Pflanzliche Metallfresser im Visier: Ein Gen reguliert ungewöhnlichen Appetit

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Die Pflanze Arabidopsis halleri reichert Schwermetalle wie Zink in ihren Blättern an. Quelle: Patrick Motte/ Universität Lüttich

09.05.2008  - 

Bei der Sanierung metallverseuchter Böden könnten Pflanzen eine wichtige Rolle spielen: Dank evolutionärer Entwicklung sind einige in der Lage, Schwermetalle in hohen Konzentrationen aus dem Boden zu ziehen und in ihren Blättern anzureichern. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm Biofuture unterstützte Forscherin Ute Krämer widmet sich schon seit Jahren genau diesen natürlichen Metallfressern, um herauszubekommen, welche molekularen Details hinter diesem ungewöhnlichen Appetit stecken. Jetzt ist sie dieser Frage ein entscheidendes Stück näher gekommen. Wie die am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam und an der Universität Heidelberg tätige Wissenschaftlerin gemeinsam mit weiteren Kollegen im Fachmagazin Nature (2008, 20. April Online) berichtet, wird der Hunger auf Metall offenbar von einem einzigen Gen reguliert.

Die Forscher um Ute Krämer von der Universität Heidelberg haben dazu Pflanzen, die entfernt mit Raps und Blumenkohl verwandt sind, untersucht und sie miteinander verglichen: die Art Arabidopsis halleri, eine "Metallsammelpflanze", die in Deutschland auf stark Schwermetall-belasteten Böden vorkommt, und ihre Verwandte Arabidopsis thaliana, die weder Metalle speichern kann, noch verunreinigte Böden akzeptiert.

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Ute Krämer: Sie wollen mehr von der Forscherin erfahren, die sich dem Metallhunger von Pflanzen widmet? Dann emfpehlen wir Ihnen das Porträt.

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Anstatt giftige Stoffe zu meiden, werden sie gezielt aufgenommen

Arabidopsis halleri lebt auf Böden, auf denen "normale" Pflanzen innerhalb kürzester Zeit absterben würden. Anstatt giftige Schwermetalle zu vermeiden, nimmt die Pflanze diese verstärkt in die Wurzeln auf, leitet sie in die oberirdischen Pflanzenteile weiter und speichert außergewöhnlich hohe Schwermetallkonzentrationen in den Blättern, in denen auch der empfindliche Prozess der Photosynthese stattfindet. Wie die Forscher nun im Fachmagazin Nature berichten, wird diese Eigenschaft maßgeblich von einem einzigen Gen (HMA4, Heavy Metal Aptase 4) beeinflusst. In mehreren Analysen haben die Forscher herausgefunden, dass die Pflanze ihre Metallspeicherfunktion vollständig verliert und die Metalltoleranz stark reduziert wird, wenn die Ausprägung dieses Gens gezielt verringert wird. Das Gen ist dabei für die Produktion eines Transporteiweißes in der Zellmembran verantwortlich, das als Metallpumpe Zink- und Cadmiumionen aus bestimmten Zellen der Wurzel hinaus transportiert und somit in die oberirdischen Pflanzenteile weiterleitet.

Ein sehr ähnliches Gen besitzt auch die nahe verwandte Art Arabidopsis thaliana, die weder eine "Metallsammelpflanze" noch Schwermetall-tolerant ist. Ein molekulargenetischer Vergleich beider Pflanzenarten zeigte, dass die Metallspeicherfunktion abhängig ist von einer stark erhöhten Ausprägung dieses Gens in Arabidopsis halleri. Diese wird bedingt durch die Verstärkung der Steuereinheit dieses Gens (Promotors) und einer Verdreifachung der Kopien dieses Gens in der Erbsubstanz.

Nutzung von Pflanzen als natürliche Bodensanierer

"Die Aufklärung der molekularen Mechanismen der Metall-Hyperakkumulation hat Modellcharakter für die Entwicklung von Technologien zur natürlichen Anreicherung von Pflanzen mit Metallen wie Zink, das in mäßigen Mengen ein wichtiger Nährstoff für den Menschen ist", sagt Ute Krämer, die bereits seit Jahren an diesen Fragen arbeitet und unter anderem im Rahmen des BMBF-Programms Biofuture dabei unterstützt wurde. "Es ist aber auch wichtig für die Reinigung Schwermetall-verseuchter Böden mit Hilfe von Pflanzen." So könnten die Pflanzen gezielt zur Sanierung von Böden beitragen, die infolge von Bergbau oder militärischer Nutzung stark verunreinigt sind.

Den überwiegenden Teil der Forschungsarbeiten haben Krämers Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam durchgeführt. Seit dem vergangenen Jahr ist die Arbeitsgruppe am Heidelberger Institut für Pflanzenwissenschaften im BioQuant-Gebäude angesiedelt, dem neu eröffneten Zentrum für Systembiologie der Universität Heidelberg und wird durch ein Heisenberg-Stipendium der DFG finanziert.

An der Forschung beteiligt waren außerdem die Arbeitsgruppen von Leibniz-Preisträger Detlef Weigel am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, Jürgen Kroymann am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena und Patrick Motte am Institut für Lebenswissenschaften der Universität Lüttich in Belgien.

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