Tabakpflanze als Impfstofflieferant

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Apotheker Heribert Warzecha mit Tabakpflanzen, die einen Impfstoff gegen Borreliose produzieren können. Quelle: Robert Emmerich

25.01.2006  - 

Gentechnisch veränderte Tabakpflanzen können wie Bakterienkulturen wirksamen Impfstoff produzieren. Das haben Würzburger Forscher jetzt am Beispiel der bakteriellen Infektionskrankheit Borreliose gezeigt, für die es bislang noch keinen Impfschutz gibt. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature Biotechnology (Vol. 24. S.76-77). Langfristig haben die Forscher eine Vision: Sie wollen Impfstoffe in essbaren Pflanzen herstellen, die als Brei oder Saft verabreicht werden können.

Dass sich Impfstoffe prinzipiell mit gentechnisch veränderten Pflanzen herstellen lassen, ist für die Forscher nicht neu. „Bisher getestete Pflanzen lieferten allerdings viel zu geringe Mengen“, sagt Forschungsleiter Heribert Warzecha, der am Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie an der Universität Würzburg forscht.

Impfstoff in Chloroplasten integriert

Beim Impfstoff gegen die von Zecken übertragene Lyme-Borreliose handelt es sich um das Eiweiß OspA, das auf der Oberfläche der krankheitserregenden Bakterien vorkommt. Um seine Wirkung zu entfalten, müssen allerdings mit Fettsäure-Ketten an das Protein geheftet werden. „Bislang war es gängige Lehrmeinung, dass ausschließlich Bakterien diese ganz spezielle Veränderung eines Eiweißes erledigen können“, sagt Warzecha. Wie der Apotheker jedoch gemeinsam mit Kollegen in Heidelberg, Freiburg und Clermont-Ferrand zeigen konnte, sind auch Chloroplasten dazu in der Lage. Von diesen kleinen Fabriken enthält jede grüne Pflanzenzelle rund hundert Stück. Warzecha integrierte nun den Bauplan für den Impfstoff nicht wie sonst üblich in den Zellkern, sondern direkt in die Chloroplasten-DNA. Dadurch erreichte Warzecha eine besonders effektive Impfstoffproduktion.

Im Anschluss testeten Wissenschaftler in Freiburg den Impfschutz des so hergestellten Wirkstoffes an Mäusen. Das Immunsystem der Tiere sprang so effektiv an, dass sie vor Borreliose geschützt waren. Dabei wirkte der Impfstoff aus der Tabakpflanze genauso gut wie derjenige, der sich in Bakterienkulturen produzieren lässt.

Langfristiges Ziel: Impfschutz in essbaren Pflanzen

Jetzt steht noch das Feintuning an: Die Tabakpflanzen sollen dazu gebracht werden, möglichst viel Impfstoff zu produzieren. Außerdem wollen die Forscher um Warzecha herausfinden, ob sich der Impfschutz auch oral verabreichen lässt. Dafür müsste zunächst der Nikotingehalt der Tabakblätter gesenkt werden, um die Pflanze an die Mäuse zu verfüttern und dann die Impfstoffwirkung zu testen. Falls dieser Weg Erfolg hat, wäre der Weg für Impfstoffe in essbaren Pflanzen geebnet. Das ist die langfristige Vision der Forscher: Wenn man Impfstoffe in essbaren Pflanzen wie Tomaten oder Salat produzieren könnte, wäre nicht nur die Herstellung einfacher und billiger, sondern auch die Impfung selbst. „Man könnte die Pflanzen einfach zu Säften oder Breien verarbeiten und sie wohl dosiert ohne Spritze verabreichen“, sagt Warzecha.

Borreliose wird von Zecken übertragen und kann unbehandelt zu gravierenden Entzündungsschäden im Herzen, in den Gelenken, im Gehirn oder im Nervensystem führen. Meist zeigt sich eine kreisförmige Rötung um den Zeckeneinstich herum. Saugende Zecken sollten nicht betäubt werden, weil sie sonst ihren Mageninhalt in die Blutbahn entleeren.

Weiterführende Informationen

Universität Würzburg

Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie an der Universität Würzburg

Borreliose Bund Deutschland e.V.

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Originalpublikation in Nature Biotechnology

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