Wochenrückblick KW 14

06.04.2009

Das Herz mit Stammzellen reparieren

Bei einem Herzinfarkt werden Teile des Muskels über längere Zeit nicht mit Sauerstoff versorgt. Sie sterben ab. Das ist besonders problematisch, da sich das Herz im Gegensatz zu anderen Organen kaum selbst erneuert.

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News: Herz kann sich selbst heilen

Eine Arbeitsgruppe um Wolfgang-Michael Franz von der Ludwig-Maximilians-Universität München hat die Regenerationsfähigkeit des Herzens nun offenbar mit einer Lieferung Stammzellen erhöht - bei Mäusen. Mit zwei Kniffen lockten die Forscher Stammzellen aus dem Rückenmark der Tiere ins Herz, wo diese dann geschädigte Gewebe ersetzten. Das berichten sie in der Aprilausgabe des Fachblatts "Cell Stem Cell" (Vol. 4. 2009, Nr. 4, S. 313-323). Franz und seine Arbeitsgruppe steigerten die Überlebensrate von Mäusen nach einem Herzinfarkt, indem sie den Tieren zunächst das Wachstumshormon G-CSF verabreichten, damit vermehrt Stammzellen vom Rückenmark in die Blutbahn kommen. Von dort wurden die Zellen mit dem Signalmolekül SDF-1 dann in einem zweiten Schritt ins geschädigte Herz gelotst. Erste Ergebnisse von Tests an Menschen sollen im kommenden Jahr vorliegen. Am Karolinska-Institut in Stockholm haben Wissenschaftler derweil erstmals nachgewiesen, dass das Herz sehr wohl zur Regeneration fähig ist - wenn auch in geringem Umfang. Laut der Untersuchung, die im Journal "Science" (Vol. 324, 2009, Nr. 5923, S. 98-102) veröffentlicht wurde, werden jedes Jahr etwa ein Prozent aller Herzzellen erneuert, bei einem 75-Jährigen sinkt diese Rate auf ein halbes Prozent.
Für Jürgen Hescheler von der Universität Köln ist die geringe Regenerationskraft des Herzens auch ein Argument gegen die Verabreichung undifferenzierter Stammzellen.  "Die Stammzellen unterstützen nur körpereigene Reparaturmechanismen", so Hescheler gegenüber der Süddeutschen Zeitung (zum Artikel: hier klicken). Aussichtsreicher sei die Verabreichung von Herzvorläuferzellen. "Wenn es mit Zellen aus dem Blut so einfach ginge, würde sich das Herz von selbst stärker regenerieren", sagt der Stammzellexperte.

Agrarkonzern Monsanto veröffentlicht Umweltbeobachtung zu gv-Mais

Das amerikanische Agrarunternehmen Monsanto hat seinen Bericht über das Umweltbeobachtungsprogramm zum Anbau von gentechnisch verändertem Bt-Mais MON810 vorgelegt.

Monsanto Company: 2008 German Network Monitoring

Der erste Bericht des amerikanischen Saatgutkonzerns Monsanto zu den generellen Auswirkungen des Anbaus der gv-Maissorte MON810 auf die Umwelt.

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Auf dieser Grundlage will Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) in den nächsten Tagen entscheiden, ob MON810-Mais in Deutschland weiterhin angebaut werden darf (mehr...). Monsanto verpflichtete sich im Frühjahr 2007 zu dem Umweltbeobachtungsprogramm, nachdem der damalige Landwirtschaftsminister Horst Seehofer kurzzeitig den Vertrieb von MON810-Saatgut untersagt hatte. Das Programm, in dem die Auswirkungen des gv-Mais auf die Umwelt dokumentiert werden sollen, unterliegt der Aufsicht des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Die erste Ausgabe des Berichts ist nun veröffentlicht und im Internet als pdf zugänglich (Download). Dabei geht es vor allem um das "allgemeine Monitoring", bei dem nach Anzeichen für ein verändertes Vorkommen von Tieren oder Pflanzen gesucht wird, die auf den Anbau von MON810-Mais zurückgeführt werden können. Dabei werden Daten aus bestehenden Beobachtungsnetzwerken ausgewertet. "In keinem dieser Netzwerke wurden Daten gefunden, die auf einen Zusammenhang von negativen Effekten und dem Anbau von MON810 hindeuten," so der Monsanto-Bericht.
Eines dieser Netzwerke, das Tagfalter-Monitoring Deutschland (TMD), hat die Verwendung der Zähldaten durch Monsanto kritisiert. "Aus unserer Sicht ist hingegen festzuhalten, dass eine fachlich saubere wissenschaftliche Analyse auf Basis der im Bericht herangezogenen Daten gar nicht durchgeführt werden kann", heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung, der Gesellschaft für Schmetterlingsschutz und der Internet-Plattform Science4you.

Science4you - Naturbeobachtung online: hier klicken

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung: hier klicken

Bayer CropScience zieht Agrobiotechnologie aus Potsdam ab

Nach rund zehnjähriger wissenschaftlicher Arbeit schließt der Chemie- und Pharmakonzern Bayer seinen Forschungsstandort für pflanzliche Biotechnologie in Potsdam.

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Wochenrückblick: Grüne Gentechnik in schwerem Gewässer

Wochenrückblick: Grüne Gentechnik: Zwischen Einfuhrerlaubnis und Feldbesetzung

News: Nationale GVO-Anbauverbote in EU zulässig

Während die Forschungsbereiche Stresstoleranz und Ertragssteigerung im belgischen Gent konzentriert würden, stelle Bayer die bislang in Potsdam angesiedelten Arbeiten zu Nahrungszusatzstoffen ganz ein, teilte Bayer am 3. April mit (zur Pressemitteilung: hier klicken). Man sei bemüht, den 75 Beschäftigten "neue Aufgaben in Gent oder an anderen Standorten anzubieten", sagte Sprecher Hermann-Josef Baaken. Für Nahrungszusatzstoffe gebe es in Deutschland allerdings keine Perspektive. Die Entscheidung von Bayer, die Forschung in Gent zu konzentrieren, ist offenbar schon 2007 gefallen. Die anschließende Suche nach Investoren für Potsdam sei erfolglos geblieben, so Baaken. Bayer Bioscience war Ende der 90er Jahre unter dem Namen Planttec als Ausgründung des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie (MPIMP) in Potsdam entstanden und später von Bayer übernommen worden. MPIMP-Direktor Mark Stitt zeigte sich betroffen, aber nicht überrascht, "da es in Deutschland mangelnde politische Unterstützung für pflanzliche Biotechnologie gibt".

296 Gene lassen Stammzelle pluripotent bleiben

Im Jahr 2006 gelang es japanischen Forschern, die Zellen von erwachsenen Menschen in vielseitige Stammzellen  umzuprogrammieren. Diese sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) sind ethisch nicht umstritten, da für ihre Herstellung keine Embryos benötigt werden.

Mikroskopische Aufnahme von undifferenzierten embryonalen Stammzellen.Lightbox-Link
Mikroskopische Aufnahme von undifferenzierten embryonalen Stammzellen.Quelle: Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik

Während die japanischen Forscher zur Rückprogrammierung noch vier Gene in der Zelle aktivieren mussten, wurde das Verfahren inzwischen verbessert. So kommt die Arbeitsgruppe um Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster nur noch mit einem Gen aus, wie sie Anfang 2009 im Fachjournal Cell (Vol. 136, Ausg. 3, S. 411-419) berichteten. Nun haben Kollegen am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden gemeinsam mit Forscher vom Max-Delbrück-Centrum in Berlin und der Universität Köln insgesamt 296 Gene identifiziert, die bei Säugetieren die Konzentration von Oct4 in der Zelle beeinflussen (Cell Stem Cell, 2. April 2009, Online-Veröffentlichung). Dazu benutzten sie ein Screening-Verfahren, das auf dem systematischen An- und Ausschalten bestimmter Gene basiert (RNA-Interferenz). Die Konzentration an Oct4 ist entscheidend, weil sie bestimmt, ob die iPS- Zelle tatsächlich pluripotent bleibt oder eine Ausreifung zu einer bestimmten Zellart einleitet. Umgekehrt werden durch Oct4 normale Zellen zu iPS-Zellen rückprogrammiert. Die Dresdner Forscher hoffen, mit dieser Entdeckung wichtige Anhaltspunkte gefunden zu haben, wie der Umprogrammierungsprozess in Zukunft perfektioniert werden kann. "Nur wenn wir die Balance aus Selbsterneuerung und Ausreifung von Stamm- und iPS-Zellen detailliert und systematisch verstanden haben, können wir für die Zukunft auch wirklich sichere Zellersatz-Therapien ohne Tumor-Risiko entwickeln", so Arbeitsgruppenleiter Frank Buchholz. Der Experte für RNA-Interferenz wurde 2006 im Rahmen der zweiten Runde des GO-Bio-Wettbewerbs des BMBF gefördert, um RNA-Moleküle effizienter für Therapiezwecke herzustellen (mehr...).

Berlin-Brandenburger Initiative „Call a Scientist“ auf Erfolgskurs

Biowissenschaftler und Biotech-Unternehmer auf Abruf – so lässt sich die Initiative "Call a Scientist" des Biotechnologieverbundes Berlin-Brandenburg (bbb e.V.) zusammenfassen.

Seit 2007 können Lehrer diesen Service nutzen, um ihren Schülern den Laboralltag näher zu bringen. Mit Erfolg: Inzwischen wurden 89 Vorträge mit 3700 Teilnehmern vermittelt, Tendenz steigend. „Wir wollen einen authentischen Kontakt mit Naturwissenschaften herstellen und das kommt offenbar an“, resumierte Norbert Gerbsch als Vorsitzender des bbb am 31. März bei der ersten Verleihung des „Call a Scientist-Awards“. Damit wurden die eifrigsten Nutzer der Initiative für ihr Engagement ausgezeichnet: Jutta Springer, Fachbereichsleiterin Naturwissenschaften an der Käthe-Kollwitz-Oberschule in Berlin-Prenzlauer Berg sowie Ingo Sgustav, Chemie- und Biologielehrer an der John F. Kennedy-Schule in Berlin-Zehlendorf.  Darüber hinaus erhielt Anja Bräuer, Juniorprofessorin an der Berliner Charité, eine Auszeichnung als Rednerin, die am meisten ‚gebucht’ wurde.

Die Sieger des Call a Scientist-Award: Kai-Uwe Bindseil (BioTop), Jutta Springer (Käthe-Kollwitz-Oberschule), Jutta Bräuer (Charité) und Ingo Sgustav (John F.Kennedy Schule).Lightbox-Link
Die Sieger des Call a Scientist-Award: Kai-Uwe Bindseil (BioTop), Jutta Springer (Käthe-Kollwitz-Oberschule), Jutta Bräuer (Charité) und Ingo Sgustav (John F.Kennedy Schule).Quelle: biotechnologie.de

„Für uns als Lehrer sind Initiativen wie diese ideal“, sagt Jutta Springer und betont: „Solche Vorträge über aktuelle Forschungsarbeiten können wir als Lehrer gar nicht leisten und die Schüler sehen, wo es einmal hingehen kann.“ Sie habe danach auch stets eine höhere Begeisterung beim Lernen gespürt. Gleiches kann Ingo Sgustav von seinen Schülern berichten, die durch die Zweisprachigkeit an Zehlendorfer Schule gerade in den Naturwissenschaft eine Extraportion Motivation gut gebrauchen können. Die Auswahl an möglichen Vorträgen ist jedenfalls groß, ingesamt 70 sind es bereits. Ob Ethik des Heilens, Biotechnologie als Berufsperspektive, Zuckerforschung, Genetik oder Neurologie - inhaltlich gibt es kaum etwas, das es nicht gibt. Auf www.call-a-scientist.org können die Lehrer online recherchieren und nach Anmeldung ihre gewünschten Referenten anfragen. Aber auch die Vortragenden profitieren. „Für mich als Forscherin ist es auch immer wieder ermutigend weiterzuarbeiten, wenn ich bei den Schülern war. Solche Begeisterung bekommt man im Forscheralltag schließlich selten so direkt zurück“, sagt Anja Bräuer, die als Biotechnologin inzwischen in der Neurologie über die Regeneration von Nervenzellen forscht und am Abend der Preisverleihung eine Kostprobe ihres Vortrags vorstellte.  

Biotechnologische Kooperation zwischen Leipzig und Dresden

Hefe des Typs "Yarrowia lipolytica" verspeist Fette und produziert nebenbei Karbonsäuren, die für die Industrie interessant sind. Lightbox-Link
Hefe des Typs "Yarrowia lipolytica" verspeist Fette und produziert nebenbei Karbonsäuren, die für die Industrie interessant sind. Quelle: Andreas Aurich / UFZ
Seit einiger Zeit arbeiten Forscher der Technischen Universität Dresden (TUD) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig zusammen, um Hefen biotechnologisch dazu zu bewegen, industrierelevante Karbonsäuren wie etwa Zitronensäure zu gewinnen.

Jetzt haben beide Institutionen einen längerfristigen Kooperationsvertrag geschlossen. In den nächsten fünf Jahren sollen so gemeinsam neue Verfahren zur Herstellung von Bioprodukten auf Hefebasis entwickelt werden. Das Interesse beschränkt sich dabei nicht mehr nur auf die bisher vorrangig untersuchte  Hefeart Yarrowia lipolytica, vielmehr sollen auch andere nichtkonventionelle Hefen für die Herstellung von Karbonsäuren wie dem Copolymer Itakonsäure erschlossen werden.

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Die TUD bringt in die Kooperation ihr Know-How auf dem Gebiet der Hefegenetik, das UFZ sein Wissen in der Entwicklung und Optimierung von Bioprozessen ein. Yarrowia lipolytica, die aus bestimmten Käsesorten gewonnen werden kann, kam zu ihrem Namen, weil sie vorwiegend Fette verarbeitet. Dabei ist sie in der Lage, Zwischenprodukte wie Zitronensäure und Isozitronensäure, welche im Stoffwechsel aller sauerstoffverbrauchenden Lebewesen vorkommen, in großen Mengen herzustellen. Vor kurzem gelang es den Forschungspartnern im Rahmen einer Industriekooperation die Karbonsäure Alpha-Ketoglutar (KGA) biotechnologisch herzustellen. Bisher war das nur unter größerem Aufwand auf chemischem Wege möglich.