Wochenrückblick KW 29
Rückblick auf Kalenderwoche 29
Für den Zeitraum vom 17. bis 23. Juli 2012 hat biotechnologie.de für Sie die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche zusammengestellt.
Naturkundemuseum Potsdam bittet um Mücken
Für einen deutschlandweiten Mückenatlas bittet das Naturkundemuseum Potsdam um Insekten.
Wie Projektleiterin Ina Pokorny erklärte, sollten die Tiere mit Hilfe taxonomischer Methoden und einer Genanalyse bestimmt werden. Stechmücke sei nicht gleich Steckmücke, erklärt Pokorny: Am Vorkommen bestimmter Arten an den jeweiligen Fundstellen können die Forscher unter anderem erkennen, wie sich der Klimawandel auf die Insektenwelt auswirkt. Forscher in ganz Deutschland wollen deshalb einen Mückenatlas erstellen, zu den regionalen Kooperationspartnern zählt auch das Naturkundemuseum Potsdam. Das ruft jetzt auf zur allgemeinen Mückenjagd. „Wir benötigen ausschließlich Stechmücken“, sagt Pokorny. Mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad: „Sie sollen nicht zerquetscht, sondern möglichst unversehrt gefangen werden.“
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Durch die Schuppen der Borsten können die Wissenschaftler nämlich bereits eine erste Bestimmung vornehmen. Pokorny empfiehlt, die Mücken zunächst in einem großen Einmachglas zu fangen: „Wenn man das Glas dann eine Weile in den Kühlschrank stellt, kann man die Mücken hinterher leichter in ein kleines Gefäß befördern.“ Um die Tiere zu töten, reiche eine Nacht im Gefrierfach, man kann aber auch lebende Mücken am Naturkundemuseum abgeben, die dann vor Ort bei minus 80 Grad eingefroren werden. In dem Projekt könnten auch seltene oder unbekannte Mückenarten aufgespürt werden, hoffen die Forscher. Und geben gleichzeitig Entwarnung: Bisher seien in Deutschland keine gefährlichen Krankheiten diagnostiziert worden, die von Stechmücken übertragen werden. Mückensammler werden gebeten, ihren Fund zusammen mit einem entsprechend ausgefüllten Mücken-Formular abzugeben oder einzusenden. Das Formular kann hier herunter geladen werden.
© biotechnologie.de/ck
Erfolgreiche Eisendüngung im Südpolarmeer
Bei einer künstlich ausgelösten Algenblüte sinken größere Mengen Kohlenstoff auf den Meeresgrund und werden in den Tiefseesedimenten gespeichert.
Das ist das Ergebnis des Eisendüngungsexperiments EIFEX, über das ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar und Meeresforschung (AWI) in der Fachzeitschrift Nature (2012, Online-Vorabveröffentlichung) berichten.
Ein internationales Forscherteam hatte im Frühjahr 2004 - also im Spätsommer auf der Südhalbkugel - von Bord des Forschungsschiffes Polarstern einen Teil eines stabilen Ozeanwirbels im Südpolarmeer mit gelöstem Eisen gedüngt und so eine Blüte von einzelligen Algen angeregt. Im Anschluss hatten die Wissenschaftler fünf Wochen lang die Entwicklung der Phytoplankton-Blüte vom Beginn bis zum Absterben verfolgt. Dabei gelang ihnen der Nachweis, dass sich in den oberen Wasserschichten bis zu einer Tiefe von 100 Metern eine große Blüte ausbildete. Die maximale Biomasse war mit einem Spitzenwert von 286 Milligramm Chlorophyllgehalt pro Quadratmeter sogar höher als in den Blüten, die in den bisherigen Eisendüngungsexperimenten hervorgerufen worden waren – und befand sich teilweise sehr viel tiefer als die bisher angenommene Untergrenze für Algenblüten.
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Wochenrückblick: Algenblüte erklärt Plankton-Paradox |
Die Blüte bestand hauptsächlich aus Kieselalgen, die aus den verblühten Plaktonresten später große Aggregate formen, die schnell in die Tiefe sinken. „Wir konnten nachweisen, dass über 50 Prozent der Planktonblüte mehr als 1000 Meter tief absanken. Dies deutet darauf hin, dass ein Teil des Kohlenstoffs der Algenblüte über Zeitskalen von mehr als hundert Jahren im tiefen Ozean und in den Sedimenten am Meeresboden gespeichert werden kann“, sagt Smetacek. Die Ergebnisse stehen im Gegensatz zu denen des LOHAFEX-Experimentes aus dem Jahr 2009. Bei LOHAFEX waren im gedüngten Meereswirbel aufgrund anderer Nährstoffverhältnissekaum Kieselalgen gewachsen. Die Planktonblüte aus anderen Algenarten wurde leichter von Zooplankton gefressen. Von den Laboranalysen erhoffen sich die Wissenschaftler ein ähnlich detailliertes Verständnis der Umsetzungswege von Kohlenstoff zwischen Atmosphäre, Ozean und Meeresgrund. Eisen spielt im Klimasystem eine wichtige Rolle und wird unter anderem bei der Photosynthese benötigt. Damit ist es ein essentielles Element für die biologische Produktion im Meer und die CO2-Aufnahme aus der Atmosphäre. Mit einem Eisendüngungsexperiment wird dieser natürliche Vorgang unter kontrollierten Bedingungen nachgestellt. „Eisendüngungsexperimente verbessern unser Verständnis der für den Klimawandel wichtigen Prozesse im Meer“, sagt Smetacek.
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Epigenetische Veränderungen steuern Krebszellentwicklung
Göttinger Krebsforscher haben einen Mechanismus entdeckt, der die Entstehung von Tumorzellen steuert.
Wie sie im Fachmagazin Molecular Cell (2012, Online-Vorabpublikation) berichten, entscheiden epigenetische Faktoren darüber, ob die im Erbgut angelegte Disposition zur Tumorbildung abgelesen wird. Bisher galt lediglich als gesichert, dass Krebs durch Veränderungen im Erbgut entsteht. Die Göttinger Forscher haben jetzt die der DNA anhaftenden Eiweißmoleküle ins Visier genommen. Solche Eiweiße (Histone) steuern bei Stammzellen auch die Differenzierung: In welches Gewebe sich eine Stammzelle entwickelt, bestimmt zum einen die Erbinformation, zum anderen chemische Anhängsel an den Histonen. Wie ein genetisches Lesezeichen legt es fest, welche genetischen Informationen abgelesen werden.
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Wochenrückblick: Epigenetik verrät Erfolgschancen der Chemotherapie News: Die Macht der Epigenetik |
Schon frühere Studien der Arbeitsgruppe zeigten, dass eine chemische Veränderung des Proteins Histon 2B bei fortschreitender Krebserkrankung in den Tumorzellen entfernt wird. Jetzt fanden die Forscher heraus, dass dieselbe Veränderung auch dazu führt, dass sich eine Stammzelle zu einer spezifischen Gewebezelle entwickelt. Die Forscher zogen daraus den Schluss, dass die Veränderung, die aus Stammzellen differenzierte Zellen entstehen lässt, gerade bei der Entstehung von bösartigen Tumoren verhindert wird. Die Bösartigkeit der Tumorzellen entsteht gerade dadurch, dass sie die Eigenschaften einer Stammzelle annehmen, weil das Eiweiß, welches die Differenzierung von Stammzellen bewirkt, bei Tumorzellen wieder verschwindet. „Diese einzigartige chemische Veränderung von Histon 2B könnte eine allgemeine Eigenschaft differenzierter Zellen sein“, sagt Steven Johnson, der Leiter der Studie. „Tumorzellen müssen diese Lesezeichen offenbar erst loswerden, um wirklich gefährlich zu werden.“ Die gleichen Vorgänge seien auch zentral bei der Entstehung von Osteoporose.
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Wie der Wirt Bakterien erkennt
Forscher der Universität Duisburg-Essen haben die Wirtserkennung von Staphylokokken und Coli-Bakterien unter die Lupe genommen.
Im Fachjournal Science (2012, Online-Veröffentlichung) berichten sie, dass die Toll-like Rezeptoren des Immunsystems (TLR) ein spezielles Segment der bakteriellen ribosomalen Ribonukleinsäure erkennen. Das menschliche Immunsystem reagiert sehr schnell auf Bakterien. Es ist spezialisiert auf bestimmte Signaturen die charakteristisch für viele Mikroorganismen sind. TLR lösen dann die bakterienabwehrende Entzündungsreaktion aus, in schweren Fällen kommt es zu einer Überreaktion: Der Patient erleidet eine Blutvergiftung oder einen septischen Schock. Um auf solche Immunreaktionen künftig besser reagieren zu können, nahmen die Forscher Staphylokokken und E.coli-Bakterien unter die Lupe, die besonders häufig Blutvergiftungen auslösen. Sie konnten nachweisen, dass TLR ein besonderes Segment der ribosomalen RNA erkennt , an das auch bestimmte Antibiotika binden. Ist die Bakterie resistent gegenüber Antibiotika, so ist das RNA-Fragment verändert. Die Forscher erhoffen sich davon jetzt neue Erkenntnisse für die Behandlung bakterieller Infektionen und das Verständnis von Antibiotika-Resistenzen.
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