Wochenrückblick KW 24
Rückblick auf Kalenderwoche 24
Für den Zeitraum vom 13. bis 20. Juni 2011 hat biotechnologie.de für Sie die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche zusammengestellt.
US-Repräsentantenhaus stoppt Zulassungsverfahren für gv-Lachs
Das US-Repräsentantenhaus hat die Markteinführung gentechnisch veränderter (gv-) Zuchtlachse vorerst gestoppt.
Am 15. Juni haben Abgeordnete einen Gesetzesentwurf angenommen, mit dem der amerikanischen Lebensmittelbehörde FDA untersagt wird, Gelder für die Zulassung des schnellwachsenden Biotech-Lachses auszugeben.
Bei der Abstimmung im Repräsentantenhaus waren offenbar weniger als zehn Abgeordnete anwesend. Eingebracht wurde der Entwurf vom Abgeordneten Don Young aus Alaska. Der Republikaner setzt sich bereits seit längerem gegen die Markteinführung der gv-Fische ein. Da über den Gesetzentwurf allerdings noch der Senat abstimmen wird, ist noch offen, ob der gv-Lachs tatsächlich vor dem Aus steht.
Der Biotech-Lachs gilt als das erste gentechnisch veränderte Tier, welches als Nahrungsmittel zugelassen würde. Entwickelt wurde der Zuchtfisch von der Biotech-Firma AquaBounty Technologies. Die Lachse tragen in ihrem Erbgut zwei zusätzliche Gene aus anderen Fischarten. Dadurch produzieren sie ganzjährig und temperaturunabhängig ein Wachstumshormon und wachsen doppelt so schnell wie ihre herkömmlichen Artgenossen heran. Die Fische sind daher auch deutlich früher schlachtreif. Aquabounty wollte seine Turbo-Lachse in geschlossen Tanks im Binnenland, so in Kanada und Panama, züchten und die Produkte in den Vereinigten Staaten vertreiben. Zudem hat das Biotech-Unternehmen geplant, insbesondere unfruchtbare weibliche Lachse einzusetzen, die sich nicht vermehren können. Seit 15 Jahren bemüht sich Aquabounty bereits um die Zulassung. 2010 war die FDA zu dem Ergebnis gekommen, Lebensmittel aus gv-Lachsen würden in ihrer stofflichen Zusammensetzung keine Unterschiede zu herkömmlichen Produkten aufweisen. Gegen die Markteinführung der gv-Lachse hat sich indes breiter Widerstand formiert. Mehr als 60 Umwelt- und Verbraucherschutzgruppen versuchen derzeit erfolgreich, die Zulassung zu verhindern. Waren Zulassungsverfahren für gv-Organismen in den USA bisher eher fachlich-wissenschaftlich geprägt, ist die öffentliche Auseinandersetzung inzwischen spürbar politisch aufgeheizt.
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Die dominierenden Argumente der Kampagne „Say No To FrankenFisch“, zu der auch der Republikaner Young zählt: Die Turbolachse könnten in die Umwelt gelangen, sich ungebremst vermehren und seien eine Bedrohung für die langsamer wachsenden Wildlachs-Populationen. Desweiteren plädieren die Skeptiker für eine eindeutige Kennzeichnung der gv-Lachsprodukte, was die FDA bislang jedoch ablehnt. Nachdem die FDA bei ihrer Sicherheitsbewertung im vergangenen Jahr zu dem Schluss kam, von den gv-Lachsen gehe kein Risiko für Verbraucher und Umwelt aus, wollte die Lebensmittelbehörde Ende 2011 eine endgültige Entscheidung über die Zulassung treffen. Die dürfte nun in die Ferne gerückt sein.
Qiagen bietet 70 Millionen für Diagnostikspezialisten Ipsogen
Das größte deutsche Biotech-Unternehmen Qiagen hat angekündigt, seinen französischen Diagnostik-Konkurrenten Ipsogen S.A. übernehmen zu wollen.
Mit dem am 15. Juni verkündeten Angebot von 12,90 Euro je Aktie summiert sich der Kaufpreis auf bis zu 70 Millionen Euro.
Das entspricht etwa dem Sechsfachen des zu erwartenden Jahresnettoumsatzes von Ipsogen im Jahre 2012. Die Übernahme soll dabei in zwei Schritten erfolgen: Derzeit verhandelt das Hildener Unternehmen mit den Firmengründern und Aufsichtsratsmitgliedern über den Kauf eines 47 Prozent-Anteils am französischen Krebsdiagnostik-Spezialisten. Sobald diese Vereinbarung in trockenen Tüchern ist, soll ein öffentliches Übernahmeangebot für alle anderen Aktionäre folgen, verspricht Qiagen.
Ipsogen ist nach Angaben von Qiagen weltweiter Marktführer für molekulare Diagnostik im Bereich der Leukämie.
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Wochenrückblick: Qiagen will Diagnostikfirma Cellestis übernehmen |
Die Franzosen liefern Tests für Anwendungen in den Bereichen Profiling und personalisierte Medizin bei einer Vielzahl von Leukämie-Arten. Ipsogen beschäftigt etwa 70 Mitarbeiter an Standorten in Frankreich und den USA und wuchs in der Vergangenheit rasant: Allein im Jahr 2010 stieg der Umsatz um 24 Prozent auf 8,4 Millionen Euro. Die rund 80 von Ipsogen angebotenen molekularbiologischen Tests decken 15 Biomarker ab, die vor allem in unterschiedlichen Leukämieformen eine wichtige Rolle spielen.Bis zum dritten Quartal 2011 soll die Übernahme abgeschlossen sein. Als globales Exzellenzzentrum für Leukämie und Brustkrebs wird der Ipsogen-Standort Marseille dann in den Qiagen-Konzern eingegliedert und könnte ab 2013 einen positiven Beitrag zum Unternehmensgewinn leisten. Qiagen setzt seit jeher auf Übernahmen, um das eigene Wachstum zu beschleunigen. Erst Anfang April wurde der 355 Millionen US-Dollar schwere Kauf des australischen Diagnostikspezialisten Cellestis Ltd. in die Wege geleitet (mehr...).
BMBF-Förderinitiative zu Tierversuchs-Alternativen fortgesetzt
Das Bundesforschungsministerium will die Erforschung von alternativen Testverfahren zu Tierversuchen stärken und damit Deutschlands international führende Position in diesem Bereich ausbauen.
Das BMBF hält demnach an der 1984 erstmals aufgelegten Förderstrategie fest und wird auch künftig Forschungs- und Entwicklungsvorhaben unterstützen, die die Zahl der Tierversuche gemäß dem sogenannten 3R-Konzept reduzieren helfen. Unter dem 3R-Konzept nach Russel und Burch sind Testverfahren gefasst, die entweder Tierversuche vollständig ersetzen (Replacement) oder - falls dieses nicht möglich ist - zumindest eine Reduzierung der Anzahl der verwendeten Tiere (Reduction) oder eine Minderung des Belastungsgrades der Tiere (Refinement) erlauben. Zuletzt hatte es im April 2001 eine Förderrichtlinie des BMBF zu "Ersatzmethoden zum Tierversuch" gegeben. Die im Rahmen dieser Förderaktivitäten entwickelten Ersatz- und Ergänzungsmethoden konnten bereits erfolgreich zu einer Begrenzung von Tierversuchen im Sinne des 3R-Konzeptes beitragen. Im Rahmen der Verlängerung der Förderinitiative sollen alternative Test- und Untersuchungsmethoden nicht nur entwickelt und hin zur Praxisreife optimiert werden und wissenschaftlich abgesichert werden. Ein wichtiger Fokus liegt auch auf Verwertungsstrategien, um die neuen Ansätze in eine möglichst breite Anwendung zu überführen.
Gefördert werden Einzelprojekte und Verbundprojekte zur Erforschung, Entwicklung und wissenschaftlichen Prüfung und Absicherung von alternativen Methoden zum Tierversuch. Bewerben können sich Interessierte aus Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen. Projektskizzen können künftig beim Projektträger Jülich (Ansprechpartner: Dr. Manfred Hansper) ab 2012 bis zum 15. März eines jeden Kalenderjahres eingereicht werden.
Mehr Informationen zur Förderinitiative beim BMBF: hier klicken
Wegweiser für sprießende Nervenfortsätze im Gehirn ausgemacht
Neurobiologen aus Martinsried haben eine Gruppe von Eiweißmolekülen entdeckt, die auswachsenden Fortsätzen von Nervenzellen im Gehirn als Wegweiser dienen.
Die Forscher des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie berichten in der Fachzeitschrift EMBO Journal (2011, Online-Vorabveröffentlichung) über ihre Ergebnisse.
Die Großhirnrinde des Gehirns verarbeitet und steuert Bewegungen, Sinneseindrücke und kognitive Fähigkeiten. Damit diese Prozesse optimal funktionieren, müssen sich die Nervenzellen mit ihren entsprechenden Partnerzellen verbinden. Haben sich Nervenzellen im Verlauf der frühen Gehirnentwicklung erst einmal in typischen Schichten aus Zellkörpern angeordnet, startet die Vernetzung. Dabei schicken die Zellen ihre Fortsätze aus, die zum Teil mit Nachbarzellen und zum Teil mit Zellen aus anderen Schichten Kontakte knüpfen. Wie die Forscher um Rüdiger Klein beobachtet haben, helfen die sogenannten FLRT Proteine an der Oberfläche auswachsender Nervenfortsätze dabei, dass die Fortsätze nicht die Orientierung verlieren. FLRT sind sogenannte Rezeptormoleküle. Gemeinsam mit internationalen Kollegen konnten die Neurobiologen zeigen, dass sich ein Teil des FLRT-Rezeptors abspalten kann und an sogenannte Unc5-Rezeptoren auf anderen Nervenzellen andocken kann.
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Wochenrückblick: Partnergene steuern Gehirnwachstum Förderbeispiel: Neue Gleise für nachwachsende Nerven |
Das Ergebnis dieser Bindung ist dramatisch: Die Wachstumsspitze des Nervenzellfortsatzes kollabiert, zieht sich zurück und bleibt stehen oder wächst in eine andere Richtung weiter. "Es ist ungewöhnlich und hat uns daher überrascht, dass ein Rezeptor, oder ein Teil von ihm, selbst zum Bindungspartner eines anderen Rezeptors wird", sagt Rüdiger Klein. "Je komplexer ein Lebewesen wird, desto mehr Funktionen müssen anscheinend seine einzelnen Komponenten übernehmen." In weiteren Experimenten haben die Forscher das Zusammenspiel der Proteine FLRT und Unc5 für die korrekte Schichtentwicklung der Großhirnrinde aufgeklärt. "Dies liefert uns eine wichtige Erkenntnis, die uns langfristig auch bei Fehlentwicklungen in diesem Bereich und anderen Gehirnstrukturen weiterhelfen könnte", so Rüdiger Klein.
Sechs Millionen für Sygnis
Einer der bekanntesten Biotech-Investoren Deutschlands verstärkt sein Engagement bei der Sygnis Pharma AG. Dietmar Hopp stellt mit einem Gesellschafterdarlehen von 6 Millionen Euro sicher, dass die Heidelberger noch auf jeden Fall bis 2012 Medikamente gegen neurodegenerative Erkrankungen entwickeln können.
Das Darlehen der dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG hat keine feste Laufzeit und kann frühestens zum 30. September 2012 gekündigt werden.
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Wochenrückblick: Sygnis bekommt deutliche Finanzspritze Wochenrückblick: Heidelberger Sygnis AG baut knapp die Hälfte der Stellen ab |
Sollte dievini den Kredit tatsächlich einmal zurückfordern, ist das Darlehen innerhalb eines Monats zurückzuzahlen. Dabei muss jedoch keinesfalls erneut Geld fließen: Möglich wäre auch, dass der Investor die Schuld als Sacheinlage in Sygnis einbringt oder in Aktien umwandelt. Sygnis ist auf die Medikamentenentwicklung für Erkrankungen des zentralen Nervensystems spezialisiert. Der wichtigste Wirkstoffkandidat ist AX200, ein G-CSF-Protein zur Behandlung von Schlaganfällen.
Große Hoffnungen setzten die Heidelberger auch auf Modulatoren des KIBRA-Signalwegs, die die Gedächtnisleistung bei Alzheimer oder Schizophrenie verbessern. Im Mai wurden Sygnis durch das Europäische Patentamt und sein amerikanisches Pendant erste Schutzrechte auf diesem Gebiet erteilt.
Die positiven Nachrichten kommen zur rechten Zeit. Im vergangenen Oktober musste Sygnis die Hälfte der Mitarbeiter entlassen, mehrere Forschungsprojekte auf Eis gelegt (mehr...). Auch die Suche nach einem strategischen Partner wurde verstärkt. „Bis zum Ende des Geschäftsjahres wollen wir Klarheit, wohin die Reise geht“, sagte Finanzvorstand Peter Willinger im Februar dieses Jahres. Mit dem Darlehen von Dietmar Hopp kann Sygnis die Brautschau jetzt gelassener angehen.
Industrielle Biotechnologie im Norden: Allianzen und Auszeichnungen
Die industrielle Biotechnologie formiert sich über die nationalen Grenzen hinweg. Der norddeutsche Cluster Biokatalyse2021 und das Austrian Centre of Industrial Biotechnology ACIB haben eine Allianz geschlossen.
Anlässlich eines gemeinsam in Hamburg durchgeführten Symposiums zum Thema „Neue Technologien für eine nachhaltige Bioökonomie“ unterzeichneten Garabed Antranikian und Helmut Thamer für Biokatalyse2021 sowie Anton Glieder und Mathias Drexler für die ACIB GmbH am 15. Juni ein entsprechendes Memorandum.
Industrielle Biotechnologie in Norddeutschland |
Der Cluster Biokatalyse2021 bildet mit seinen Dutzenden Mitgliedern aus einen Kristallisationspunkt für die industrielle Biotechnologie im norddeutschen Raum. Der Industrielle Biotechnologie Nord e.V. bündelt die im Bereich der Industriellen Biotechnologie vorhandenen Expertisen in den fünf norddeutschen Bundesländern Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. |
Gemeinsames Ziel ist, die Basis für einen europäischen Forschungsschwerpunkt im Bereich der industriellen Biotechnologie zu schaffen, heißt es in einer Erklärung. Biokatalyse2021 ist aus dem Clusterwettbewerb BioIndustrie 2021 entstanden, der 2006 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufen wurde (mehr...).
Fünf Netzwerke der industriellen Biotechnologie konnten sich durchsetzen, darunter auch die Hamburger. Das ACIB bündelt als Dachorganisation für die industrielle Biotechnologie in Österreich die Kompetenz mehrerer österreichischer Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie internationaler Industriepartner.
Antranikian konnte in Hamburg gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. In seiner weiteren Funktion als Vorstandsvorsitzender des Vereins Industrielle Biotechnologie Nord durfte er einem alten Bekannten den IBN Award überreichen. Holger Zinke, der Gründer und CEO der Brain AG, wurde als "einer der entscheidenden Wegbereiter der Industriellen Biotechnologie" mit dem "Oscar der Biotechnologie" ausgezeichnet. "Die industrielle Biotechnologie in Deutschland hat Herrn Zinke sehr viel zu verdanken", so Antranikian in seiner Laudatio.