ISAAA-Report 2011: Anbau von gv-Pflanzen legt wieder zu
24.02.2011 -
Gentechnisch veränderte (gv-) Pflanzen sind 2010 weltweit auf einer Fläche von 148 Millionen Hektar angebaut worden. Das meldete der International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications (ISAAA) am 22. Februar. Gegenüber 2009 hat die Anbaufläche damit um 10 Prozent zugenommen. Nach wie vor wachsen die meisten gv-Pflanzen in den USA, Brasilien, Argentinien, Indien und Kanada. 19 der insgesamt 29 Nationen mit Biotech-Nutzpflanzen zählen zu den Entwicklungs-und Schwellenländern. Hier leben auch die meisten der 15,4 Millionen Landwirte, die gv-Pflanzen anbauen. Schlusslicht auf der ISAAA-Liste ist Deutschland, wo 2010 ganze 15 Hektar der Stärkekartoffel Amflora angebaut wurden. Unterdessen gibt es eine Entscheidung in der Frage nach einem gv-Schwellenwert bei in die EU importierten Futtermitteln. Die EU-Mitgliedsländer einigten sich auf einen Toleranz-Wert für gv-Spuren, der 0,1 Prozent nicht übersteigen darf.
Seit 1996 werden gentechnisch veränderte Pflanzen kommerziell angebaut. Jahr für Jahr gibt der International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications (ISAAA) eine Bestandsaufnahme heraus. Der Verband wird unter anderem von UN-Organisationen wie der UNESCO und Agrarkonzernen wie Monsanto finanziert. Obwohl weltweit intensiv biotechnologisch geforscht wird, sind auch 15 Jahre nach der ersten kommerziellen Aussaat erst relativ wenige gv-Varianten von einigen wenigen Nutzpflanzen auf dem Markt. Soja, Baumwolle, Mais und Raps dominieren.
ISAAA |
Eine Zusammenfassung des ISAAA-Reports für 2010 gibt es auf der Webseite der Organisation. |
gv-Soja dominiert den Weltmarkt
Laut ISAAA wurde Soja auf 73,3 Mio. Hektar angepflanzt (4 Mio. Hektar mehr als 2009), Mais wuchs auf 46,8 Mio. Hektar (Zuwachs 5,8 Mio ha), Baumwolle auf 21 Mio. Hektar (Zuwachs 3,8 Mio. Hektar). Raps erreichte im vergangenen Jahr 7 Mio. Hektar (Zuwachs 0,4 Mio. Hektar). Exotischere und oft nur in einigen wenigen Länder in geringem Maßstab angebaute Sorten sind Zuckerrüben, Kürbis, Papaya, Luzerne (Alfalfa), Nelken, Tomaten, Pappeln, Petunien, Paprika.
Entwicklungsländer auf der Überholspur
2010 wurden gv-Pflanzen in 29 Ländern angebaut, in 17 Ländern in signifikantem Maßstab, also auf mehr als 50.000 Hektar. Neu hinzugekommen zur Liste der gv-Anbaustaaten sind Schweden (Kartoffel), Pakistan und Myanmar (beide Baumwolle). Insgesamt wurden den Zahlen zufolge 48 Prozent der Biotech-Pflanzen in Entwicklungsländern angebaut, 2015 werden diese nach ISAAA-Schätzungen die Industriestaaten beim Gentechnikanbau überholen. Die Rangfolge der wichtigsten Anbaustaaten hat sich dabei kaum verändert. Führend sind nach wie vor die USA (66,8 Mio. Hektar), Brasilien (25,4), Argentinien (22,9), Indien (9,4) und Kanada (8,8). Den größten Sprung in der Anbaufläche hat Brasilien zu verzeichnen, sie erweiterte sich in einem Jahr um vier Millionen Hektar.
Der Bericht spiegelt zudem wider, wie deutlich die Agrarproduktion bei einigen Nutzpflanzen von gv-Sorten bestimmt wird. Bei Soja werden 81 Prozent der gesamten Welterzeugung mit gv-Pflanzen erzielt, bei Baumwolle beträgt der gv-Anteil nun bereits 64 Prozent. Bei Mais sind es 29 Prozent. Der ISAAA-Vorsitzende Clive James sagte bei der Vorstellung des Reports in Sao Paulo, er erwarte in den nächsten Jahren einen weiter zunehmenden Trend zu gv-Sorten, vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Bis 2015 rechnet er mit etwa 40 Ländern, die gv-Nutzpflanzen anbauen. Insgesamt würden den Schätzungen zufolge dann 200 Millionen Hektar mit Biotech-Pflanzen bepflanzt. Zukunftsträchtige neue Entwicklungen sehen die Experten in nährstoffangereichertem gv-Reis und trockentolerantem Mais. Letzterer wird wohl 2012 in den USA eingeführt, und 2017 in Afrika.
Deutschland mit 15 Hektar Kartoffeln dabei
In Europa entwickelt sich die landwirtschaftliche Nutzung der grünen Gentechnik gegen den weltweiten Trend. In spürbarem Umfang wird nur in Spanien Bt-Mais angebaut. Deutschland bildet nach seinem Comeback in der Liste der 29 gv-Anbaustaaten das Schlusslicht. 2009 hatte es hierzulande gar keinen Biotech-Anbau gegeben. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hatte die bis dato einzig zugelassene Sorte, den Bt-Mais MON810 verboten, da eine "Gefahr für die Umwelt" bestehe (mehr...). Auch 2010 blieb MON810 auf deutschen Äckern tabu. Allerdings wurde die BASF-Stärkekartoffel Amflora für den kommerziellen Anbau in Europa zugelassen (mehr...). Daraufhin wurden auf einem 15 Hektar großen Versuchsfeld in Mecklenburg-Vorpommern Kartoffeln ausgebracht- begleitet von Protestaktionen und Schwierigkeiten bei der Ernte (mehr...). Auch 2011 soll Amflora wieder in deutschen Äckern wachsen, jedoch an einem anderen Standort: BASF Plant Science hat dafür zwei Hektar im sachsen-anhaltinischen Üpplingen vorgesehen.
Industrie: EU muss Zulassung beschleunigen
Insgesamt stimmten die ISAAA-Zahlen auch deutsche Industrie-Experten vorsichtig optimistisch: „Die weltweiten Zuwachsraten des vergangenen Jahres beweisen die Wettbewerbsfähigkeit und den Nutzen grüner Biotechnologie in der Landwirtschaft“, bewertet Stefan Marcinowski, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB). „Europa ist gefordert, den Anschluss an die grüne Hochtechnologie und das Innovationsfeld Pflanze nicht zu verlieren.“ So müssten europäische Genehmigungsverfahren für gv-Pflanzen erheblich beschleunigt werden.
Auf Toleranzschwelle bei gv-Futtermitteln geeinigt
Das europäische Zulassungsverfahren für Biotech-Pflanzen ist sehr kompliziert. Erst kürzlich hat der zuständige EU-Gesundheitskommissar John Dalli ein Arbeitspapier vorgelegt, das den einzelnen Mitgliedsstaaten nationale Sonderwege beim gv-Anbau ermöglichen soll (mehr...). Bewegung gibt es auch bei der Frage der zulässigen Verunreinigung von Futtermitteln. Die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten hat am 22. Februar dem Vorschlag der EU-Kommission über eine Toleranzschwelle für nicht zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen in Futtermittelimporten zugestimmt. Künftig sollen Spuren solcher gv-Pflanzen in Futtermitteln erlaubt sein, sofern sie die technische Nachweisgrenze von 0,1 Prozent nicht überschreiten. Zuvor war die Entscheidung mehrfach vertagt worden (mehr...).
Entwicklung des weltweiten gv-Anbaus
Land | Anbau 2008 (in Hektar) | Anbau 2009 (in Hektar) | Anbau 2010 (in Hektar) | Angebaute Pflanzen |
USA | 62,5 Mio | 64,0 Mio | 66,8 Mio | Mais, Soja, Baumwolle, Raps, Kürbis, Papaya, Alfalfa, Zuckerrübe |
Brasilien | 15,8 Mio | 21,4 Mio | 25,4 Mio | Mais, Soja, Baumwolle |
Argentinien | 21,0 Mio | 21,3 Mio | 22,9 Mio | Mais, Soja, Baumwolle |
Indien | 7,6 Mio | 8,4 Mio | 9,4 Mio | Baumwolle |
Kanada | 7,6 Mio | 8,2 Mio | 8,8 Mio | Mais, Soja, Raps, Zuckerrübe |
China | 3,8 Mio | 3,7 Mio | 3,5 Mio | Baumwolle, Pappeln, Tomaten, Petunien, Paprika, Papaya |
Paraguay | 2,7 Mio | 2,2 Mio | 2,6 Mio | Soja |
Pakistan | - | - | 2,4 Mio | Baumwolle |
Südafrika | 1,8 Mio | 2,1 Mio | 2,2 Mio | Mais, Soja, Baumwolle |
Uruguay | 0,7 Mio | 0,8 Mio | 1,1 Mio | Mais, Soja |
Bolivien | k.A. | k.A. | 0,9 Mio | Soja |
Philippinen | 0,4 Mio | 0,5 Mio | 0,5 Mio | Mais |
Australien | 0,2 Mio | 0,2 Mio | 0,7 Mio | Baumwolle, Raps, Nelke |
Burkina Faso | k.A. | 0,1 Mio | 0,3 Mio | Baumwolle |
Myanmar | - | - | 0,3 Mio | Baumwolle |
Spanien | 76.269 | 0,1 Mio | 0,1 Mio | Mais |
Mexiko | k.A. | k.A. | 0,1 Mio | Baumwolle, Soja |
Kolumbien | k.A. | k.A. | < 0,1 Mio | Baumwolle |
Chile | k.A. | k.A. | < 0,1 Mio | Mais, Soja, Raps |
Honduras | k.A. | k.A. | < 0,1 Mio | Mais |
Rumänien | 7.146 | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais, Soja |
Portugal | 4.851 | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais |
Tschechische Republik | 8.380 | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais, Kartoffel |
Slowakei | 1.900 | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais |
Polen | 3.000 | < 0,1 Mio | < 0,1 Mio | Mais |
Ägypten | k.A. | k.A. | < 0,1 Mio | Mais |
Costa Rica | k.A. | k.A. | < 0,1 Mio | Baumwolle, Soja |
Schweden | - | - | < 0,1 Mio | Kartoffel |
Deutschland | 3.170 | 0 | < 0,1 Mio (15) | Kartoffel |
Quelle: ISAAA Report 2010