Wochenrückblick KW 12

26.03.2012

Übertragungswegen von Keimen auf der Spur

Mit einem neuen Keim-Übertragungsmodell haben Forscher des Hohenstein Institute die Keimübertragungswege in öffentlichen Toiletten erforscht.

Wie die Hohenstein Institute am 23. März bekannt gaben, untersuchte das Team um Dirk Höfer von der Abteilung Hygiene, Umwelt und Medizin die mögliche Übertragung von Pilzen, Bakterien und Viren von einer Keimquelle über die Hände von Testpersonen auf verschiedene Objekte.

So keimfrei wie im Laden sind Toilettenbürsten selten. Forscher haben einen Weg gefunden, die Übertragung infektiöser Mikroben nachzuzeichnen.Lightbox-Link
So keimfrei wie im Laden sind Toilettenbürsten selten. Forscher haben einen Weg gefunden, die Übertragung infektiöser Mikroben nachzuzeichnen.Quelle: wikimedia commons
Diese wurden durch die Berührung selbst verunreinigt und stellten somit eine neue Infektionsquelle dar. Über Ihre Ergebnisse berichteten die Forscher im Fachmagazin Journal of Applied Microbiology (2012, Online-Vorabveröffentlichung). Mit dem neuen Keim-Übertragungsmodell konnte so errechnet werden, wie viele Mikroorganismen beispielsweise von der Toilettenbürste auf die Hand einer Person und von da aus weiter auf die Türklinke übertragen werden – und wie viele keime die nächste Person, die die Tür öffnet, anschließend an der Handfläche trägt. Neu an der Studie ist, dass diese rein mengenmäßigen Betrachtungen erstmals mit der infektiösen Dosis der Keime in Verbindung gebracht wurden – das Modell ermöglicht es so, eine Ansteckungswahrscheinlichkeit zu errechnen. Denn obwohl die Zahl lebensfähiger Mikroorganismen bei jeder Übertragung abnimmt, bleiben bei besonders aggressiven Viren und Bakterien noch lange ausreichend Keime für eine Ansteckung übrig.

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News: Experten ziehen Konsequenzen aus EHEC-Ausbruch

News: Erregergenome in Echtzeit: Forscher rekonstruieren Entstehung von EHEC

Durchfall erregende Bakterien oder Viren wie EHEC oder das Norovirus haben eine sehr geringe infektiöse Dosis, die kritische Masse für eine Ansteckung ist schnell erreicht – öffentliche Toiletten stellen hier ein Risiko dar. Anders ist es bei Pilzen, die eine sehr hohe infektiöse Dosis aufweisen - die Ansteckungsgefahr mit Genitalpilzen auf öffentlichen Toiletten ist sehr gering.  Das neue Keimübertragungsmodell soll jetzt auch außerhalb des Sanitärbereichs zur Beurteilung von Infektketten eingesetzt werden, beispielsweise in Restaurants und Hotels. Zudem erlaube die Methode, antimikrobielle Oberflächen zu untersuchen. Auch Textilien haben Höfer und sein Team im Blick: In einem Krankenhaus in Israel wurde die Dienstkleidung von 135 Ärzten untersucht – auf 60 Prozent der Proben fanden sich multiresistente Keime (MRSA). „Dies zeigt uns die hohe Relevanz von Textilien als Infektionsquelle  im Krankenhaus“, sagt Höfer. „Wie der Status der Textilhygiene bei uns in Deutschland aussieht, dazu liegen bisher keine Untersuchungen vor.“

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Evonik beteiligt sich am High-Tech-Gründerfonds

Der Spezialchemie-Konzern Evonik Industries  hat sich mit einer Millionensumme am High-Tech-Gründerfonds II beteiligt.

Wie das Unternehmen am 20. März bekannt gab, investiert Evonik 2,5 Millionen Euro in den Risikokapitalfonds, der gegründet wurde, um junge, innovative Unternehmen zu unterstützen. „Unsere Beteiligung am High-Tech-Gründerfonds II ist ein weiterer Teil unserer Strategie, in Innovationen zu investieren und damit junge, vielversprechende Start-up-Unternehmen im Bereich Chemie und angrenzenden Disziplinen zu unterstützen“, sagt Bernhard Mohr, Leiter des Corporate Venturing bei Evonik. Der High-Tech-Gründerfonds II ist im Oktober 2011 mit einem Volumen von 288,5 Millionen Euro gestartet.

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Wochenrückblick: Evonik baut Aminosäuregeschäft aus

News: High-Tech-Gründerfonds: Gute Bilanz für Life Sciences

Er stellt innovativen Technologieunternehmen eine Frühphasenfinanzierung von bis zu einer halben Million Euro als Risikokapital bereit. Weitere 1,5 Millionen Euro pro Unternehmen sind als Anschlussfinanzierung möglich. Seit Start des Gründerfonds I im Jahr 2005 wurden 260 Unternehmen finanziert, die mit diesem Anschub weitere 400 Millionen Euro Risikokapital eingeworben haben. „Mit der Beteiligung von Evonik konnten wir nicht nur den Fonds II auf 291 Millionen Euro aufstocken, sondern möchten auch die Zahl der Gründungen im Chemiebereich in Deutschland deutlich erhöhen“, sagt Gründerfonds-Geschäftsführer Michael Brandkamp. „Wir wollen junge Wissenschaftler aus der Chemie und den benachbarten Bereichen, das können auch Ingenieurswissenschaften sein, zum Gründen motivieren und Ihnen neben Startkapital die nötigen Netzwerke und Kontakte bereit stellen“, begründet Michael Brandkamp die starke Präsenz der chemischen Industrie im Kreis der Investoren. Mit Evonik hat sich nach Qiagen ein weiteres großes Unternehmen am Gründerfonds beteiligt, das selbst biotechnologische Forschung und Entwicklung betreibt. Der Kreis der Industrieinvestoren erhöht sich damit auf 13 Corporates.

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Frostschutz-Protein nachgebaut

Forschern der Helmholtz-Gemeinschaft ist es gelungen, das Frostschutz-Protein einer Kieselalge biotechnologisch nachzubauen. Jetzt wird dessen Nutzen für Tiefkühllebensmittel geprüft.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zweier Kieselalgen der Art Fragilariopsis cylindrus.Lightbox-Link
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zweier Kieselalgen der Art Fragilariopsis cylindrus.Quelle: Hendrik Lange/Friedel Hinz, Alfred-Wegener-Institut
Wie das Bremerhavener Alfred-Wegner-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung am 25. März bekannt gab, wird das biologische Vorbild von der Kieselalge Fragilariopsis cylindrus gebildet. Darüber berichteten die Forscher auch in dem Fachmagazin Cryobiology (2012, Bd. 63, Seite 210). Der Lebensraum dieser Kieselalge ist extrem: Sie lebt in den Lufteinschlüssen des Polareises in der Arktis und Antarktis. Die Alge besiedelt die kleinen Kanäle und Hohlräume, die entstehen, wenn Meerwasser gefriert. Das Wasser in diesen kleinen Kanälen kühlt auf bis zu minus 20 Grad Celsius ab und ist siebenmal salziger als normales Meerwasser. Die Alge trotzt Frost und Lauge mit einem speziellen Frostschutz-Eiweiß. „In der Natur kommen verschiedene Antifrost-Proteine vor“, sagt die Biologin Maddalena Bayer-Giraldi vom AWI, Erstautorin der Studie. „Bei Fischen senken sie den Gefrierpunkt des Blutes, bei Pflanzen sorgen sie dafür, dass Eiskristalle nicht so groß werden können, dass sie dem Pflanzengewebe schaden.“
Die Kieselalgen leben in Kanälen und Hohlräumen im Polareis. Um nicht einzufrieren, geben sie ein Eiweiß ab, das wie ein natürliches Frostschutzmittel die Hohlräume offen hält.Lightbox-Link
Die Kieselalgen leben in Kanälen und Hohlräumen im Polareis. Um nicht einzufrieren, geben sie ein Eiweiß ab, das wie ein natürliches Frostschutzmittel die Hohlräume offen hält.Quelle: Gerhard Dieckmann, Alfred-Wegener-Institut
Das Frostschutz-Protein von Fragilariopsis cylindrus gehöre jedoch einer ganz neuen Gruppe Frostschutz-Proteine an. „Es senkt auch den Gefrierpunkt des Wassers, markanter ist aber seine Fähigkeit, das Wachstum der Eiskristalle zu hemmen, die Mikrostruktur der Eiskristalle zu verändern und damit die Textur des Eises“, sagt Bayer-Giraldi weiter. „Wir vermuten, dass sich auf diese Weise das Eis so entscheidend verändert, dass die Salzlauge nicht ausgewaschen wird. Sie bleibt in den kleinen Kanälen, die damit nicht zufrieren und als Lebensraum für die Alge erhalten bleiben.“ Nach Ansicht der Forscher eine interessante Entdeckung, vor allem für die Industrie – Hersteller von Frostschutzbeschichtung in der Autoindustrie ebenso wie die  Lebensmittelindustrie. Inzwischen kooperiert das AWI mit dem Technologietransferzentrum (ttz) Bremerhaven. Dessen Institut für Lebensmitteltechnologie und Bioverfahrenstechnik sucht nach neuen Frostschutzmethoden für tiefgekühlte Backwaren. Bisher zerstörten die Eiskristalle wichtige Eigenschaften des Teiges und die Hefezellen, die Tiefkühlbrötchen verlieren  nach dem Auftauen an Volumen und trocknen an der Oberfläche aus. Um mit Kieselalgen knusprig-frische Sonntagsbrötchen zu fabrizieren, müssen Biologen und Lebensmittelforscher jedoch noch entschlüsseln, wie genau das Eiweiß mit dem Eis interagiert und dessen Struktur prägt. Auf diesen Erkenntnissen, die für die Lebensmittelindustrie ebenso wichtig sind wie für das Verständnis der Ökologie im Polareis, bauen dann die Tests der Lebensmittelexperten auf.

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Cytotools investiert in Zulassungsstudie von Dermapro

Die Darmstädter Cytotools AG investiert weiteres Geld in eine Phase-III-Studie ihres Tochterunternehmens Dermatools Biotech GmbH.

Wie Cytotools am 23. März bekannt gab, investiert das Unternehmen mehr als zwei Millionen Euro in die eigene Tochter und baut damit seine Aktienmehrheit von 51 auf etwa 60 Prozent aus. „Eingesetzt werden diese Mittel insbesondere zum geplanten Start einer klinischen Phase III-Studie im Verlauf dieses Jahres“, hieß es zur Verwendung der Mittel aus Darmstadt. Dabei wird das auf Dichlorsäure basierende Produkt Dermapro getestet, welches zur Therapie von chronischen Wunden, Verbrennungen und Verbrühungen eingesetzt werden soll. Dermatools setzt große Hoffnungen auf das Präparat: Es soll die Wundheilung beschleunigen und gleichzeitig mögliche Infektionen bekämpfen. Die für die Zulassung entscheidende Studienphase III könnte noch in diesem Jahr beginnen. In einer parallel laufenden Studie in Indien wurde dem Wirkstoff bereits eine gute Verträglichkeit und hohes Heilungspotenzial bescheinigt.

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Statistik: Biotechnologie-Firmenumfrage 2009

Wochenrückbliick: 3,2 Millionen für Cytotools

Mit dem europäischen Zulassungsverfahren will Dermatools Biotech einen weiteren Markt erschließen. Cytotools hatte bereits die Phase IIb-Studie durch eine Kapitalerhöhung unterstützt (mehr...). Zunächst musste Dermatools aber Verzögerungen in der klinischen Entwicklung einräumen. „Aus regulatorischen Gründen und zur Gewährleistung einer umfassenden Publikation haben wir uns dazu entschlossen, zunächst auch die Behandlung der letzten Patienten in den baltischen Zentren abzuschließen, ehe eine komplette Auswertung und Veröffentlichung der Studienergebnisse erfolgt“, teilte das Unternehmen mit. Eine länderspezifische Entblindung erfolgt somit - entgegen der bisherigen Planung - erst nach Abschluss der Phase IIb-Studie. Nachdem dieser Abschluss erst für das erste Quartal 2012 angekündigt wurde, hieß es jetzt, die Auswertung sei frühestens im zweiten Quartal 2012 zu erwarten.

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Biosynthese eines Pflanzenhormons entschlüsselt

Die Biosynthese der komplexen Strigolactone, einer Klasse von Pflanzenhormonen, ist unerwartet einfach und vor allem von drei Enzymen abhängig.

Zu diesem Ergebnis kommen Pflanzenforscher der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Wie sie im Wissenschaftsjournal Science (2012, Online-Vorabpublikation) beschreiben, haben sie nicht nur einen wichtigen Schritt in der Biosynthese der Pflanzenhormone entschlüsselt, sondern auch eine neue strigolactonähnliche Substanz, die beispielsweise zur Bekämpfung parasitischer Pflanzen eingesetzt werden kann. Strigolactone sind pflanzliche Verbindungen mit komplexer Struktur und verschiedenen Funktionen.  

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Wochenrückblick: Verteidigungshormon kurbelt Nektarproduktion bei Raps an

Als Phytohormone bestimmen sie das Wachstum zweikeimblättriger Pflanzen sowie die Zahl der Ähren bei Gräsern. In den Wurzeln fungieren sie als Lockstoffe, um symbiotische Pflanzen und Pilze anzulocken. Der Lockstoff sorgt dafür, dass die Fäden bestimmter Pilze auswachsen und sich schließlich mit den Wurzeln verzweigen, um einen Stoffaustausch zu ermöglichen. Die Substanz befördert jedoch auch das Auskeimen parasitärer Pflanzen, die dann die Wirtspflanze anzapfen. Strigolactone werden aus Carotinoiden gebildet, die als komplex vermutete Biosynthese war bisher jedoch ein Rätsel. Die Freiburger Forscher um Salam Al-Babibi, Mitglieder des Exzellenzclusters BIOSS, klärten die Funktion von drei Enzymen im Stoffwechselweg auf.

Die Grafik zeigt die drei Schritte der Strigolacton-Biosynthese.Lightbox-Link
Die Grafik zeigt die drei Schritte der Strigolacton-Biosynthese.Quelle: Universität Freiburg
Entscheidend sind die Anordnung der Atome im Beta-Carotin, ebenso die Aktivität eines Enzyms. So entsteht eine bestimmte Doppelbindung, die die Wissenschaftler auf den Namen Carlacton getauft haben. Sie weist bereits zahlreiche Eigenschaften eines Strigolactons auf, bringt beispielsweise Parasiten und Pilze zum Auskeimen und ist wichtig für die Regulierung der Ähren in Reispflanzen. Das  Freiburger Institut, an dem schon der mit Vitamin A angereicherte „Goldene Reis“ entwickelt wurde (mehr...), will die Carlactone in der Pflanzenzucht einsetzen. Außerdem hoffen die Forscher, dass sich das leicht zu erzeugende Hormon auch als Wachstumshormon für Pflanzen oder zu Bekämpfung von Parasiten einsetzen lässt.

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Russische Maxwell Biotech unterstützt Hepatitis-Projekt

Der von einem staatlichen russischen Unternehmen gegründete Maxwell Biotech Venture Fonds steigt in ein deutsch-russisches Hepatitis-Projekt ein.

Das gab der Wagniskapitalfonds am 22. März bekannt. Die deutsche MYR GmbH und das russische Partnerunternehmen Hepatera LLC entwickeln gemeinsam eine neue Therapie gegen Hepatitis B/D-Infektionen. Der Inhibitor Myrcludex B soll die Neuinfektion der ständig neu entstehenden gesunden Leberepithelzellen (Hepatozyten) bei Hepatitis-Patienten verhindern.

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News: Tiefschlaf bei Leberzellen verhindert Krebs

Förderbeispiel: Nanogel-Impfung gegen Hepatitis C

Gleichzeitig soll sich die Zahl der infizierten Zellen innerhalb weniger Monate verringern, so dass die Infektion wieder vom Immunsystem kontrolliert werden kann. Die Entwickler hoffen, dass sich so eine langwierige Behandlung mit Virostatika vermeiden oder erheblich verkürzen lässt. Jetzt ist der russische Maxwell Biotech Venture Fonds bei Hepatera und der in Burgwedel bei Hannover ansässigen MYR eingestiegen. Dafür arbeitete er erstmals eng mit dem deutschen High-Tech Gründerfonds zusammen, zu dessen Portfolio-Unternehmen MYR gehört. „Während des gesamten Verlaufs haben wir eine außergewöhnlich hohe Branchenkompetenz, Professionalität und Fairness seitens Maxwell Biotech erleben dürfen“, sagte Bernd Goergen, Senior Investment Manager des High-Tech Gründerfonds, den neuen Partner und stellte eine weitere Zusammenarbeit in Aussicht. Erst kürzlich hatte der Wirkstoff Myrcludex eine Phase I-Studie erfolgreich abschließen können. Die nun eingeworbenen Mittel sollen für die Finanzierung einer Machbarkeitsstudie genutzt werden, kündigte MYR an.

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