Wochenrückblick KW 50

17.12.2012

Bremer Experimente an Affen zulässig

Die Tierversuche von Neurobiologen der Bremer Universität an Makaken sind rechtlich zulässig.

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Am 12. Dezember bestätigte das Oberverwaltungsgericht Bremen eine Gerichtsentscheidung niederer Instanz, der ein jahrelanger Rechtsstreit vorausgegangen war. Der Neurobiologe Andreas Kreiter hat in den vergangenen 15 Jahren Makaken zur Untersuchung neuronaler Mechanismen eingesetzt, um Therapien gegen Alzheimer, Epilepsie und andere Nervenkrankheiten zu entwickeln. 2008 befand die Bremer Gesundheitsbehörde, dass die Versuche das Leid der Tiere nicht rechtfertigen, und untersagte die Versuche. Die Universität klagte vor dem Verwaltungsgericht und bekam Recht. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte das Urteil, eine Revision auf nächst höherer Ebene ist jetzt nicht mehr zulässig. In der Diskussion steht die Messung von Gehirnströmen der Primaten, die zu diesem Zweck fixiert werden und eine Elektrode eingepflanzt bekommen.

Makaken, hier zwei Rhesusaffen, sind aufgrund ihrer genetischen Nähe zum Menschen beliebte Tiere in der Forschung.Lightbox-Link
Makaken, hier zwei Rhesusaffen, sind aufgrund ihrer genetischen Nähe zum Menschen beliebte Tiere in der Forschung.Quelle: Mieciu/Wikimedia
 Erkennen sie ein Muster richtig, werden sie mit einem Schluck Apfelsaftschorle belohnt. Tierschützer hatten befürchtet, dass die Tiere bei den langen Versuchen absichtlich durstig gehalten werden, um eine Kooperation bei dem Experiment zu erzwingen. In seinem Urteil ging das Gericht schließlich von einer „mäßigen, jedoch nicht erheblichen Belastung“ der Tiere aus. Der Makakenbeauftragte der Bremer Universität Reinhard Fischer zeigte sich von dem Urteil nicht überrascht: „Zum einen finden die Forschungsarbeiten von Prof. Kreiter höchste internationale Beachtung, zum anderen hat er selbstverständlich seit Beginn der versuche darauf geachtet, dass alle Bestimmungen des Tierschutzgesetzes genauestens eingehalten werden.“ Der Ehrenpräsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, bedauerte die Entscheidung. Er kündigte weitere Schritte an.

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Forschungspreis für Tierversuch-Alternative

Mit einem Zellkultursystem als Alternative zu Tierversuchen hat ein Berliner Forscher den Tierschutz-Forschungspreis 2012 gewonnen.

Wie die Bundesregierung am 13. Dezember bekannt gab, erhielt der Berliner Gruppenleiter Ralf Herwig den mit 15.000 Euro dotierten Preis dafür, dass er die Krebsgefährlichkeit einer Chemikalie anhand kultivierter Zellen testete. Der zum 31. Mal vergebene Tierschutz-Forschungspreis der Bundesregierung wurde von der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner persönlich überreicht. Chemikalien in Nahrungsmitteln oder Werkstoffen sollen für den Menschen ungefährlich sein. Um das zu überprüfen, werden normalerweise Tierversuche herangezogen. Der Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für molekulare Genetik vertraut stattdessen auf Zellkulturversuche. Herwigs Forschungsarbeiten konzentrierten sich vor allem auf die Karzinogenität von Chemikalien. Bislang erfolgt die Prüfung durch einen zwei Jahre dauernden Belastungstest an lebenden Ratten oder Mäusen. In Zusammenarbeit mit der schwedischen Biotech-Firma Cellartis wurde 2011 eine Bewertungsmethode entwickelt, die auf kommerziell erhältlichen, ausdifferenzierten menschlichen humanen Stammzellen basiert. Jene Zellen werden zunächst mit den möglichen Krebsauslösern in Verbindung gebracht. Anschließend erfolgt eine Analyse der Genexpression der Zellen.

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Menschen: Katja Heilmann: Turbo für die Antikörper-Fabrik

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Wochenrückblick: Tierschutz-Forschungspreis für Tetanus-Impfstofftest

Herwig und seine Kollegen konnten zeigen, dass die Veränderungen der Genaktivität bei krebserregenden Stoffen anders sind als bei nicht-krebserregenden. Außerdem können sie anhand der Gendaten sogar unterscheiden, ob die kanzerogenen Stoffe die DNA direkt angreifen oder auf höherer Ebene die Funktion von zum Beispiel RNA-Molekülen behindern. Die neue Methode erlaubt somit eine wesentliche bessere Vorhersage, wie die Testsubstanzen wirken. Im vergangenen Jahr ging der Tierschutzpreis übrigens ins Saarland. Das ausgezeichnete Objekt dort: ein künstlicher Darm (mehr...).

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Fresenius gibt Removab-Verkauf auf

Der Gesundheitskonzern Fresenius Biotech beendet den Verkauf des Krebswirkstoffs Removab.

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News: Premiere: Antikörper aus Deutschland steht vor Markteintritt

Menschen: Horst Lindhofer: Krebsbekämpfer mit Musikkarriere 

News: BDI lenkt Blick auf Wachstumsmotor Gesundheitswirtschaft

Wie das Unternehmen in einem Bericht am 14. Dezember mitteilte, will sich Fresenius künftig auf seine vier Unternehmensbereiche Dialyse, Krankenhäuser, Krankenhausdienstleistungen sowie Ernährungs- und Infusionstherapien konzentrieren. Für das Biotech-Medikament Removab gibt es damit keinen Platz mehr im Fresenius-Portfolio. Die Zulassung des weltweit ersten bispezifischen Antikörpers Removab hatten Trion Pharma und ihr Partner Fresenius Biotech als großen Erfolg gefeiert. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres erzielte Fresenius Biotech einen Umsatz von 26 Millionen Euro.

Neuartige trifunktionale Antikörper von TRION Pharma für die Immuntherapie von Krebserkrankungen.Lightbox-Link
Neuartige trifunktionale Antikörper von TRION Pharma für die Immuntherapie von Krebserkrankungen.Quelle: Fresenius Biotech
Der Löwenanteil – genau 22,5 Millionen Euro – wurde allerdings mit dem Verkauf des Immunsuppressivums ATG-Fresenius S erzielt. Trotz eines Umsatzanstieges von 22 Prozent blieben die Umsätze mit Removab bei lediglich 3,3 Millionen Euro – offenbar zu wenig für die Ansprüche eines erfolgreichen DAX-Konzerns. Fresenius erwägt nun einen Verkauf der kompletten Biotech-Sparte. Derzeit werde mit mehreren Interessenten Gespräche geführt, heißt es. Geprüft wird auch der alleinige Verbleib des profitablen Vertriebs von ATG-Fresenius S, einem polyklonalen Antikörper, der vor allem bei Organtransplantationen eingesetzt wird. Removab wurde von der Münchener Trion Pharma AG entwickelt (mehr...), die sich jahrelang anstatt wie üblich über Wagniskapital von Fresenius-Zuschüssen finanzierte. Im Jahr 2009 feierten beide Partner die Zulassung von Removab in Europa zur Therapie von malignem Aszites. Er ist damit der erste in Deutschland entwickelte und zugelassene therapeutische Antikörper. Problem blieb jedoch die Kostenerstattung, die bislang erst in einigen Märkten erreicht werden konnte. Fresenius verwies stets darauf, dass sich Removab auch zur Therapie weiterer Krebsindikationen eignen könne.

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EU-Parlament gibt Grünes Licht für Einheitspatent

Das Europäische Parlament und der Wettbewerbsausschuss haben den Gesetzentwurf für ein Europäisches Einheitspatent verabschiedet.

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News: Wie Pharmafirmen die Patentklippe umsegeln

News: Stammzellpatente für Deutschland geregelt

Wochenrückblick: Europäisches Patentamt gegen Tierzuchtpatent

Mit der Entscheidung vom 14. Dezember endet ein jahrzehntelanger Stillstand in den Verhandlungen. Nachdem die Mitgliedstaaten bereits am Montag dem Entwurf zugestimmt hatten, gab das Parlament am Donnerstag Grünes Licht. Ab 2014 können Unternehmen und Privatpersonen ihre Erfindungen in allen 25 Mitgliedstaaten mit einem einzigen Antrag schützen lassen. In Zukunft müssen die Anträge nur noch in drei Sprachen übersetzt werden. Die eingesparten Übersetzungskosten sind der Hauptgrund dafür, dass nach dem neuen Patentrecht die Kosten erheblich fallen dürften. Momentan entstehen zwei Drittel der für ein patent anfallenden  36.000 Euro durch Übersetzungskosten. Das neue Einheitspatent soll maximal 6.425 Euro kosten, wobei sich die Übersetzungskosten auf 680 bis 2.380 Euro belaufen. Damit wäre ein europäisches Einheitspatent noch immer doppelt so teuer wie ein US-Patent.

Es kommt, aber ohne Spanien und Italien: Das Europäische Einheitspatent.Lightbox-Link
Es kommt, aber ohne Spanien und Italien: Das Europäische Einheitspatent.Quelle: Mattes/Wikimedia

„Die Abstimmung heute bedeutet gute Nachrichten für die EU-Wirtschaft sowie kleine und mittelständische Unternehmen“, sagte der Europaabgeordnete Bernhard Rapkay. Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, sieht vor allem die „patentstarke deutsche Industrie“ von der neuen Gesetzgebung profitieren. Insbesondere für KMU war ein umfassender Patentschutz in den vergangenen Jahren aufgrund der hohen Kosten jedoch nicht möglich. Unter der neuen Gesetzgebung müssen neue Patentanmeldungen in Englisch, Französisch oder Deutsch eingereicht und ausgefertigt werden. Universitäten, Forschungseinrichtungen und gemeinnützige Organisationen sollen die Patentkosten erstattet bekommen. Zur Durchsetzung des Gemeinschaftspatents hatten sich die EU-Mitgliedstaaten zuvor auf eine Kooperation ohne Italien und Spanien verständigt, die den Prozess seit 30 Jahren blockieren. Die „verstärkte Zusammenarbeit“ braucht mindestens neun Mitgliedsländer und gilt als letztes Mittel, um den Widerstand einzelner Staaten zu umgehen. Das neue Gesetz soll voraussichtlich am 1. Januar 2014 inkrafttreten.

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