BIO-Europe 2011: Biotech buhlt um wenig Kapital

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Die Firmenaustellung auf der BIO-Europe 2011 war gut besucht. Quelle: biotechnologie.de

03.11.2011  - 

Svenja Schulze wollte es offenbar ganz genau wissen. Im Detail ließ die Innovationsministerin sich das Konzept der BIO-Europe erklären, bevor sie am 31. Oktober Europas größte Partnering-Veranstaltung in Halle drei des Düsseldorfer Messegeländes eröffnete. Tatsächlich ist das Speed-Dating-Event zwischen Pharma- und Biotech-Firmen auch in diesem Jahr wieder gewachsen. Mit rund 3.000 Besuchern von mehr als 1.800 Firmen konnte die 17. BIO-Europe im Vergleich zur Vorjahresveranstaltung in München die Zahl der Teilnehmer und vertretenen Unternehmen erneut um jeweils rund 100 steigern. Während andere Messen wie die Biotechnica bei den Besuchern auf der Stelle treten, trifft die BIO-Europe mit ihrer Mixtur aus Partnering, Kongress und Firmenausstellung offenbar den Nerv der Zeit. In Düsseldorf wurden mehr als 30 Diskussionsforen und rund 150 Firmenpräsentationen angeboten.


 

„Die BIO-Europe hilft uns, die internationale Vernetzung der Biotech-Unternehmen in Nordrhein-Westfalen weiter voranzutreiben“, sagte Ministerin Schulze zur Begrüßung. Nordrhein-Westfalen könne die dichteste Forschungs- und Bildungslandschaft in ganz Europa bieten. Nehme man das Bundesland als eigenen Staat, würde dieser weltweit auf Platz neun bei den Patentanmeldungen im Life Sciences-Bereich liegen, erklärte die SPD-Politikerin.

Bio-Europe Spring

Die EBD Group veranstaltet sowohl die BioEurope als auch die BioEurope Spring. Auf der EBD-Website gibt es mehr Informationen zu vergangenen und kommenden Ausgaben der Konferenzreihe.

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Bernward Garthoff, Manager des BIO.NRW Life-Science-Clusters, stimmte mit ein: „Die BIO-Europe ist die perfekte Plattform, um das Profil des Biotech-Landes NRW international weiter zu schärfen.“ Garthoff hatte die Messe nach 2006 bereits zum zweiten Mal in das Bundesland gelockt. Insgesamt fanden vier der bisher siebzehn BIO-Europe-Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen statt. Neben Schulze und Garthoff begrüßten auch Peer Schatz, der Vorstandsvorsitzende von Qiagen, und Anja Witte, zuständig für die Investor Relations beim belgischen Pharmakonzern UCB die Teilnehmer. UCB hatte sich vor fünf Jahren den Monheimer Familienkonzern Schwarz Pharma einverleibt, den Standort aber erhalten: „Wir sind ganz bewusst in Nordrhein-Westfalen geblieben“, so Schütte. Die Schokolade schmecke zwar in Belgien definitiv besser, dafür locke Nordrhein-Westfalen mit exzellenter Wissenschaft. Unter anderem kooperiert UCB im Rahmen des BMBF-Biopharma-Wettbewerbs mit der Universität Bonn.

Versprechen der personalisierten Medizin ist zehn Jahre alt

Schatz blieb es vorbehalten, das Eröffnungspanel der BIO-Europe zu beginnen. Qiagen, der einstige Laborzulieferer und heutige Diagnostik-Spezialist, hat sich der personalisierten Medizin verschrieben. Für Schatz bedeutet das mehr als die Entwicklung maßgeschneiderter Medikamente. „In Zukunft wird dem Informationsmanagement eine immer größere Bedeutung zukommen“, so der CEO. In den kommenden Jahren würden verschiedene Diagnosemethoden, etwa aus der Molekularbiologie oder bildgebende Verfahren, mit Gensequenzdaten kombiniert werden. „Der moderne Arzt wird komplexe mathematische Algorithmen anwenden müssen“, so Schatz. Auch Jörg Müller, zuständig für die klinische Entwicklung bei Bayer setzt auf Informationstechnologie: „Das Versprechen der personalisierten Medizin ist schon zehn Jahre alt und wurde bis heute nur in Ansätzen eingelöst. Die Sache ist komplizierter als gedacht“, so der Bayer-Manager.

Big Pharma spürt offenbar Druck. Im Jahr 2020 werden laut Müller rund 90% aller Wirkstoffe patentfrei sein. Heute sind es die Originalpräparate, welche die Preise treiben – vor allem in der Onkologie. Hier könne die personalisierte Medizin beitragen, die Kosteneffizienz zu steigern. „Heute sind viele Wirkstoffe zugelassen, deren Jahrestherapiekosten bei mehr als 30.000 Euro pro Patient liegen. Viele davon sind aber gar nicht wirksam oder haben bei einer großen Patientengruppe ernste Nebenwirkungen“, so Schatz. Diagnostika könnten helfen, die richtige Therapie für den richtigen Patienten herauszufinden. Doch würden viele dazu notwendige Tests, die auch mal 300 Euro kosten, von den Kassen nicht erstattet.

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Diagnostik wird wichtiger

Manchmal scheitere das Konzept der personalisierten Medizin auch an den Zulassungsbehörden, so die oft gehörte Klage von Branchenvertretern. „Sie haben keine Erfahrungen im Informationsmanagement“, sagte Karen Bernstein. Die Chefredakteurin des US-Branchenmagazins BioCentury war für Dan Zabrowski, dem Leiter von Roches Partnering-Abteilung, als Diskussionsteilnehmerin eingesprungen. Zabrowski hatte sich ein Bein gebrochen. Während der Pharmamanager sein Leiden wohl konventionell behandeln lässt, hofft Schatz in anderen Bereichen auf neue Einsichten: „Wir brauchen ein besseres Gesamtergebnis im Behandlungsprozess. Wir müssen richtige Therapieentscheidungen treffen. Dafür brauchen wir mehr Informationen über den Patienten – also eine bessere Diagnostik.“ Dass der CEO so entschieden für seine Zunft eintritt, verwundert nicht. Qiagen hatte sich mit verschiedenen Zukäufen in den vergangenen Jahren als wichtiger Player in der Molekulardiagnostik platziert. Derzeit betreiben die Hildener rund 25 Partnerschaften mit Pharmakonzernen zur Entwicklung begleitender Diagnostika.

 Passend dazu stand die BIO-Europe nach der Eröffnungsveranstaltung ganz im Zeichen, des Partnerings. Auch in Düsseldorf hieß es wieder: alle 30 Minuten eine neue Kabine und ein neuer Partner – und das mehr als 15.000 mal. Das ist weltweit ziemlich einzigartig. So verabreden sich sogar amerikanische Firmen auf deutschem Boden um US-Partner zu treffen: „Ich komme jedes Jahr zur BIO-Europe. Hier sind viele Amerikaner“, sagte Jeff Jonker vom US-Unternehmen Satori Pharmaceuticals Inc. Die BIO-Europe besticht aber auch mit der Befriedigung allzu menschlicher Bedürfnisse, die unter Managern ganz dienstlich unter dem Begriff Networking zusammengefasst werden. „So etwas würde es in den USA nicht geben“, sagte Jonker und hält gegen Abend des zweiten Veranstaltungstages am Stand von BIO.NRW ein Glas mit Altbier in die Höhe.

© biotechnologie.de/pd

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