Wilfried Weber: Signalwegen auf der Spur

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Wilfried Weber hat an der Universität Freiburg eine Professur für Synthetische Biologie übernommen. Quelle: Universität Freiburg

05.08.2009  - 

Am Eingang zum neu eingerichteten Labortrakt im BioTechPark der Freiburger BioMed-Stiftung weist nur ein kleines Schild mit der Aufschrift „bioss“ darauf hin, dass hier große Forschung betrieben wird. Im Rahmen des Exzellenzclusters „bioss“ untersucht der zum Sommersemester 2009 neu berufene Wissenschaftler Wilfried Weber (35) als Professor für synthetische Biologie mit seiner Arbeitsgruppe Signalwege in Zellen. Seine Ziele sind unter anderem die Herstellung therapeutischer Proteine und die Aufhebung von Resistenzen gegen herkömmliche Antibiotika.

 

Den Wissenschaftlern geht es nicht nur darum, Signalwege in Zellen von Bakterien und Säugetieren zu analysieren, sie wollen auch selbst Signalketten in der Zelle bauen. „Wenn ein solcher Signalweg funktioniert und die Zelle die gewünschten Proteine produziert, dann können wir sicher sein, dass wir die Signale richtig verstanden haben“, sagt Weber. Schon im Grundstudium in Tübingen reizte ihn am Studiengang Biochemie der interessante Mix aus  Biologie und Chemie mit der Option auf Anwendung. Der Student Weber belegte Französisch-Kurse, um sich für den am Oberrhein eingerichteten trinationalen Studiengang Biotechnologie fit zu machen. Nachdem er dem Unternehmen Novartis mit seiner Diplomarbeit eine 80-prozentige Kostensenkung in der Proteinproduktion beschert hatte, zog es ihn wieder an die Universität.

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Die richtige Dosis an therapeutischen Proteinen

An der ETH Zürich übernahm er eine anwendungsbezogene Doktorarbeit in der Biotechnologie, die ihn wieder näher an die Analyse von Bausteinen in der Zelle brachte. „Wir suchten nach neuen Expressionssystemen in Zellen, um die richtige Dosis von therapeutischen Proteinen regulieren zu können“, sagt der Wissenschaftler. Als Modellprotein nennt Weber Erythropoetin, das hauptsächlich in der Niere  ebildet wird. Fehlt die richtige Menge, leiden die Menschen unter so genannter Blutarmut. „Da kommt es sehr darauf an, die richtige Menge in den Blutkreislauf zu bringen“, sagt Weber. Mit ihrer Forschung gelingt es ihnen inzwischen, in Zellkulturen und im Tiermodell das Signalsystem der Zelle so zu programmieren, dass die Zelle eine optimale Dosis freisetzt. „Wir haben Zugriff auf den Schalter in der Zelle, der die Produktion an- oder ausschaltet.“

Signalwege spielen auch bei der Behandlung von Krankheiten mit Antibiotika eine Rolle. Viele Bakterienstämme haben sich so verändert, dass herkömmliche Antibiotika nichts mehr ausrichten können und gefährliche Varianten von Tuberkulose auf dem Vormarsch sind. Wenn zudem die Suche nach neuen Antibiotika kostenintensiv und oft nicht erfolgreich ist, bieten die Forscher um Weber einen anderen Weg an. „Wir arbeiten daran, Resistenzen in Bakterien auszuschalten, so dass die Signalkette zur Abwehr des Antibiotikums unterbrochen wird.“ Das Bakterium erkennt das Antibiotikum nicht mehr und „hat keine Verteidigungsstrategie mehr.“

Hintergrund

Wilfried Weber ist am Exzellenzcluster bioss, das im Rahmen der Exzellenzinitiative der DFG gefördert wird.

Mehr Informationen: www.bioss.uni-freiburg.de

Resistenzblocker mit Erdbeeraroma

In ihren Testreihen haben die Biotechnologen mit 2-Phenyl-Ethylbutyrat einen für den Menschen nicht giftigen Lebensmittelzusatzstoff mit Erdbeeraroma gefunden, der im Bakterium die Resistenz gegen ein  bestimmtes Antibiotikum ausschaltet. Die Wissenschaftler haben zur Kontrolle das Bakterium mit dem Antibiotikum zusammen gebracht und es wuchs ungebremst weiter. Ebenso, wenn es nur mit dem Butyrat zusammentraf. Gab Webers Arbeitsgruppe den Lebensmittelzusatzstoff plus Antibiotikum in die Zelle, stoppte das Wachstum des Bakteriums, und das Antibiotikum traf auf keine Resistenz mehr.

Das Tuberkulose auslösende Bakterium ist darüber hinaus eine besondere Herausforderung für die Wissenschaft, da es sich in der menschlichen Zelle besonders gut vor Zerstörung durch Fresszellen schützen kann. „Diesen Signalweg unterbrechen zu können ist ein klassisches Beispiel der synthetischen Biologie“, sagt Weber. Die Schweizerische Stiftung für Tuberkuloseforschung machte ihn dafür zum Preisträger des mit 10.000 Franken dotierten Swiss TB Award 2009. Eine durch den Preis ermutigte, von der ETH aus erfolgte Ausgründung verfolgt die weitere Entwicklung in der klinischen Anwendung.

„Ich bin aber nur noch als Berater dabei“, erklärt Weber, der sich neben der Forschung im „bioss“ in der Lehre engagiert. „Die Studierenden zeigen viel Interesse für die synthetische Biologie“, sagt Weber. Schon jetzt gibt es ein Oberseminar in dem stark interdisziplinär ausgerichteten Fach und ein Studiengangkonzept nimmt Formen an. Dass ihm da nicht viel Zeit für Hobbys bleibt, liegt auf der Hand. Der dreifache Familienvater, der sich zusammen mit seiner voll berufstätigen Frau um die Kinder im Alter von einem, drei und fünf Jahren kümmert, genießt jede freie Minute mit der Familie. „Die Familie ist ein wunderbarer Ausgleich für meine Arbeit und umgekehrt schätze ich die Zeit im Labor.“ Dank der Unterstützung des ganzen „bioss“-Teams sei das Labor in Rekordzeit eingerichtet gewesen. „Dafür bin ich sehr dankbar.“

Autorin: Eva Opitz 

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