Gras-Genom: Kleine Schwester von Weizen entziffert

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Das Süßgras Brachypodium distachyon ist wegen seines kleinen Genoms ein Liebling von Getreideforschern. Quelle: John Innes Centre Norwich

12.02.2010  - 

Ein internationales Forscherkonsortium hat das Genom des wildwachsenden Süßgrases namens Brachypodium distachyon entschlüsselt. Das kleine Gras mit dem deutschen Namen „Zwenke“ ist ein beliebter Modellorganismus von Getreideforschern. Denn es besitzt ein relativ kompaktes Erbgut im Vergleich zu seinen Verwandten Weizen, dessen gigantisches Genom den Wissenschaftlern schwer zu schaffen macht. Die komplette Analyse der Erbinformation von Brachypodium, an der auch Genetiker vom Helmholtz Zentrum in München beteiligt waren, wird im Fachjournal Nature (11. Februar 2009, Bd.463. S.763-767) vorgestellt. Die Sequenz liefert eine wichtige Vorlage, mit deren Hilfe die Züchtungsforschung bei Weizen und Gerste beschleunigt werden kann.

Zur Familie der Süßgräser gehören mit Weizen und Gerste einige der wichtigsten Getreide für die Welternährung. Doch gerade die Forschung an dieser Kultursorten ist für Pflanzengenetiker ein Alptraum, denn das Erbgut dieser Getreide ist sehr komplex aufgebaut und dazu noch riesig: So ist das Weizen-Genom etwa fünfmal so groß wie das Menschliche. Aber auch die Gerste ist im Visier der Forschung - hierbei ist Deutschland weltweit führend. Seit 2007 arbeitet ein Konsortium unter Leitung des Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben an der Entschlüsselung des Gersten-Genoms (mehr...).

Um sich das Leben etwas einfacher zu machen, hat sich ein von US-Wissenschaftlern koordinierter Verbund aus Getreide-Genetikern nun eine nahe Verwandte des Weizens ausgesucht, das Süßgras mit dem Namen Brachypodium distachyon. Das wild wachsende Gras ist  eigentlich im Mittelmeerraum und im Mittleren Osten heimisch und spielt landwirtschaftlich gesehen keine Rolle. Doch mittlerweile wächst die Zwenke in rund 300 Forscherlabors auf der Welt. Ihr Vorteil: sie ist klein, wächst zügig und anspruchslos und eignet sich sehr gut für genetische Experimente. Wie die Forscher aus Kalifornien und Minnesota berichten, ist das Genom von Brachypodium relativ klein: Auf fünf Chromosomen verteilen sich 272 Megabasenpaare. Zum Vergleich: Die Genome der Kulturformen von Gerste und Weizen sind 20- bis 60- mal so groß.

Analyse nach Schrotschuss-Methode

An der Arbeit der „International Brachypodium Initiative“ war auch das Pflanzengenomforschungs-Team von Klaus Mayer vom Institut für  Bioinformatik und Systembiologie des Helmholtz Zentrums in München beteiligt (mehr Informationen: hier klicken). Zur Sequenzierung des Genoms wandten die Wissenschaftler die "Schrotschuss- Methode" an: Die Erbsubstanz DNA wird dazu mehrfach kopiert, wie mit einem Schrotschuss in viele kleine Fragmente zerteilt, von Automaten sequenziert und die Puzzlesteine dann mit Computerhilfe wieder zusammengefügt. Dank der nun bekannten Gensequenz liefert Brachypodium in Zukunft die Referenz zur Analyse der Genome anderer Süßgräser:  „Wenn wir in einem bekannten Genom, eben dem von Brachypodium, die in der Evolution konservierte Anordnung von Genen kennen, können wir in anderen Genomen gezielt danach suchen“, so Mayer.

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„Solche Referenzgene liefern uns sozusagen eine Inventarliste und ein Regalsystem, in dem wir die meisten Gene auch großer Genome wie der Gerste und des Weizens wiederfinden und anordnen können. Die molekularen Daten sind so leichter zu interpretieren.“

Genetische Beziehungen zwischen Getreidearten
So entdeckten die Wissenschaftler des Konsortiums mehrere zehntausend genetische Beziehungen zwischen Brachypodium, Reis, Sorghum und Weizen. Diese generelle Ähnlichkeit in Gengehalt und -struktur unterstreicht nach Ansicht der Forscher den Wert von Brachypodium als Modell für das die Erforschung der landwirtschaftlich bedeutenden Getreide. Die vergleichende Genomanalyse gibt Aufschluss etwa über die Evolution der Genomgröße, Verteilung und Vervielfältigung von Genen und hilft so, Gene zu identifizieren und ihre Funktion aufzuklären.
Die Analyse des Genoms von Brachypodium sei ein wesentlicher Fortschritt zur nachhaltigen Sicherung der Nahrungsgrundlage des Menschen, so Mayer. Die neu gewonnenen Erkenntnisse sind Voraussetzung dafür, gezielt verbesserte Getreidesorten zu züchten und tragen so zum effizienten Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln unter sich ändernden Umweltbedingungen bei.

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