings vor allem klassische Züchtungsmethoden im Fokus. Wegen der hohen Forschungsinvestitionen rechnet das Unternehmen zunächst mit sinkenden Gewinnen. Das Betriebsergebnis (Ebit) werde im gerade begonnenen Geschäftsjahr 2014/15 trotz weiterhin steigender Umsätze nochmals deutlich sinken, heißt es im aktuellen Geschäftsbericht. Für das Ende September abgeschlossene Geschäftsjahr 2013/2014 ging es auf 138 Millionen Euro zurück, ein Minus von 9 Prozent. Andere Saatgutkonzerne haben ihre Gentechnik-Forschung wegen schwieriger Rahmenbedingungen und mangelnder Aktzeptanz schon länger aus Deutschland abgezogen: Bereits vor drei Jahren hatte BASF und zuvor, 2004, Bayer Cropscience die pflanzengenetische Forschung in die USA verlagert.

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