Wochenrückblick KW 08

24.02.2014

Mit Licht Schmerzen ausschalten

Wissenschaftler haben einen molekularen Scchalter entwickelt, der Nervenzellen mittels Licht gezielt beeinflussen und damit Schmerzen ausknipsen kann. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Wissenschaftler haben einen molekularen Scchalter entwickelt, der Nervenzellen mittels Licht gezielt beeinflussen und damit Schmerzen ausknipsen kann. Quelle: ag visuell - Fotolia/ ©SL

Münchner Wissenschaftlern ist es gelungen, einen molekularen optischen Schalter zu entwickeln, der Nervenzellen gezielt beeinflussen und damit Schmerzen ausknipsen oder sogar Sehstörungen wie Blindheit korrigieren kann.

Seid Tausenden von Jahren werden Schwerstkranke mit morphinartigen Substanzen betäubt, um Schmerzen erträglich zu machen. Die darin enthaltenen sogenannten Opioide sind aber auch Bestandteil unseres eigenen, vom Körper gebildeten „Schmerzmittels“ Endorphin. Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) haben es geschafft, die Schlüsselschalter der Schmerzwahrnehmung – die Opioidrezeptoren – mit Licht zu steuern. Dafür veränderten die LMU-Biochemiker um Dirk Trauner das synthetische Opioid Fentanyl, das in der Medizin als Narkose- oder als extrem starkes Schmerzmittel verwendet wird. Dockt das modifizierte Fentanyl an einen Opioidrezeptor an, kann diese ursprünglich blinde molekulare Maschine durch Lichtreize gezielt aktiviert oder deaktiviert werden, wie die Wissenschaftler im Journal Angewandte Chemie (2014,Online-Veröffentlichung) erichten. Die lichtgesteuerten Schalter weisen dabei eine ganz besondere Struktur auf: Durch eine charakteristisches chemische Doppelbindung kann sich das Molekül abhängig von der Wellenlänge des Lichts strecken oder abknicken. „Diese hybriden Fotorezeptoren machen die entsprechenden Nervenzellen für Licht ansprechbar“, erklärt Trauner und verweist zudem auf weitere Vorteile dieser Methode. „Licht ist sehr genau kontrollierbar und außerdem ist die Reaktion reversibel“, so der Biochemiker.

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Nervenzellen mit Licht zu steuern, eröffnet aber nicht nur der Schmerztherapie völlig neue Wege. Auch Sehstörungen wie Blindheit könnten damit reguliert werden. In einer weiteren Studie konnten die Münchener Forscher gemeinsam mit US-Wissenschaftlern in Berkeley erstmals defekte Fotorezeptoren kurzschließen und dadurch die nachgeschalteten Nervenzellen im Auge wieder lichtsensitiv machen, wie sie im Fachjournal Neuron (2014,Online-Veröffentlichung) über ihre Experimente mit Mäusen berichten. „Wir konnten bereits vor einiger Zeit zeigen, dass das sogenannte AAQ-Molekül Nervenzellen lichtsensitiv macht, indem es Ionenkanäle in den Nervenzellen beeinflusst“, sagt Trauner. Ihm gelang es nun, eine verbesserte Variante des AAQ-Schalters herzustellen. Damit, so die Hoffnung, könnten zukünftig bestimmte Formen der Blindheit therapiert werden.In dieser Folge der Kreidezeit erklären wir, wie sich Zellen mit Licht steuern lassen.Quelle: biotechnologie.de

Aus Sicht der Forscher steht die sogenannte Photopharmakologie aber erst am Anfang. Da es die Opioidrezeptoren zur großen Familie der sogenannten G-Protein-gekoppelten Transmembranrezeptoren (GPCRs) gehören, die einen Großteil der pharmazeutischen Zielmoleküle ausmachen, sind noch ganz andere Anwendungen denkbar – etwa bei der Behandlung von Depressionen, oder Epilepsie. Des Weiteren ließe sich per Lichtsteuerung auch die Wirksamkeit von Analgetika, Antidiabetika oder etwa Zytostatika verbessern, indem sie gezielt nur dort aktivier werden, wo sie ihre Wirkung entfalten sollen.
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Bundestag verlängert Pharmarabatt bis 2017

Das Preismoratorium für patentgeschützte Medikamente wurde vom Deutschen Bundestag für weitere vier jahre verlängert. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Das Preismoratorium für patentgeschützte Medikamente wurde vom Deutschen Bundestag für weitere vier jahre verlängert. Quelle: Evgeny Rannev -fotolia / ©SL

Kurz vor dem Ende des Preismoratoriums für patentgeschützte Arzneimittel hat der Deutsche Bundestag nun den Preisstopp bis 2017 verlängert und den Herstellerrabatt  der Pharmaunternehmen auf 7% festgesetzt.

Mit dem Gesetz wurde ein Bündel von Maßnahmen umgesetzt, mit dem weitere Kostensteigerungen bei der gesetzlichen Krankenversicherung gedämpft werden sollen. Mit dem 14. Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch wird zum einen der sogenannte Bestandmarktaufruf beendet. Damit wird festgelegt, dass es für Arzneimittel, die bereits vor dem 1. Januar 2011 auf dem Markt waren, keine Nutzenbewertung geben wird. Darüber hinaus werden die Pharmahersteller nun weiterhin gezwungen, ihre Medikamente für den im Jahr 2009 gültigen Preis zu verkaufen. Ursprünglich sollte das Preismoratorium Ende 2013 auslaufen. In einem schnellen Gesetzgebungsverfahren hatte die große Koalition aber kurzfristig noch einmal bis März eine Verlängerung durchgesetzt. Nun wurde eine langfristige Regelung gefunden: der Herstellerrabatt wird auf 7% festgesetzt. Den Preisnachlass müssen die Pharmaunternehmen den Krankenkassen als Mengenrabatt auf Arzneimittel ohne Festbetrag gewähren.

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Bis Ende vergangenen Jahres galt aufgrund einer Ausnahmeregelung noch ein Herstellerrabatt von 16%, der dann aber wie gesetzlich vorgeschrieben wieder auf 6% sank – nur um nun wieder anzusteigen. „Mit der Gesetzesänderung sparen wir der gesetzlichen Krankenversicherung und damit den Beitragszahlern rund 650 Mio. Euro im Jahr und sichern eine bezahlbare Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau“, sagt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

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„Bundestagsrede von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in der 2. und 3. Beratung zum 14. SGB V-Änderungsgesetz“ (hier klicken)

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA) kritisierte die Maßnahme. „Im Zeitraum 2009 bis 2013 hat sich die Belastung der Industrie allein durch das Preismoratorium auf rund 2 Mrd. Euro addiert. Bei einem fortgesetzten Einfrieren auf dem Preisstand 2009 erhöht sich die jährliche Belastung 2014 auf 1,0 und 2015 auf 1,2 Mrd. Euro“, rechnet Fischer vor.

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Neuer Kleber: Haftsicher und sauber wie ein Gecko

Forscher haben die Haftsicherheit des Geckos im Labor simuliert, in dem sie- wie hier abgebildet- Glaskugeln zwischen Mikrohärchen platzierten, deren Pilzform die Haftung erhöht. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Forscher haben die Haftsicherheit des Geckos im Labor simuliert, in dem sie- wie hier abgebildet- Glaskugeln zwischen Mikrohärchen platzierten, deren Pilzform die Haftung erhöht. Quelle: Michael Röhrig, KIT

Karlsruher Wissenschaftler haben sich erneut den Gecko zum Vorbild genommen, um  einen neuen Klebestreifen zu entwickeln, der auch nach mehrfacher Anwendung noch haftsicher und sauber ist.

Die Talente des Geckos stehen schon seit längerem im Fokus der Forschung. Die hohe Haftbarkeit seiner Füße diente Materialforschern bereits als Vorlage für die Entwicklung eines Superklebers. Nun haben Wissenschaftler eine weitere Eigenschaft des Reptils entdeckt: Die leichtgewichtigen Tierchen sind nicht nur hervorragende Kletterkünstler, sondern obendrein auch besonders reinlich. Denn ganz gleich, wie oft sie durch Schmutz oder Staub kriechen– die Füße bleiben sauber und geben ihnen damit Halt. Der Grund für die beständige Haftung: Der Gecko verfügt über ein Selbstreinigungssystem, das ihm hilft, die Schmutzpartikel ständig abzustreifen. Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie und der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh haben es geschafft, diese beeindruckenden Eigenschaften für die Entwicklung eines neuen Klebers zu nutzen. Ihre Ergebnisse wurden nun im Fachjournal „Interface“ der britischen Royal Society (2014, Online-Veröffentlichung) vorgestellt.

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Der neue Klebstreifen soll nicht nur genauso haftsicher wie ein Geckofuß sein, sondern darüber hinaus auch über einen vergleichbaren Selbstreinigungsmechanismus verfügen. Damit könnten beispielsweise Lebensmittelverpackungen oder Wundverbände mehrfach geöffnet und wieder verschlossen werden. Für die Entwicklung des Klebers hatten die Forscher genau beobachtet, wie sich der Gecko fortbewegt und den Mechanismus später im Labor simuliert. Dabei stellten sie fest: Geckos ziehen bei jedem Schritt ihre Zehen ein Stück weit über den Untergrund. Dadurch entsteht ein seitwärtsgerichteter Reibkontakt, wobei größere Schmutzpartikel abgestreift und kleinere zwischen den feinen Härchen auf der Fußsohle und in den darunter liegenden Hautfalten eingelagert werden. „Für den Effekt entscheidend ist das Verhältnis von Partikelgröße zum Durchmesser der Härchen“, sagt Hendrik Hölscher vom KIT. Um die Schritte des Geckos nachzuahmen, hatten sie einen künstlicher Klebestreifen mit Mikrohärchen besetzt, diesen auf eine mit mikrometer-kleinen Glaskügelchen „beschmutzten“ Platte gepresst, dann seitwärts verschoben und wieder angehoben. „Für den perfekten Gecko-Klebstreifen benötigen wir Härchen im Nanometerbereich, die kleiner sind als die meisten Schmutzpartikel“, erläutert Michael Röhrig vom Institut für Mikrostrukturtechnik am KIT. Auch die Hautfalten des Geckos haben die Wissenschaftler bereits abgebildet, um Feinstäube einzulagern. Nun sollen Tests mit Schmutzpartikeln in unterschiedlichen Formen und Größen und Materialien folgen.

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Amal gewinnt Finanzier für Krebsimpfstoff-Entwicklung

Amal Therapeutics hat Investoren für eine Seedfinanzierungsrunde gewinnen können. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Amal Therapeutics hat Investoren für eine Seedfinanzierungsrunde gewinnen können. Quelle: Douglas Allen -istockphoto.com /©SL

Das schweizerisch-deutsche Biotech-Start-up Unternehmen Amal Therapeutics SA hat für die Entwicklung therapeutischer Krebsimpfstoffe erste Investoren gewinnen können.

Wie das Unternehmen am 20. Februar mitteilte, sind an der Seedfinanzierungsrunde der Boehringer Ingelheim Venture Fonds (BIVF) und der High-Tech Gründerfonds (HTGF) beteiligt. Mit dem Kapital will Amal seine eigene Technologieplattform weiterentwickeln. Das Unternehmen arbeitet an Krebsimpfstoffen – einem Thema, das derzeit vielen Experten als vielversprechend gilt. Die Strategie: Das Immunsystem von Krebskranken soll gezielt dazu gebracht werden, die krankmachenden Zellen selbst zu bekämpfen. Amal setzt dabei auf ein biotechnologisch hergestelltes Protein, das mit einem Peptid als Vektor in das Innere von Immunzellen geschleust werden soll. Der erste mit Hilfe der Plattform entwickelte Impfstoffkandidat soll nun bis zur Präklinik entwickelt werden. „Amals Ansatz erfüllt alle Voraussetzungen, die nötig sind, um einen effizienten Vektor für Krebs-Immuntherapien zu erzielen“, sagte HTGF-Investmentmanager Christian Jung.

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Amal Therapeutics wurde im September 2012 als Spin-off der Universität Genf ausgegründet. Ihren Sitz hat die Firma in Genf und Berlin. „Ich bin stolz über das Vertrauen, das BIVF und HTGF in unsere Technologieplattform haben“, sagte Madiha Derouazi, Firmenchefin und Gründerin des Start-ups. Sie teilte außerdem mit, dass Knut Elbers, Direktor und Investmentmanager beim Boehringer Ingelheim Venture Fonds, in den Aufsichtsrat berufen wurde.

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