Wochenrückblick KW 18

09.05.2011

Düsseldorfer XCell-Center muss Stammzell-Behandlung stoppen

Das umstrittene XCell-Center in Düsseldorf darf in Deutschland keine patienteneigenen Stammzelltransplantationen mehr durchführen. Bereits am 21. April untersagte die Bezirksregierung Köln dem Unternehmen den Betrieb.

XCell ist damit die Geschäftsgrundlage entzogen.  Wo ansonsten in der umstrittenen Stammzellklinik XCell rege Betriebsamkeit herrschte, waren Mitte der Woche neben Fluren und Räumen selbst die Rezeption und Telefone verwaist, berichtet die Wirtschaftswoche. XCell nutzte in der Vergangenheit ein rechtliches Hintertürchen für seine Therapieangebote. Für autologe Stammzelltherapien, also Behandlungen, bei denen einem Patienten die körpereigene Stammzellen verabreicht werden, war bis vor zwei Jahren keine Zulassung der europäischen Arzneimittelbehörde notwendig. Nachdem der Gesetzgeber 2009 hierzu eine entsprechende Verpflichtung im Arzneimittelrecht verankerte, fügte er eine Übergangsfrist hinzu: Um die hoffnungsvollen Ansätze von Gewebezucht und Stammzelltherapie nicht zu gefährden, gab er betroffenen Unternehmen bis Anfang 2011 Zeit, einen Antrag für die eigenen Verfahren zu stellen. Diese Übergangsfrist nutzte das Düsseldorfer Unternehmen, um Patienten in einem individuellen Heilversuch die eigenen Stammzellen zu injizieren – gegen Zahlung von bis zu 26.000 Euro. Immer wieder kam es dabei zu schwerwiegenden Komplikationen. Im vergangenen Jahr starb ein etwa anderthalbjähriger italienischer Junge, nachdem ihm Stammzellen ins Hirn injiziert wurden.

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 Daraufhin reagierten die aufsichtführenden Landesbehörden und nahmen die Firma an die kurze Leine. Gestützt auf ein Gutachten vom Paul-Ehrlich-Institut forderten sie XCell auf, sich zu Zweifeln an der Behandlungsmethode zu äußern. Dies war der erste Schritt zum kürzlich ausgesprochenen Verbot. Auch die Justiz begann, sich für die nordrhein-westfälische Firma zu interessieren. Vor etwa einem Jahr nahm die zuständige Staatsanwaltschaft wegen der Todesfälle Ermittlungen auf. Ins Fadenkreuz der Behörde geriet dabei nicht nur die behandelnde Ärztin, sondern auch die Klinikleitung. „Ich wäre erleichtert, wenn mit der Zustellung der Untersagungsverfügung an das Unternehmen der Schutz von Patientinnen und Patienten vor negativen Folgen durch die XCell-Stammzelltherapien in Nordrhein-Westfalen dauerhaft sichergestellt wäre“, sagte die grüne Gesundheitsministerin Barbara Steffens gegenüber der Wirtschaftswoche. Ob sich diese Hoffnung erfüllt, bleibt abzuwarten. Noch vier Wochen lang kann XCell Widerspruch gegen die Verfügung einlegen.

BMBF: 20 Millionen Euro für die Erforschung vernachlässigter Krankheiten

Das Bundesforschungsministerium will die Erforschung von sogenannten vernachlässigten Infektionskrankheiten wie Dengue-Fieber, Tuberkulose oder Malaria mit einem strategischen Förderkonzept vorantreiben.

Bis 2014 will das Bundesministerium insgesamt 20 Millionen Euro für die Entwicklung von Präventions-, Diagnose- und Behandlungsmethoden zur Verfügung stellen. Damit sollen Krankheiten, unter denen vor allem die Ärmsten der Welt leiden, stärker in den Fokus des Forschungsinteresses der Industrienationen gerückt werden. Helge Braun, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), stellte das neue Förderkonzept am 9. Mai bei einer Konferenz der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung vor. Gefördert werden sollen demnach wissenschaftliche Projekte mit armutsassoziierten Krankheiten, deren Erforschung in Deutschland bereits erfolgreich ist, als auch solche, die hier noch wenig erforscht werden.

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„Vor allem aber setzen wir uns damit auseinander, welche Schritte der Entwicklung neuer Medikamente oder Impfstoffe in Deutschland möglich sind, und welche Schritte wir besser in europäischen oder internationalen Kooperationen machen, und zwar gerade auch gemeinsam mit den von diesen Krankheiten betroffenen Entwicklungsländern“, so Braun. Ein Element des neuen Förderkonzepts ist die finanzielle Unterstützung von Produktentwicklungspartnerschaften (PDPs). PDPs sind internationale Non-Profit-Organisationen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Präventionsmethoden, Diagnostika oder Medikamente gegen vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten zu entwickeln. Sie bündeln das Wissen aus Wissenschaft, Industrie und Zivilgesellschaft. PDPs werden durch öffentliche und private wohltätige Geldgeber finanziert, im Gegenzug werden die Produkte den Betroffenen später zu einem sehr geringen Preis zur Verfügung gestellt.

Erste von PDPs entwickelte Produkte sind bereits auf dem Markt, es gibt aber noch viele Krankheiten, die nicht wirksam bekämpft werden können. Das BMBF will mit seiner ersten Förderung von PDPs, die noch 2011 beginnen soll, insbesondere die Erreichung zweier Millenniumsziele der Vereinten Nationen (Gesundheit von Kindern unter fünf Jahren und Müttergesundheit) unterstützen. Gleichzeitig wird mit dem Förderkonzept auch die deutsche Forschungslandschaft im Bereich der vernachlässigten und armutsassoziierten Erkrankungen gestärkt. " Die Gründung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung wird der nationalen Forschungsszene noch weiteren Auftrieb geben", sagte Braun.

 

Mehr Informationen zum Förderkonzept „Bekämpfung vernachlässigter und armutsbedingter Erkrankungen“: hier klicken

Mutiertes Enzym schützt Menschen mit Sichelzellanämie vor Malaria

Forscher der Universitäten Leipzig, Paris und Oeiras in Portugal haben herausgefunden, warum die Erbkrankheit Sichelzellanämie in bestimmten Fällen vor Malaria schützt.

Offenbar bewirkt eine mutierte Version des Moleküls Hämoglobin eine andauernde Produktion eines Enzyms, das für den Abbau des bei einer Malariainfektion  massenhaft auftretenden Blutfarbstoffs Häm sorgt.

Dieses Bild zeigt geschädigte Blutgefäße bei Malaria-Mäusen, die zusätzlich an der Sichelzellanämie erkrankt sind.Lightbox-Link
Dieses Bild zeigt geschädigte Blutgefäße bei Malaria-infizierten Mäusen, die zusätzlich an der Sichelzellanämie erkrankt sind.Quelle: I. Bechmann
Die Wissenschaftler haben bei Mäusen nachgewiesen, dass die Malariaerreger (Plasmodien) bei  Mäusen mit Sichelzellanämie - wie bei Gesunden auch - vom Immunsystem bekämpft werden. Aber bei Sichelzellträgern gibt es einen zusätzlichen Mechanismus, der den Körper vor den sonst typischen entzündlichen Prozessen schützt. Die Forscher um Ingo Bechmann von der Medizinischen Fakultät in Leipzig berichten  in der Fachzeitschrift Cell (2011,  Bd.145, S. 398). Die Sichelzellenanämie ist eine vererbbare Erkrankung, die durch eine Mutation im Hämoglobin-Gen ausgelöst wird. Dadurch sind ihre roten Blutkörperchen sichelzellförmig verformt. In einigen Gegenden Afrikas sind bis zu 40 Prozent der Bevölkerung Träger der Mutation. Einen Vorteil bietet diese Mutation jedoch nur für Menschen, die lediglich eine Kopie des veränderten Gens besitzen. Erhält jemand hingegen sowohl vom Vater als auch von der Mutter je eine Kopie des mutierten Gens, erkrankt er an sehr starken Symptomen der Sichelzellanämie, die

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zu lebensbedrohlichem Sauerstoffmangel im Blut führen. Offenbar bewirkt das mutierte Sichelzell-Hämoglobin die anhaltende Produktion des Enzyms Hämoxidase 1. Das Enzym zerstört das giftige Häm, sobald dieses frei im Blut zirkuliert und spaltet es in ungiftige Bestandteile, darunter Kohlenstoffmonoxid (CO). CO wiederum wirkt zurück auf die Stellen im Hämoglobinmolekül der roten Blutkörperchen, an der das Häm sitzt, und verhindert dort, dass es sich ablöst. Es wird nicht mehr übermäßig ins Blut freigesetzt, kann seine giftige Wirkung nicht mehr entfalten - und somit keine Entzündungsreaktionen auslösen. Die Forscher wollen sich nun diese Erkenntnisse für die Therapie bei Malaria zunutze machen. Sie wollen den Schutzmechanismus durch Kohlenstoffmonoxid nachahmen.

Wilex gewinnt Partner für Rencarex

Die Wilex AG hat einen großen Schritt hin zum Markt und zur finanziellen Stabilität gemacht.

Die Münchener konnten einen Partner für die Weiterentwicklung ihres wichtigsten Medikamentenkandidaten Rencarex gewinnen.

Wilex-Chef Olaf Wilhelm sieht in Prometheus einen Schlüsselpartner für die Vermarktung der Arznei Rencarex. Lightbox-Link
Wilex-Chef Olaf Wilhelm sieht in Prometheus einen Schlüsselpartner für die Vermarktung der Arznei Rencarex. Quelle: Wilex AG
 Wie das Unternehmen am 2. Mai mitteilte, übernimmt der kalifornische Pharmakonzern Prometheus Laboratories Inc. einen Teil der Kosten für die weitere Entwicklung des Nierenkrebspräparates. Dafür darf Prometheus im Falle einer Zulassung Rencarex in den USA exklusiv vertreiben. "'Das ist genau die Transaktion, die wir uns vorgestellt haben", sagte Wilex-Chef Olaf Wilhelm. "Für uns ist es der bisher wichtigste Deal bei der Vermarktung eigener Medikamente", fügte er gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters hinzu. Im Rahmen der Lizenzvereinbarung wird Wilex zunächst 39 Millionen US-Dollar erhalten. 19 Millionen US-Dollar werden direkt bei Vertragsabschluss fällig, danach kann sich Wilex entscheiden: Entweder es gibt 20 Mio. US-Dollar nach zwölf Monaten oder die europäischen Vermarktungsrechte an einem nicht öffentlich genannten Produkt von Prometheus. Zusätzlich hat WILEX Anspruch auf Meilensteinzahlungen und Umsatzbeteiligungen am Verkauf von Rencarex in den USA.

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Darüber hinaus wird Prometheus anteilig Kosten für die weitere Entwicklung von Rencarex übernehmen. Insgesamt könnten so 145 Millionen Euro plus Umsatzbeteiligungen von Kalifornien nach München fließen. Letztere sind keine Peanuts. Intern werden Rencarex Umsätze von rund 500 Millionen Dollar zugetraut. Für Wilex kommen die guten Nachrichten gerade zur rechten Zeit. Die Aktie stieg um 18 Prozent auf 4,50 Euro, nachdem sie in den vergangenen Monaten unter Druck stand. Die Aktionäre waren sich nicht sicher, ob die Zukäufe von Heidelberg Pharma und Oncogene mittelfristig Sinn haben würden. Erst Mitte April musste Wilex-Chef Wilhelm für das erste Quartal 2011 einen Verlust von 5,95 Millionen Euro ausweisen, gut zehn Prozent mehr als im Vorquartal.

Innovative Medicines Initiative: Online-Fragestunde zur vierten Runde

Mitte Juni dieses Jahres wird die vierte Förderrunde der europäischen „Innovative Medicines Initiative (IMI)“ ausgeschrieben. Nun gilt es für Interessierte, sich rechtzeitig vorzubereiten.

Deutsche Forscher, die sich an der Initiative zur Förderung von Forschungspartnerschaften zwischen akademischen Einrichtungen und Unternehmen in der biomedizinischen Forschung beteiligen wollen, können sich in einer Online-Veranstaltung (Webinar) am 16. Mai  ab 11:30 Uhr genauer über die Ausschreibung informieren. Veranstaltet wird das IMI-Webinar vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zusammen mit dem Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa), der Vereinigung Deutscher Biotechnologie Unternehmen (VBU) sowie der Nationalen Kontaktstelle Lebenswissenschaften (NKS-L). Im Verlauf des Webinars wird Matthias Gottwald von Bayer Healthcare einen Ausblick auf den bevorstehende vierte Runde sowie einen Rückblick auf die bisherigen Förderrunden geben. Die NKS-L informiert darüber, wie sie deutsche Antragsteller unterstützen kann.

Eines der wichtigsten Ziele des Webinars ist es, Interessenten bei der Suche nach Partnern für ein Projektkonsortium zu helfen. Die Technologieplattform „Innovative Medicines Initiative“ (IMI) ist eine europäische Förderinitiative, die die pharmazeutische Forschung und Entwicklung in Europa attraktiver machen will, um so innovative Therapien schneller zum Patienten bringen zu können. Die 2007 offiziell gestartete IMI funktioniert in Form eines Public-Private Partnership-Modells zwischen EU-Kommission und dem Verband der europäischen Pharmaindustrie (EFPIA). Bis 2017 stellt die IMI ein Fördervolumen von zwei Milliarden Euro bereit.  Die europäischen Gelder stammen aus dem Budget für das siebte Forschungsrahmenprogramm und sollen europäischen Forschungseinrichtungen sowie kleinen und mittleren Unternehmen, die in Kooperationsprojekten zusammenarbeiten, zugute kommen.

Mehr zum IMI-Webinar am 16.5. und zur Anmeldung: hier klicken  

Mehr zur 4. Runde auf der offiziellen IMI-Website: hier klicken

 

Seeigel sehen mit laufenden Komplexaugen

Bonner Forscher haben mit Hilfe von molekularen Analysen die Lichtsinnesorgane von Seeigeln dingfest gemacht: Sie sitzen an den Füßen der wehrhaften Meeresbewohner.

Der purpurne Seeigel mit ausgestreckten Füßchen.Lightbox-Link
Der purpurne Seeigel mit ausgestreckten Füßchen.Quelle: E.Arboldeda
Bislang war unklar, wie die Stachelhäuter zwischen hell und dunkel unterscheiden und sogar die Lichteinfallsrichtung erkennen können. Ein Team von Evolutionsbiologen um Esther Ullrich-Lüther von der Universität Bonn hat jetzt herausgefunden, wo sich die Augen des Purpurseeigels Strongylocentrus purpuratus befinden und wie er sie zur Orientierung einsetzt: Die Photorezeptorzellen liegen an den Fußfortsätzen und in Gruben auf der harten Kalkskelett-Oberfläche des Tieres. Zusammen mit Kollegen aus Norwegen, Schweden und Italien berichten die Forscher in der Fachzeitschrift PNAS (2011, Online-Vorabveröffentlichung). Molekulare Hinweise auf das Vorhandensein von Lichtsinneszellen in S. purpuratus hatten Forscher bereits 2006 im Rahmen der Entzifferung des Genoms der Stachelhäuter gesammelt.

Ein junger Seeigel mit angefärbten Photorezeptoren (rot), die in Kontakt zum Nervensystem (grün) stehen.Lightbox-Link
Ein junger Seeigel mit angefärbten Photorezeptoren (rot), die in Kontakt zum Nervensystem (grün) stehen.Quelle: E. Ulrich-Lüter
 Dabei identifizierten die Entwicklungsbiologen Gene, welche bei anderen Organismen an der Augenentwicklung und -funktion beteiligt sind. Das Forscherteam um Ullrich-Lüther entdeckte mit Hilfe spezieller Markierungstechniken nun die Photorezeptorzellen, in denen eben diese Gene aktiv sind. Sie finden sich an den zylinderförmigen Füßen des Seeigels. Die Genaktivitätsdaten belegen in Kombination mit elektronenmikroskopischen Untersuchungen und Immunfärbungen, dass Seeigel ähnlich wie Insekten und Krebstiere einen für Facettenaugen typischen Lichtrezeptor zum Richtungssehen benutzen, im Unterschied zu ihren nahen Verwandten, den Wirbeltieren. Bei diesem Photorezeptortyp erfolgt die Einlagerung des Sehpigmentes in Ausstülpungen der nach außen gerichteten Zelloberfläche. Zur Lokalisation der Lichtquelle nutzen die Stachelhäuter den Schattenwurf ihres eigenen Körperbaus, denn die Photorezeptorzellen liegen in kleinen Einbuchtungen des Kalkskeletts. Der Lichteinfall erreicht immer nur wenige Zellen, während die meisten weiterhin im Schatten liegen. So ortet das Tier die Lichtquelle. Jungtieren gelingt dies übrigens zunächst nicht. Erst nach vollständiger Ausbildung ihres inneren Skeletts, mit ungefähr einem Monat, sind die Seeigel sehfähig: Sie flüchten, wenn man sie anleuchtet.