Nach Schlaganfall: Gen baut Schutzschild auf

Heidelberger Forscher haben ein Gen aufgespürt, das Nervenzellen im Gehirn vor den Folgen eines Schlaganfalls schützen kann. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Heidelberger Forscher haben ein Gen aufgespürt, das Nervenzellen im Gehirn vor den Folgen eines Schlaganfalls schützen kann. Quelle: Wikimedia/Ben Brahim Mohammed

28.04.2011  - 

Ein Gen, das vor den zerstörerischen Folgen eines Schlaganfalls schützt, haben Forscher der Universität Heidelberg entdeckt. Ein Team um Hilmar Bading vom Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften (IZN) konnte nachweisen, dass eine erhöhte Aktivität des Gens ATF3 die Nervenzellen im Gehirn widerstandsfähiger macht. Dadurch sind sie besser vor Sauerstoffmangel und einem Zuviel an Neurotransmittern geschützt, die sonst nach einem Schlaganfall ein zelluläres Massensterben auslösen. Gehirnzellen von Mäusen, die durch eine Gentherapie mit ATF3 ausgestattet wurden, waren unter den toxischen Bedingungen überlebensfähiger. Die Forscher berichten in der Fachzeitschrift Journal of Neuroscience (2011, Bd.31, S.4978).

Das zelluläre Massensterben kommt plötzlich: Meist ist ein Infarkt von Blutgefäßen im Gehirn der Auslöser eines Schlaganfalls. Der akute Sauerstoffmangel, aber auch die hohe Konzentration an plötzlich freigesetzten Botenmolekülen (Neurotransmittern), führt dabei letztlich zur Zerstörung etlicher Nervenzellen. Doch die Nervenzellen stemmen sich in solchen Notlagen gegen ihren Untergang mit einem eigenen Schutzprogramm. Neurobiologen haben in den letzten Jahren herausgefunden, das der Einstrom von Kalzium-Ionen und ein Schalterprotein namens CREB in den betroffenen Nervenzellen ganz wesentliche Schritte beim Start dieses molekularen Schutzschildes darstellen. Seit Jahren beschäftigt sich Hilmar Bading (mehr zu seinem Profil: hier klicken) mit den einzelnen Gliedern der Signalkette, die am Aufbau dieses Zellschutzes beteiligt sind. 

Mäuse mit aktivem Schutzgen besser vor Hirnschäden gefeit

Auch das von den Heidelberger Forschern aufgespürte Steuergen mit dem Kürzel ATF3 ist offenbar Teil dieses körpereigenen Schutzprogramms: Es wird immer dann von Nervenzellen angeschaltet, wenn diese aktiv sind. „Erste Hinweise auf eine mögliche Schutzfunktion dieses Gens erhielten wir durch Experimente an sogenannten Nervenzellkulturen, mit denen man einen Schlaganfall im Labor simulieren kann“, erläutert Hilmar Bading. In weiteren Versuchen an gentechnisch veränderten Mäusen mit erhöhter Aktivität des ATF3-Gens zeigte sich: Das Gehirn dieser Tiere war deutlich besser vor Hirnschädigungen gewappnet als die Nager ohne das Schutzgen.

Mehr auf biotechnologie.de
Menschen: Hilmar Bading- Beschützer der Nervenzellen

News: Schlaganfall: Das Übel an der Wurzel packen

Förderbeispiel: Alzheimer berechenbarer machen

Programmierter Zelltod wird blockiert

Die Heidelberger Forscher gehen davon aus, dass ATF3-Gen nicht nur vor den Folgen eines Schlaganfalls schützt, sondern die Zellen generell widerstandsfähiger macht. So könnte es auch gegen das Absterben von Nervenzellen als Folge von Alterungsprozessen oder zum Beispiel auch in der Therapie neurodegenerativer Erkrankungen wie Morbus Alzheimer eingesetzt werden. Der genaue Mechanismus, über den das Gen die Zelle vor dem Sterben schützt, ist den Wissenschaftlern zwar noch nicht klar. Es gibt aber Hinweise darauf, dass das Schutzgen bestimmte „Selbstmordgene“ blockieren kann.

Ein aktives Gehirn besser gewappnet
Die Tatsache, dass der Körper dieses Gen eigenständig anschalten kann und damit in der Lage ist, sich diesen Schutz selbst aufzubauen, bedeutet, so Bading, „dass man nicht nur ins Fitnessstudio gehen sollte, um seinen Körper fit zu halten, sondern sich auch geistig betätigt – denn ein aktives Gehirn ist besser geschützt“. Die Erkenntnisse der Heidelberger Wissenschaftler bieten einerseits neue Perspektiven für die Therapie von Schlaganfällen und neurodegenerativen Erkrankungen. Sie unterstreichen aber auch, wie wichtig geistige Aktivität für die Gesundheit ist.

Videos

Kurzfilme zur Biotechnologie in unserer Videorubrik

Ob Medizin, Landwirtschaft oder Industrie - in unserer Videorubrik finden Sie eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die Sie leicht verständlich in die Welt der Biotechnologie einführen. 


Zur Rubrik Videos

TV-Glossar

Kreidezeit - Begriffe aus der Biotechnologie

Von A wie Antikörper bis Z wie Zellkultur - die Kreidezeit erklärt Begriffe aus der Biotechnologie kurz und knapp an der Tafel. Alle Videos finden Sie in unserem Filmarchiv.


Zur Rubrik Kreidezeit