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Yuri Gleba: Pflanzen als Molekül-Fabriken

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Nach einer Karriere als Pflanzenphysiologe und Genetiker wurde Yuri Gleba Unternehmer und gründete drei Firmen. Quelle: Privat

10.12.2014  - 

Schach ist in seiner Heimat Volkssport. Als gebürtiger Ukrainer fühlt sich Yuri Gleba dem Spiel der Könige verbunden. Sein Motto: „Unternehmer müssen denken können wie Großmeister.“ Und das hat der promovierte Pflanzenphysiologe und Genetiker mit seinen Firmen Nomad Biosciences und Icon Genetics bewiesen. In der Geschäftswelt fühlt sich der 65-jährige Akademiker zuhause: „Wissenschaft, Politik, Wettbewerber – es müssen Aspekte aus sehr unterschiedlichen Bereichen beachtet werden. Genau das mag ich.“ Im Spätsommer sorgte das Hallenser Unternehmen Icon Genetics für Schlagzeilen. Denn die Pflanzentechnologen haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich das Ebola-Medikament ZMapp herstellen lässt - in Tabakpflanzen als Antikörper-Fabriken.

Dass in Gleba ein waschechter Unternehmer schlummerte, war lange Zeit nicht absehbar. Geschweige denn, dass er gar eine zentrale Rolle im Kampf gegen die aktuelle Ebola-Pandemie spielen würde. Der Pflanzenphysiologe arbeitete anfangs in der Sowjetunion. Nach dem Systemwechsel ging er dann für beinahe ein Jahrzehnt in die USA. „Dort, in der Forschungsabteilung einer Firma, habe ich gelernt, dass große Unternehmen nicht die besten Orte für das Gedeihen von Innovationen sind“, lautet Glebas Fazit. 

Vom Start-up zum erfolgreichen Biotech-Unternehmen

Folgerichtig beginnt der damals schon fast 50-Jährige eine Unternehmerkarriere und gründet 1999 Icon Genetics in Princeton (USA). Das Start-up entwickelt für Kunden virale oder bakterielle Expressionssysteme zur Herstellung von Proteinen in Pflanzen. Der große Vorteil: Schon nach einem Monat können die gewünschten Proteine aus den Blättern en masse isoliert werden – egal, ob es sich um Low-Cost-Proteine wie industrielle Enzyme und Biomaterialien oder um hochwertige Biopharmazeutika handelt. Noch im ersten Jahr zieht Icon nach Europa um. „Einer der Gründe für den Schritt war, dass wir die USA kulturell als eine Wüste empfanden“, erinnert sich der Opernfan. Aufgrund persönlicher Kontakte entschied sich die dreiköpfige Familie für Deutschland. „Wir hatten pures Glück“, erinnert sich Gleba, „denn die deutsche Regierung legte damals ein riesiges Finanzierungsprogramm auf.“ Da es auch Geld von den Bundesländern gab, wurde die Firma in eine AG in München und eine GmbH in Halle an der Saale geteilt. „Ich denke, dass wir nur aufgrund dieser komfortablen Fördergeldsituation den sich damals gerade abzeichnenden Zusammenbruch der Biotech-Szene überleben konnten.“ Der Erfolg der Firma mündete in der Übernahme durch Bayer 2006. Der Pharmakonzern wollte mit Icons Technologie Krebsvakzine herstellen. Gleba wurde überredet, an Bord zu bleiben: „Aber irgendwann war ich nicht glücklich, dass nur dieses eine Produkt verfolgt wurde. Misslingt es, gerät die Technologie als Ganzes in Verruf.“ 

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Die Lösung: Gleba arbeitete ab 2008 halbtags bei Bayer, sonst für die von ihm neugegründete Nomad Bioscience – dort jedoch beschränkt auf nicht-pharmazeutische Projekte. 2012 verließ Bayer aufgrund eines Strategiewechsels das Gebiet (mehr ...) komplett und Gleba war wieder als Schachstratege gefragt. Sein Zug: Nomad übernimmt Icon. Im Gegensatz zur Anfangszeit Icons verzichtete Gleba bei dem Management-Buyout nun ganz auf Wagniskapital. Die Mutterfirma Nomad gehört derzeit vier Personen, Gleba davon 90 Prozent. „Das spiegelt meine Frustration über Wagniskapital wider. Mit der Finanzierung über Auftragsforschung haben wir nun die volle Kontrolle.“ Hier kommt der Firma zugute, dass ihre Kunden aus so verschiedenen Bereichen wie der Pharma- oder der Agrarindustrie kommen. „Unsere 33 Mitarbeiter wechseln dann immer zwischen den Projekten. Aus betrieblichen Gründen mussten wir noch nie jemanden entlassen“, so Gleba. Stolz kann die Firma auch aus einem anderen Grund sein: Das gegen Ebola-Viren eingesetzte Medikament ZMapp basiert auf den Erfindungen der Hallenser (mehr ...). Gleba ist auch an Verhandlungen mit dem US-Verteidigungsministerium beteiligt. Aber es sind US-Firmen, die Icons Technologie zur Produktion des Wirkstoffcocktails nutzen. Gleba hat daher gemischte Gefühle: „So schön es ist, die Früchte der Arbeit reifen zu sehen. Es ist auch ein wenig frustrierend, dass dies nicht in Deutschland geschieht.“  

Autor: Martin Laqua

 

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