Im Alter aus dem Gleichgewicht

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Wie wir altern, wissen wir. Warum, noch nicht. Detail aus Rembrandts Porträt seiner Mutter im Jahr 1639 (Kunsthistorisches Museum Wien) Quelle: Zeno.org

08.01.2009  - 

Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik in Berlin haben eine neue Erklärung über die Ursache des Alterns vorgestellt. In der Fachzeitschrift Biogerontology (Online-Veröffentlichung, 23. November 2008) berichten die Forscher, dass die Alterung eines Organismus davon abhängt, wie stabil sein Stoffwechsel ist. Bisher wurde das Altern vor allem mit der Zunahme an reaktionsfreudigen Molekülen, den freien Radikalen, in Verbindung gebracht. Bei der Beobachtung der Genaktivität alternder Mäuse fiel den Berliner Forschern aber auf, dass es nicht die Zunahme an freien Radikalen ist, die eine Zelle alt aussehen lässt, sondern die abnehmende Fähigkeit, den zelleigenen Stoffwechsel in der Balance zu halten.




Warum wir altern, ist ein häufiger Gegenstand der Forschung. Verschiedene Theorien beschäftigen sich mit den Mechanismen, die biologischen Alterungsprozessen zugrunde liegen. Inzwischen existiert eine Reihe von Erkenntnissen, die erste Einblicke in den Vorgang des Alterns ermöglichen. Diese Einblicke sind die Grundvoraussetzung, um altersbedingte Erkrankungen wie Altersdiabetes, Alzheimer oder bestimmte Formen von Krebs wirkungsvoll behandeln zu können.

Ausgewogene Konzentrationen sind entscheidend

Bisher ging eine große Zahl von Wissenschaftlern davon aus, dass Alterung vor allem mit einer Zunahme der freien Radikale im Organismus einhergeht. Dies sind extrem reaktionsfreudige Moleküle, die bei verschiedenen Stoffwechselprozessen entstehen und vom Organismus unter anderem für die Infektionsabwehr benötigt werden. Wenn sehr viele dieser freien Radikale entstehen, kann es jedoch zur Schädigung der Zellen kommen.

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Lloyd Demetrius, Mathematiker in der Abteilung Bioinformatik am Berliner Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, hatte seit längerem eine andere Vorstellung: Nach der  von ihm entwickelten "Theorie der metabolischen Stabilität" wird die Alterung eines Organismus nicht durch die steigende Anzahl an freien Radikalen in der Zelle bestimmt, sondern durch deren Fähigkeit, mittels verschiedener Regulationsmechanismen stabile, ausgewogene Konzentrationen an freien Radikalen und anderen Stoffwechselprodukten aufrecht zu erhalten.

Freie Radikale nicht allein verantwortlich 

Um seine These zu überprüfen, untersuchte Demetrius zusammen mit dem Molekularbiologen und Kollegen James Adjaye insgesamt 25.000 Gene von Mäusen. Sie stellten fest, dass sich Aktivität und Regulation von etwa 700 Genen mit zunehmendem Alter der Tiere verändern. So sinkt bei älteren Mäusen die Aktivität derjenigen Gennetzwerke, die an der Umwandlung der Nahrungsbestandteile in Energie für die Zellen beteiligt sind. Dagegen stieg die Aktivität der Netzwerke oder Genverbünde, die dafür zuständig sind, die Produktion an freien Radikalen zu kontrollieren.

Die Ergebnisse widerlegen die Annahme, dass allein die Zunahme an freien Radikalen für die klassischen Symptome der Alterung verantwortlich ist. Vielmehr gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Fähigkeit, ein gleich bleibendes Niveau an freien Radikalen und andere Stoffwechselprodukten aufrecht zu erhalten, das wichtigste Merkmal für das biologisches Alter einer Zelle ist.

Einnahme von Antioxidantien wenig sinnvoll

Die Forscher raten aufgrund ihrer Ergebnisse davon ab, durch hohe Dosen von Antioxidantien die Konzentration von freien Radikalen einseitig zu senken. Ziel sollte vielmehr sein, die Stoffwechsel-Netzwerke eines Organismus und somit das Gleichgewicht zu stabilisieren. Eine Diät, wie sie auch die Ernährungsforschung empfiehlt, mit einem ausgewogenen Maß an ungesättigten Fettsäuren, Antioxidantien und Vitaminen, maßvoller Alkoholkonsum und körperliche Bewegung sind der beste Weg, um die Stabilität der Stoffwechselnetze zu erhalten und die natürlichen Alterungsprozesse des Körpers zu verlangsamen.

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