Wochenrückblick KW 37

15.09.2014

Kombitherapie bremst Lebertumorwachstum

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Tübinger Forscher haben einen neuen Weg gefunden, das Wachstum von Lebertumoren zu behindern. Quelle: fotoliaxrender -Fotolia / ©SL

Tübinger Forscher haben eine Kombitherapie entwickelt, die einen wichtigen Signalweg beim Wachstum von Lebertumoren blockiert und damit die Überlebenschance vergrößert. 

Wenn Leberkrebs weder operativ noch anderweitig zerstört werden kann, hilft Patienten nur noch eine medikamentöse Behandlung. Sehr oft kommt hierzulande das Biotech-Medikament Präparat Sorafenib  des Pharmakonzerns Bayer zum Einsatz. Inzwischen haben viele Patienten jedoch Resistenzen entwickelt. Das Problem: die Tumorzelle sucht sich über Umwege das für ihr Wachstum nötige Signal. So verliert das Medikament seine Wirkung, und der Tumor kann wieder weiter wachsen.

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Nun konnten Forscher um Leibniz-Preisträger Lars Zender am Universitätsklinikum Tübingen nachweisen, dass die Wirkung von Sorafenib durch die Blockade eines neu identifizierten Genprodukts deutlich gesteigert werden kann. Über ihre Erfolge berichten die Wissenschaftler im Fachjournal Nature Medicine (2014, Online-Veröffentlichung). Zender und sein Team nutzen für ihre Studie an Mäusen die sogenannte RNA-Interferenz-Technologie. Diese Methode erlaubt, Gene gezielt stillzulegen und zwar direkt im lebenden Organismus. Zenders Labor in Tübingen ist eines der wenigen weltweit, die  sogenannte RNAi-Screens zur direkten Identifizierung neuer Krebsgene in vivo in der Maus durchführen kann. Den Forschern gelang es so, genau den Erbgutabschnitt zu identifizieren, welche der Krebszelle den Umweg erlaubt. Dabei handelt es sich um das Zielgen Mapk 14. Gleichzeitig konnten sie beweisen, dass die Wirkung von Sorafenib und damit die Überlebenschance der krebskranken Tiere deutlich verlängert wird, wenn das neu entdeckte Gen und dessen Genprodukts gehemmt werden. 

Die Forscher sind Teil des Südwestdeutschen Tumorzentrums sowie des vom Bundesforschungsministerium geförderten Deutschen Konsortiums für translationale Krebsforschung. Dadurch hoffen sie, dass ihre Erkenntnisse bald in der klinischen Praxis ankommen. „Dazu wollen wir das neue Therapiekonzept so schnell wie möglich in einer klinischen Studie überprüfen und bei Erfolg den Patienten anbieten“, sagt der Krebsspezialist. 

© biotechnologie.de/bb

Gibbon-Genom: Mobile DNA schuf Unordnung

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Der Weißwangen-Schopfgibbon ist eine der fünf sequenzierten Arten der Primatenfamilie. Quelle: Tilo Nadler

Göttinger Primatenforscher haben das Genom des Gibbons entziffert und dabei ein mobiles DNA-Element entdeckt, welches Rückschlüsse auf die Evolution der Menschenaffen zulässt.

Insgesamt wurden die Genome von fünf verschiedenen Arten der Gibbonfamilie sequenziert. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Deutschen Primatenzentrums in Göttingen machte dabei eine erstaunliche Endeckung. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal Nature (2014, Bd. 513, S. 195) berichten, haben sich die Erbinformationen des kleinen Menschenaffen im Laufe der Evolution schneller und stärker verändert, als die des Menschen oder seiner genetischen Vorfahren, dem großen Menschenaffen.

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Eine mögliche Ursache dafür ist ein im Rahmen der Studie neu entdecktes DNA-Element, dass die Mutationsrate erhöht und für die evolutionäre Entwicklung eine entscheidende Rolle spielt. „Die genetische Information an sich gleicht der unsrigen. Allerdings sind große Teile der DNA und damit viele Gene auf den einzelnen Chromosomen anders angeordnet“, erklärt Mitautor der Studie, Christian Roos. Das Team kommt zu dem Schluss, dass diese „chromosomale Unordnung“ ein Hauptmerkmal des Gibbon-Genoms ist, die sich vermutlich nach deren Abspaltung von der Erblinie der Großen Menschenaffen wie den Gorillas oder den Orang-Utans und des Menschen ereignet hat. Triebfeder der Genomveränderung könnte ein springendes DNA-Element sein, das LAVA-Transposon, das kopiert und an einer anderen Stelle im Genom wieder integriert werden kann. Im Verlauf weiterer DNA-Vergleichsanalysen konnten die Forscher auch Gene entschlüsseln, die die Lebensweise des Gibbons begünstigten und nur bei ihnen zu finden sind. Zu diesen sogenannten positiven Genen gehört beispielsweise TBX5, das für die Entwicklung der langen Vorderextremitäten benötigt wird, die den Gibbon ermöglichen, sich galant von Baum zu Baum zu hangeln. COL1A1 wiederum begünstigte bei der Primatenart die Bildung des Proteins Kollagen, das für das Bindegewebe in Knochen, Zähnen und Sehnen des Tieres verantwortlich ist. „In zukünftigen Projekten wollen wir noch weitere Gibbon-Arten sequenzieren. Dabei hoffen wir, diese Gene weiter charakterisieren zu können und möglicherweise noch andere Gibbon-spezifische Gene zu identifizieren“, sagt Ross.

© biotechnologie.de/bb

Evotec durch Diapep-Skandal unter Druck

Die Evotec AG gerät wegen eines möglichen Betrugsskandals in den USA in Bedrängnis. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Evotec AG gerät wegen eines möglichen Betrugsskandals in den USA in Bedrängnis. Quelle: Evotec AG

Das Hamburger Biotech-Unternehmen Evotec ist wegen eines möglichen Datenskandals in den USA unter Druck geraten.

Im Zentrum des Problems steht der Diabetes-Wirkstoff Diapep277. Das Molekül wurde ursprünglich schon 2007 von der Göttinger Develogen AG an das israelische Start-up Andromeda Biotech auslizenziert. Mit der Develogen-Übernahme im Jahr 2010 kamen die Rechte an dem Projekt dann ins Evotec-Portfolio. Im April dieses Jahres übernahm schließlich der US-amerikanische Wirkstoffentwickler Hyperion Pharmaceuticals Andromeda – auch um Zugriff auf Diapep277 zu erhalten. 

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Für die Amerikaner droht die millionenschwere Übernahme jetzt im Desaster zu enden. Hyperion will Beweise dafür gefunden haben, dass bestimmte Mitarbeiter von Andromeda Biotech bei der Entwicklung von Diapep277 zu "unlauteren Mitteln" gegriffen haben. Sie sollen in Zusammenarbeit mit einem israelischen Bioinformatik-Dienstleister zunächst die Verblindung einer Phase III-Studie unterlaufen und anschließend Daten zugunsten des Wirkstoffs manipuliert haben. Hyperion wird die Entwicklung des vom Hitzeschockprotein Hsp 60 abgeleiteten Moleküls nun einstellen und gegen die Andromeda-Verantwortlichen gerichtlich vorgehen. Indirekt treffen die Vorgänge in den USA auch die Hamburger Evotec AG. Mit der Produktentwicklung von Diapep277 hatte das Unternehmen zwar nie etwas zu tun – durch den Entwicklungsstopp hat Evotec jedoch kaum noch die Aussicht auf mögliche Prämien und Umsatzbeteiligungen. Rund 8,7 Millionen Euro müssen abgeschrieben werden. Darüber hinaus haben die Hanseaten mit Hyperion noch eine Rechnung offen. Im Zuge der Übernahme von Andromeda ist aus ihrer Sicht eine Meilensteinzahlung von 3,4 Millionen Euro fällig geworden. Anzeichen, dass Hyperion die Forderung kurzfristig bedient, gibt es nicht. Im Gegenteil: Im jüngsten Quartalsbericht rechnen die US-Amerikaner mit einer Klage Evotecs ab Ende September. „Diese Zahlung ist relevant, damit die Evotec AG ihre Prognose im Jahr 2014 erreicht“, betonte das Hamburger Unternehmen in einer Ad-hoc-Meldung am 8. September. An der Börse drückten die Nachrichten aus den USA die Evotec-Aktie über Nacht tief ins Minus.

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Biosimilar für Diabetes-Therapie in EU zugelassen

Boehringer Ingelheim und Eli Lilly haben die EU-Zulassung für ihr erstes gemeinsam entwickeltes Insulin-Biosimilar erhalten. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Boehringer Ingelheim und Eli Lilly haben die EU-Zulassung für ihr erstes gemeinsam entwickeltes Insulin-Biosimilar erhalten. Quelle: alexskopje/fotolia.de

Das erste gemeinsam von Boehringer Ingelheim und Eli Lilly entwickelte Insulin-Biosimilar für die Diabetes-Therapie hat die EU-Zulassung erreicht.

Mit dem langwirkenden Insulin-Glargin-Analogon Lantus hat der französische Pharmakonzern Sanofi im vergangenen Jahr 5,7 Milliarden Euro Umsatz weltweit gemacht. In Europa bekommt das Medikament nun erstmals Konkurrenz. Anfang September ließ die Europäische Kommission das erste biosimilare Insulin-Analogon überhaupt zu. Seitdem kann Abasria – eine Gemeinschaftsentwicklung von Boehringer Ingelheim und Eli Lilly – hierzulande zur Behandlung von Diabetes Typ I und II eingesetzt werden.

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In den USA hat die Aufsichtsbehörde FDA im vergangenen Monat bereits eine vorläufige Zulassung erteilt. Wegen Patentstreitigkeiten könnte es bis zur endgültigen Zulassung jedoch noch bis 2016 dauern. Abasria ist das erste Produkt, das die Pharmakonzerne Boehringer und Lilly im Rahmen einer 2011 geschlossenen Partnerschaft gemeinsam entwickelt und bis zur Zulassung gebracht haben. Damals einigten sich die beiden Konzerne darauf, vier Diabetesprodukte gemeinsam zu entwickeln und zu vermarkten. Der rheinhessische Arzneimittelkonzern brachte seinen DPP4-Inhibitor Linagliptin und den SGLT2-Hemmer BI10773 in die Kooperation ein. Aus der Lilly-Pipeline stammen das nun zugelassene Insulin Glargin (LY2963016) und ein strukturell neuartiges Basal-Insulin-Analogon (LY2605541).

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