Jochen Utikal: Den Schwarzen Hautkrebs verstehen

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Seit August 2011 leitet Jochen Utikal die Klinische Kooperationseinheit Dermato-Onkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg und der Medizinischen Fakultät Mannheim. Quelle: Utikal

13.09.2011  - 

Die Stammzellmedizin könnte bei vielen bisher nur schwer behandelbaren Erkrankungen helfen. Damit die Therapie aber nicht zur Gefahr wird, muss zuvor sichergestellt werden, dass in den Körper eingebrachte Stammzellen sich nicht etwa zu Krebsvorläufern entwickeln. Jochen Utikal untersucht am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, unter welchen Bedingungen es bei künstlich aus Hautzellen hergestellten iPS-Stammzellen zur Krebsbildung kommt. Der Mediziner testet an der Mannheimer Universitätshautklinik außerdem neue Medikamente gegen Hautkrebs. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf einer besonders bösartigen Variante – dem malignen Melanom.

 

Als Schuljunge schon wusste Jochen Utikal, dass er entweder Arzt werden oder forschen will. Nun macht er beides. Zu seinen Lieblingsfächern gehörte die Biologie, und als es an die Entscheidung ging, welches Fach es an der Uni werden soll, da entschied er sich für die Humanmedizin. „Ich habe mich dann schon mehr für den Menschen interessiert als für Pflanzen und Tiere“, sagt er. 

Bereits während des Studiums in seiner Geburtsstadt Ulm lernte Utikal das maligne Melanom kennen, das zum Schwerpunkt seiner Forschung werden sollte. Bei einem Krankenhauspraktikum hatte er es mit Patienten zu tun, die unter dem schwarzen Hautkrebs litten. Das Thema ließ ihn nicht los. In seiner Doktorarbeit ging er die Frage an, welchen Beitrag das c-myc-Gen bei der Entstehung des malignen Melanoms hat. C-myc kann Tumore hervorrufen. Gleichzeitig aber ist es seit 2006 als eines der Gene bekannt, die aktiviert werden müssen, um künstlich Stammzellen herzustellen. Utikal wies nach, dass bei malignen Melanomen auf der DNA bis zu zwanzig Genkopien des c-myc-Gens entstehen können. Normal sind zwei. Und Utikal entdeckte noch einen weiteren Zusammenhang: Je höher die Anzahl der Kopien war, umso schwerer war auch der Krankheitsverlauf bei den Patienten.

Patientenspezifische pluripotente Stammzellen (humane iPS-Zellen). Sie werden aus adulten Zellen des Patienten gewonnen.Lightbox-Link
Patientenspezifische pluripotente Stammzellen (humane iPS-Zellen). Sie werden aus adulten Zellen des Patienten gewonnen.Quelle: Utikal

Erkenntnisse der Stammzellenforschung auch für Tumorbekämpfung nützlich

Mit einem Stipendium der Mildred Scheel Stiftung in der Tasche ging der junge Forscher 2007 in das Labor von Konrad Hochedlinger an der Harvard University. Hochedlinger ist einer der führenden Experten bei der Herstellung induzierter pluripotenter Stammzellen. iPS-Zellen sind wegen ihrer Herkunft aus ethisch unbedenklichen adulten Zellen in den vergangenen Jahren unter Wissenschaftlern immer populärer und ihre Herstellung nach und nach verbessert worden (mehr...).

Der Aufenthalt in Hochedlingers Labor dauerte etwas länger als die ursprünglich geplanten zwei Jahre. Nach seiner Rückkehr aus den USA suchte sich Utikal einen Ort, wo er seine Forschungen an Stammzellen fortsetzen konnte. Fündig wurde er an der Heidelberger Universität und der ihr angeschlossenen Universitätsmedizin Mannheim. Dort schloss er 2009 seine Habilitation zur Umprogrammierung von Melanozyten und Melanomzellen, das heißt gesunden und bösartig veränderten pigmentierten Hautzellen, in pluripotente Stammzellen ab. Seitdem arbeitet er als Oberarzt und Arbeitsgruppenleiter, kurz darauf wurde er ärztlicher Koordinator des Hauttumorzentrums. Patientenbetreuung, Forschung und Lehre, sie alle verzahnen sich gegenseitig, sagt er. Das sei kein Job, der nach 16 Uhr keine Rolle mehr spiele – wie in manch anderen Berufen ließen sich Freizeit und Forschung nicht klar voneinander trennen, „man liest eben noch, macht sich Gedanken.“ Zudem sei es nicht immer einfach, schwere Krankheitsverläufe aus dem Kopf zu verbannen. „Aber das befeuert einen auch, die Forschung voranzutreiben. Denn nur das kann es in Zukunft verbessern.“ Als Ausgleich treibt er Sport, Joggen und Radfahren, und im Winter fährt er Ski. Falls Zeit zum Reisen bleibt, tut er auch dies.

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Gezielt Gene beeinflussen statt klassischer Chemotherapie

Von der Kombination von Krebsforschung und Stammzellentechnologie verspricht sich Utikal wesentliche Erkenntnisse für die Therapie des malignen Melanoms. „Den Mechanismus zu verstehen, wie die induzierten pluripotenten Stammzellen entstehen, lässt auch Rückschlüsse auf die Entstehung von Tumorzellen zu.“ Einige Fortschritte habe es auch schon bei der Therapie des schwarzen Hautkrebses gegeben, auch wenn sie ihn nicht komplett zufrieden stellen. Die Medikamente, die er jetzt testet, beeinflussen zielgerichtet bestimmte Gene. „Damit lassen sich deutlich bessere Erfolge erreichen als mit den klassischen Chemotherapien.“ Trotzdem brauche es noch weitere Forschungsanstrengungen.

Seine eigenen Anstrengungen bestehen weiterhin in der Grundlagenforschung. Er und seine Mitarbeiter untersuchen, wie es bei den künstlich hergestellten Stammzellen zur Entstehung von Tumoren kommt. „Es geht uns darum zu verstehen, welcher Mechanismus dahinter steckt, welche Gene dabei eine Rolle spielen.“ Außerdem erforschen sie die Entwicklungsmechanismen von Melanozyten, das heißt den pigmentierten Hautzellen, aus denen das Melanom entstehen kann, und von anderen Hautzellen. „Bis heute ist ja noch nicht genau geklärt, wie das maligne Melanom, also der bösartige schwarze Hautkrebs entsteht. So lange man das nicht verstanden hat, ist die Therapie, die ja sehr schwierig ist, auch nur in gewissem Grade möglich.“

Autorin: Anke Wilde 

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